Villeroy & Boch „Wir spüren den Handelskrieg im Geschäft nicht“

Frank Göring ist seit 2007 Chef des Keramikherstellers Villeroy & Boch. Zehn Jahre zuvor war er im Marketing des Konzerns eingestiegen. Der studierte Betriebswirt begann seine Laufbahn bei Procter & Gamble. Quelle: Villeroy&Boch/Bernd Hartung

Der Zollstreit zwischen den USA, Europa und China belastet die Aktienkurse vieler Exportunternehmen, auch des Keramikherstellers Villeroy & Boch. Chef Frank Göring will das Geschäft im außereuropäischen Ausland trotzdem kräftig ausbauen.

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Herr Göring, das wirtschaftliche Thema des Sommers ist der von den USA initiierte Handelsstreit. Wie viel spürt Villeroy & Boch als international vernetztes Unternehmen davon im täglichen Geschäft?
Der Streit hat sich in der vergangenen Woche ja etwas entspannt. Aber auch so spüren wir das im Moment im operativen Geschäft nicht, eher punktuell über Währungsverschiebungen. Dass der chinesische Renminbi im Moment schwach ist, dürfte auch dem Streit zwischen China und den USA geschuldet sein. Für uns ist das natürlich nicht schön, weil wir in Euro berichten und ein schwacher Renminbi entsprechend Umsatz kostet. Dass Kunden weniger Aufträge vergeben, ist nicht der Fall.

Bereiten Sie sich denn auf mögliche Zölle vor, etwa durch die Verlagerung von Produktionsstätten?
Das ist eine politische Diskussion, auf die wir keinen Einfluss haben. Wir setzen weiter auf Wachstumsmärkte wie China und bauen auch die regionale Produktion aus. Aber nicht aus Angst vor Zöllen. In China etwa sind unsere Produkte wie ViClean, ein spülrandloses Dusch-WC, extrem gefragt.

Um 58 Prozent sind die Erlöse Ihrer Badsparte dort im ersten Halbjahr gestiegen. Wie lange lassen sich solche Wachstumsraten noch aufrechterhalten?
Bei so hohen Raten ist es klar, dass das nicht ewig so weitergehen wird. Aber wir haben weiterhin das Ziel, dort kräftig zu wachsen. Wir gewinnen aktuell viele Ausschreibungen und haben, seit wir in China komplette Badausstattungen anbieten, einen Schub bekommen. Ein Wettbewerber wie Kohler macht in China bereits über eine Milliarde Euro Umsatz. Verglichen damit sind wir ein Nischenplayer. Im kommenden Jahr wollen wir erstmals mehr als 100 Millionen Euro erlösen. Auch längerfristig rechne ich mit zweistelligen Wachstumsraten.

Von vielen europäischen Unternehmen in China kommen Klagen über Gängelung durch die Behörden und Benachteiligung gegenüber chinesischen Wettbewerbern. Ist das für Villeroy aktuell auch ein Problem?
Nein, wir haben so etwas bisher nicht erlebt.

Die zweite Boomregion für Ihr Unternehmen ist der Golf, wo die Umsätze 2017 fast um die Hälfte stiegen. Wie sehr hängt das an der Sonderkonjunktur durch die WM in Katar?
Darüber reden natürlich alle, aber wir sehen auch unabhängig von der WM eine gute Entwicklung in der Region. Dass die Kataris aktuell politisch isoliert sind, ist zwar nicht so hilfreich. Aber solche Rücksetzer hat es auch in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben. Der grundsätzliche Trend ist intakt.

In der Porzellansparte hingegen haben Sie trotz Filialschließungen und weniger Rabatten den operativen Verlust ausgeweitet. Wirkt die Strategie nicht?
Im Gegenteil: unsere Strategie wirkt. Der Umsatzrückgang ist zum einen währungsbedingt und zum anderen durch unsere restriktive Rabattpolitik begründet. Wir vergeben weniger Rabatte, um unsere Marke attraktiv zu halten. Denn Händler wollen nur mit uns zusammenarbeiten, wenn sie an unserer Ware auch etwas verdienen. Im ersten Moment kostet das aber erst einmal Umsatz. Das werden wir noch eine Weile durchhalten müssen, um dann wieder ins Wachstum zu gehen. Bezüglich des Verlustes: im ersten Halbjahr schreiben wir in der Tischkultur wie im Einzelhandel immer rote Zahlen, schwarz werden sie erst im zweiten Halbjahr mit dem Weihnachtsgeschäft.

„Kunden gehen nicht mehr so häufig in die Innenstädte, sondern bestellen online. Das digitale Geschäft gibt uns die Möglichkeit, Kunden wesentlich gezielter anzusprechen.“, Frank Göring, Vorstandsvorsitzender des Keramikherstellers Villeroy & Boch. Quelle: Villeroy&Boch/Chris Schuff

Aber klar ist: Das Geschäft verändert sich. Kunden kaufen weniger komplette Service. Wir adressieren veränderte Kauf- und Essgewohnheiten mit neuen Produktsegmenten wie etwa im Bereich Barbecue, Kaffee, Tee und Geschenke. Der zweite Punkt ist der Online-Handel. Kunden gehen nicht mehr so häufig in die Innenstädte, sondern bestellen online. Das digitale Geschäft gibt uns die Möglichkeit, Kunden wesentlich gezielter anzusprechen. Und da haben wir auch schon ein schönes Wachstum.

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