USA drohen mit Zöllen Warum der Subventions-Zank Boeing und Airbus schadet

Der Streit um die Staatsbeihilfen schadet sowohl dem US-Flugzeugbauer Boeing als auch dem europäischen Konkurrenten Airbus. Quelle: imago images

Im Streit um Staatsbeihilfen für Zivilflugzeuge drohen die USA mit Strafzöllen in Milliardenhöhe. Doch aus drei Gründen hilft der jahrzehntelange Konflikt am Ende weder Boeing noch Airbus, sondern deren Wettbewerbern in China und Russland.

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Wenige Tage nach ihrem Burgfrieden im Handelsstreit mit China erhöhen die USA den Druck auf die Europäische Union in einem jahrelangen Streit über Subventionen für die Flugzeugbauer Boeing und Airbus. Das Büro des US-Handelsbeauftragten Robert Lighthizer stellte am Montagabend in Washington eine Liste mit EU-Gütern im Wert von rund 4 Milliarden Dollar (3,5 Milliarden Euro) vor, auf die Vergeltungszölle für illegale Staatshilfen beim Flugzeugbau verhängt werden könnten.

In einem bei der Welthandelsorganisation WTO ausgetragenen und seit Jahren andauernden Streit über illegale Subventionen für den europäischen Flugzeugbauer Airbus hatten die USA im April zunächst eine vorläufige Liste mit EU-Gütern im Wert von rund 11 Milliarden Dollar veröffentlicht. Die EU reagierte umgehend mit einer Liste von US-Gütern, die im Gegenzug mit Vergeltungszöllen belegt werden könnten. In Frage kämen Sonderabgaben auf Produkte wie Tomatenketchup, Wein, Reisekoffer und Spielekonsolen.

Hintergrund der gegenseitigen Drohungen ist ein seit 15 Jahren laufender WTO-Streit, in dem sich die USA und EU jeweils illegale Bezuschussungen für ihre rivalisierenden Luftfahrtriesen Boeing und Airbus vorwerfen. Der europäische Flugzeugbauer Airbus hat laut einem Urteil der Welthandelsorganisation WTO in Genf illegale Anschubfinanzierung beim Bau seiner Maschinen bekommen. Doch der Fall der Superlative ist nicht nur weit weniger eindeutig als Lighthizer und sein Dienstherr das gerne hätten. Das Verfahren ist ein aus der Zeit gefallener absurder Sandkastenzank, weil beide Seiten Dreck am Stecken haben.

Und so, wie der Fall abläuft, könnte er am Ende nicht zuletzt demjenigen schaden, den Trump eigentlich schützen will: dem amerikanischen Airbus-Rivalen Boeing. Dabei hat der vom Wert her größte Exporteur der USA wegen seiner fragwürdigen Neuerungen beim Mittelstreckenflugzeug 737 Max ohnehin bereits die größten Probleme seiner gut hundertjährigen Geschichte.

Für den zusätzlichen Ärger sorgen drei Gründe:

1. Grund: Boeing und USA drohen höhere Vergeltungszölle aus Europa

Was Lighthizer in seiner Mitteilung galant übergeht ist, dass nicht nur Airbus und Europa im Mai 2018 ein Verfahren vor der WTO verloren haben. Zwar gaben Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien dem Konzern Kredite zu niedrigeren Zinsen als am Markt. Und die musste Airbus nur zurückzahlen, wenn sich die Maschinen gut verkauften. Damit konnte Airbus aus Sicht der USA Boeing Aufträge abjagen, weil die Europäer schneller neue Flugzeugmodelle hatten und diese zu niedrigeren Preisen anbieten konnten, als ohne die Hilfen. Kein Wunder, dass Boeing-Chef Dennis Muilenberg damals frohlockte: „Das Urteil zeigt: Missachtung von Regeln wird nicht geduldet. Wirtschaftlicher Erfolg darf nur Leistung treiben und nicht marktverzerrende Handlungen.“

Das trägt zumindest Züge der Scheinheiligkeit. Denn auch in den USA bekam Boeing reichlich staatliche Hilfen und kassierte für das System im März ebenfalls vor der WTO eine Niederlage für ihr Modell. Der US-Riese bekam nämlich von seinen Heimatstaaten Washington State, Kansas und South Carolina illegale Subventionen und Steuererleichterungen. Dazu half das US-Verteidigungsministerium dem Konzern bei Technologien, die Boeing nicht nur bei Waffen, sondern auch bei Passagierjets nutzen durfte. „Darum darf jetzt auch Europa Strafzölle erheben“, sagt Scott Hamilton, Chef des Beratungsunternehmens Leeham aus Seattle, wo Boeing die meisten seiner Passagierjets baut.

Und die könnten höher sein als die aus den USA. Der Wert der laut WTO illegalen US-Hilfen könnte mit bis zu 15 Milliarden Doller sogar die europäischen Hilfen an Airbus übersteigen. Dazu laufen die US-Hilfen noch weiter. Denn die Vereinigten Staaten zahlten die Hilfen auch noch beim Bau des jüngsten Modells, dem Langstreckenflieger 777X. Dagegen wollte Airbus bei seinem Konkurrenzmodell A350 fast nichts an Hilfen. „Die brachten uns angesichts der ohnehin niedrigen Zinsen wenig bis gar nichts“, so ein hochrangiger Airbus-Manager.

Außerdem ist ohnehin völlig unklar, ob einer der Hersteller wirklich unterm Strich einen Schaden hatte. Denn am Ende bekamen beide nicht nur Hilfen in vergleichbarer Höhe. Beide Hersteller verkauften reichlich Flugzeuge – „und zwar mehr als sie nach heutiger Planung bauen können“, so der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt.

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