VDMA-China-Chefin Claudia Barkowsky „Menschen werden unzufriedener mit der Null-Covid-Politik Pekings“

Pekings strenge Corona-Politik legt Shanghai komplett lahm Quelle: imago images

Claudia Barkowsky ist China-Chefin des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau - und gerade wieder nach Peking eingereist. So erlebt sie den Coronaausbruch, Sorgen der Unternehmen - und ihrer Freunde.

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Frau Barkowsky, Sie sind vor Kurzem aus Deutschland nach China zurückgekehrt, um als Geschäftsführerin des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) wieder vor Ort in Peking zu sein. Wo erreichen wir Sie jetzt?
In Peking. Nach einer dreiwöchigen Quarantäne bin ich seit Sonntag wieder in der chinesischen Hauptstadt und seit heute den ersten Tag wieder im Büro.

Drei Wochen Quarantäne – das klingt nach wie vor nach einer mühsamen Einreise nach China…
Die Einreise ist aufwändig. Allerdings war ich in einem guten Hotel in Qingdao rund vier Zugstunden von Peking entfernt. Ich hatte ein ordentliches Zimmer mit Balkon, die Quarantäne habe ich nicht als Qual empfunden. Die deutsche Auslandshandelskammer hat mit der dortigen Lokalregierung und Hotels vor Ort eine Vereinbarung geschlossen. Das klappt gut. Dennoch müssen Geschäftsleute, die nach China einreisen, immer zwei bis vier Wochen Quarantäne einplanen. Die Regierung hält nach wie vor an ihren überproportional strikten Einreisebestimmungen fest, auch wenn in der Vergangenheit gelegentlich schon Lockerungen angekündigt wurden.

In Peking wurden einzelne Coronafälle entdeckt. Droht bald der nächste Lockdown im Land?
Ich hoffe sehr, dass der Lockdown vermieden werden kann. Es gibt ein paar Fälle in einigen der 16 Stadtbezirke von Peking. Heute zum Beispiel wurden 56 Fälle an einem Tag gemeldet, bisher die höchste Rate seit dem aktuellen Ausbruch. Am stärksten betroffen ist der Bezirk Chaoyang, wo auch die meisten Expats wohnen. Die Schulen wurden gestern geschlossen und die Büros dürfen nur zu 75 Prozent ausgelastet sein. Wir müssen uns insgesamt drei Mal testen lassen innerhalt von fünf Tagen, können uns aber mit negativem Befund frei bewegen.

Claudia Barkowsky ist China-Chefin des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau Quelle: PR

Also kommt Peking glimpflich davon?
Das ist meine Hoffnung. Peking hat sehr früh angefangen, zu testen. Einzelne Wohnkomplexe wurden geschlossen. Supermärkte haben weiter auf. Die Coronafälle sind überschaubar, Lockdowns punktuell. Aber wir wissen alle wie hochansteckend Omikron ist. Zu denken sollte auch geben, dass es kaum asymptomatische Fälle gibt, von den eben genannten 56 gerade mal 3. In Shanghai ist das Verhältnis ein ganz anderes, da gab es gestern über 5000 bestätigte Fälle und zusätzlich fast 10.000 Fälle, die keine Symptome zeigten.

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Wie wichtig ist Peking für die deutsche Wirtschaft, insbesondere die Maschinen- und Anlagenbauer, die Sie vertreten?
In Peking ist wenig Industrie angesiedelt. Die meisten Unternehmen haben in Shanghai oder den angrenzenden Metropolen ihren Sitz. In Peking haben vor allem Botschaften, Verbände und Firmenzentralen ihren Sitz. Ein flächendeckender Lockdown in Peking würde also für die deutsche Wirtschaft nicht so dramatische Folgen haben. Die nächste Stadt mit einem nennenswerten Anteil von Produktionsstätten liegt rund 130 Kilometer entfernt.

Das heißt, ein Lockdown in Peking wäre nicht vergleichbar mit einem Lockdown in Shanghai?
Wirtschaftlich betrachtet hätte ein Lockdown in Peking nicht annähernd die Dimension des Lockdowns in Shanghai. Allein der Stau im Hafen von Shanghai wird die Weltwirtschaft noch viele Wochen, vielleicht Monate beschäftigen. Der Hafen ist ein Umschlagplatz für die globale Supply Chain. Die Folgen des Lockdowns in Shanghai werden deutsche Unternehmen lange spüren.

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Im Netz kursieren dramatische Videos von Menschen, die um Essen betteln, weil sie wegen der harten Lockdownmaßnahmen in Shanghai nicht nach draußen dürfen. Kriegen die Menschen in China solche Szenen mit?
Es wird nicht alles unterdrückt. Meine chinesischen Freunde und Bekannte kriegen das mit. Ich beobachte durchaus, wie die Menschen unzufriedener werden mit der Null-Covid-Politik der Regierung. Aber ich glaube, der Punkt für sozialen Unruhen ist überschritten. Die Lage in Shanghai scheint sich etwas zu entspannen. 666 große Unternehmen dürfen ihre Fabriken wieder öffnen und produzieren, obwohl das mit Vorsicht zu genießen ist. Die Auflagen dafür sind extrem hoch.

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Und wie ist die Stimmung bei deutschen Unternehmen?
Sie bleiben besorgt, weil die Null-Covid-Politik der Regierung die Aussichten für dieses Jahr stark trüben. Die Frage ist doch, wie geht es jetzt weiter. Darauf gibt es keine Antwort. Mittel- und langfristig sind die Unternehmen aber optimistisch.

Sie werden morgen das dritte Mal getestet. Müssen Sie sich dann in eine lange Schlange einreihen, wie das oft in Videos zu sehen ist?
Ich gehe abends zum Testen. Da ist der Andrang geringer. Nach einer halben Stunde war ich beim letzten Test durch. 

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