VCI-Prognose Die Chemie bleibt im Stagnations-Modus

Seit über einem Jahrzehnt bewegt sich die Chemieindustrie kaum vom Fleck. Auch im kommenden Jahr dürfte die Produktion nur leicht steigen, erwartet der Branchenverband VCI. Wachstum kommt nur aus einem Bereich.

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Das Wachstum in der Chemiebranche wird nach Erwartung des VCI auch 2017 ausschließlich aus dem Pharmabereich kommen. Quelle: dpa

Frankfurt Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie hat im vierten Quartal leicht an Schwung gewonnen. Sie wird damit aber vorerst kaum aus ihrer langjährigen Stagnationsphase herausfinden. So lautet die verhaltene Prognose, die der Branchenverband VCI für Deutschlands viertgrößten Industriezweig weiterhin gibt. Er rechnet zwar mit einem etwas stärkeren Umsatzwachstum von 1,5 Prozent (gegenüber bisher einem Prozent), geht aber weiterhin von einem Produktionswachstum von nur 0,5 Prozent aus.

Die Daten und Prognosen des Verbandes stehen damit weiterhin im Gegensatz zur deutlich optimistischeren Stimmung an der Börse. Dort legten Chemiewerte in den vergangenen zwölf Monaten zum Teil kräftig zu. Analysten erhoffen sich von den Unternehmen weitere Ertragssteigerungen.

Die Diskrepanz ergibt sich vor allem daraus, dass sich die Verbands-Statistik ausschließlich auf die Produktion der Unternehmen in Deutschland bezieht, während die großen börsennotierten Chemiekonzerne durchweg global aktiv sind und in erheblichem Umfange auch außerhalb Deutschlands produzieren. VCI-Geschäftsführer Utz Tillmann verweist auf große politische Unsicherheiten und eine Abkühlung der europäischen Konjunktur. „Vor diesem Hintergrund entwickelt sich die industrielle Nachfrage nach Chemikalien wenig dynamisch.“

Wachstum wird daher nach Erwartung des Verbands auch 2017 ausschließlich aus dem Pharmabereich kommen, der in die Statistik mit einfließt. Die Pharmaproduktion dürfte danach um zwei Prozent zulegen, während die Chemieproduktion im engeren Sinne stagniert. Das etwas stärkere Umsatzwachstum ist unterdessen vor allem Folge von steigenden Rohstoffpreisen, die von den Chemieproduzenten weitergegeben werden.

Im vergangenen Jahr dagegen waren die Umsätze der deutschen Chemie preisbedingt um drei Prozent auf 183 Milliarden Euro geschrumpft. Die Produktion legte inklusive Pharma um 0,5 Prozent zu, während sie in der eigentlichen Chemie um ein halbes Prozent schrumpfte.

Sorge bereitet dem Verband die längerfristige Stagnation in der Chemie. Sieht man von dem Einbruch und nachfolgenden Wiederanstieg während der Finanzkrise ab, bewegt sich die Branche praktisch seit über einem Jahrzehnt auf dem gleichen Produktionsniveau. Seit 2012 ist die Produktion in der eigentlichen Chemie (ohne Pharma) nach Daten des VCI um 0,4 Prozent jährlich geschrumpft, während wichtige Abnehmerindustrien weiter zulegten. Die Autoindustrie etwa wuchs in dem Zeitraum um acht Prozent. „Das zeigt deutlich, dass der Chemiestandort Deutschland ein Problem mit der Wettbewerbsfähigkeit hat“, warnt Tillmann.

Entscheidend für die Diskrepanz waren vor allem relativ deutliche Einbußen in der Basischemie. Hier stehen die deutschen Hersteller aufgrund hoher Rohstoff- und Energiekosten sowie starker Kapazitätserweiterungen bei Wettbewerbern in Asien und dem mittleren Osten stark unter Druck. Die Produktion forschungsintensiver Spezialchemikalien dagegen legte laut VCI seit 2012 um fast acht Prozent zu.

Dessen ungeachtet warnt der Verband davor, sich damit zufrieden zu geben. Langfristig seien die Spezialchemiehersteller auf den Verbund mit der Basischemie als Rohstofflieferant angewiesen. „Um zu verhindern, dass sich der Verlust an Wettbewerbsfähigkeit in der Wertschöpfungskette fortsetzt, muss die Politik eine Kostenbremse für die Strompreise finden, die wirklich Planungssicherheit schafft“, fordert Tillmann.

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