US-Umweltfonds und Dieselgate Wohin mit den VW-Milliarden?

VW muss in den USA einen Fonds für grüne Technologien einrichten. Doch was soll mit dem Geld eigentlich passieren? Auto-Manager, Umweltverbände und selbst Elon Musk haben da ihre ganz eigenen Vorstellungen.

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Der Autobauer muss in den USA einen Umweltfonds auflegen. Quelle: Reuters

New York Zuerst kam Elon Musk. Der Chef des Elektroautobauers Tesla unterschrieb gemeinsam mit 45 Mitstreitern einen offenen Brief an die kalifornische Umweltbehörde Carb. VW solle statt hohe Strafen zu bezahlen lieber dazu verdonnert werden, „in Autowerke und/oder in Forschung und Entwicklung investiert werden“, heißt es in dem Brief, der Mitte Dezember veröffentlicht wurde. VW werde auf diese Weise dazu gebracht, „die Luft zu verbessern und nicht bloß die betroffenen Autos zu reparieren.“

Musks Brief hat eine Debatte in den USA angefacht. Carb-Chefin Mary Nichols hat schon früh klar gemacht, dass sie von VW auch die Kompensation von Umweltschäden erwartet – eine Forderung, die vom zuständigen Bezirksrichter Charles Breyer bestätigt wurde. Er hat im April verkündet, dass VW als Teil der milliardenschweren Einigung mit dem US-Justizministerium „Mittel zur Verfügung stellen wird, die sich grünen Transporttechnologien widmen werden“. Bäume pflanzen reicht da wohl nicht aus.

Eine ganze Reihe von Umweltorganisationen und Think Tanks hat in den vergangenen Wochen Vorschläge gemacht, wie der Wolfsburger Autobauer nach dem Skandal um manipulierte Abgaswerte jetzt der Umwelt etwas Gutes tun kann. Eine Auswahl:

Erdgas-Lkw

VW soll eine groß angelegte Umrüstung von Amerikas Lastwagenflotte finanzieren. Die in die Jahre gekommenen Lkw, die meist mit Dieselmotoren ausgestattet wurden, sind die größten Auspuster von Stickoxiden – jenen Abgasen, die bei VW-Diesel deutlich über den vorgeschriebenen Standards liegen. Würden die Trucks jedoch mit den neusten Erdgas-Motoren ausgestattet, würden die Ausstöße deutlich reduziert.

Der Vorschlag kommt – wenig überraschend – von Matthew Godlewski, dem Präsidenten der Interessensvertretung „Natural Gas Vehicles for America“, die die Verbreitung von Gas-Antrieben auf Amerikas Straßen fördern will. Godlewski unterbreitete seinen Vorschlag medienwirksam in einem Gastbeitrag für „The Hill“, einer Webseite, die sich an Abgeordnete und Senatoren in Washington richtet. Die Organisation empfiehlt dafür konkret den sogenannten „Near Zero“-Motor, der von der Umweltbehörde EPA zertifiziert sei und über 90 Prozent weniger Stickoxide ausstoße als derzeit erlaubt war. Es ist ein Gegenvorschlag zu Musk.


Diesel-Fonds oder Ladestationen?

„Elektroautos sind wahrscheinlich nicht die beste, effektivste Lösung um die Luftverschmutzung zu kompensieren, die von VWs Autos ausgestoßen wurde“, argumentiert Godlewski. Wer einen kleinen Benziner gegen ein Elektroauto eintausche, der würde nicht viel für eine bessere Luftqualität beitragen. Einen Schwerlaster mit einem Erdgas-Motor auszustatten, würde so viele Emissionen sparen wie 43 Elektroautos. Und Erdgas ist gerade auch besonders günstig.

Ein Diesel-Fonds

Der Think-Tank Center for American Progress regt an, eine Art Diesel-Fonds einzurichten, der für Bundesstaaten und Kommunen ganz verschiedene Projekte bezuschussen kann. Ziel sollte jedoch immer sein, von Diesel-Motoren verursachte Stickoxid-Ausstöße zu verringern, heißt es in einem Bericht mit dem pikanten Titel „Fixing the Foul Play“.

So könnte ein Bundesstaat Anreize schaffen, um die vom Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeuge aus dem Verkehr zu schaffen. „Eine Stadt könnte dafür die Modernisierung von alten Schulbussen fördern“, heißt es in dem Bericht, der Ende März veröffentlicht wurde. Vorbild für dieses Modell ist der Diesel Emissions Reduction Act, der 2005 im Zuge einer Energiereform verabschiedet wurde.

Ladestationen für E-Autos

Um dafür zu sorgen, dass mehr Amerikaner auf Elektroautos umsteigen, solle Volkswagen auch in Ladestationen investieren, fordert die Umweltorganisation California Clean Energy Fund. Die Stationen sollten jedoch speziell in ärmeren Nachbarschaften aufgestellt werden. Um dem Vorschlag mehr Gewicht zu verleihen, hat die Organisation eine digitale Karte anfertigen lassen. Sie zeigt, wo die rund 200.000 vom Skandal betroffenen Diesel-Fahrzeuge in Kalifornien registriert wurden und wo die Luftverschmutzung im größten Bundesstaat der USA am höchsten ist.

„Zwar sind die Diesel-Besitzer vor allem im wohlhabenderen Gegenden, aber Berufspendler sind regelmäßig auf den Bundesstraßen unterwegs, die durch arme und von Minderheiten bewohnte Nachbarschaften führen und tragen so zu der ohnehin schon schlechten Luft bei“, argumentiert die Organisation. „Der Skandal ist eine Chance, Lösungen für diejenigen zu finden, die am meisten unter der schmutzigen Luft leiden“, sagt Direktorin Danny Kennedy.


GM musste neue Schulbusse kaufen

Mit Bio-Diesel gegen Dieselgate

VW sollte die Nutzung von Biodiesel in den USA stärker fördern. Je nach Bundesstaat können Diesel-Fahrer bis zu 20 Prozent Biodiesel dazu mischen, was die Abgase reduzieren würden, argumentiert der Umwelt-Berater Bill Germain in einem weitgehend unspezifischen Gastbeitrag in der „Denver Post“. In Europa ist VW bereits Teil der „Auto Fuel Coalition“, in der BMW, Daimler, Honda, Shell und andere Unternehmen für eine breitere Nutzung von Biotreibstoffen kämpfen.

Auch andere Konzerne mussten als Teil von außergerichtlichen Einigungen in Umweltprojekte investieren. Amerikas größter Autobauer General Motors etwa hatte 1995 seinen eigenen Skandal um Schummelsoftware. In knapp 500.000 Cadillac-Modellen war ein Chip eingebaut, der die Emissionskontrolle nur dann anschaltete, wenn die Klimaanlage nicht lief. Denn nur ohne Klima-Anlage wurden die Autos von der EPA getestet.

GM zahlte insgesamt 45 Millionen Dollar Strafe und musste davon knapp neun Millionen Dollar für Projekte ausgeben, die Abgase reduzieren – „etwa, ältere Autos zurückzukaufen oder neue Schulbusse anschaffen, die weniger Abgase ausstoßen“, hieß es damals in der Einigung mit dem Justizministerium.

Busse sind ein beliebtes Ziel: Auch der japanische Autobauer Toyota legte 2003 eine Klage der EPA bei und gab 20 Millionen Dollar aus, um bis zu 3000 Schulbusse und Busse im öffentlichen Nahverkehr zu modernisieren. Die EPA hatte Toyota vorgeworfen, Ende der 90er-Jahre ungenaue Emissionskontrollsysteme in 2,2 Millionen Autos eingebaut zu haben. Wie bei VW war dies auch eine Verletzung der Luftreinhaltungsgesetze.

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