Volkswagen ist größter Autobauer der Welt VW verteidigt den Titel

Im zweiten Jahr nach der Dieselaffäre dürfte sich der VW-Konzern erneut die Krone der Autowelt gesichert haben. Volkswagen war 2017 wohl wieder größter Autohersteller der Welt. Was hinter dem Erfolg steckt.

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Der Konzern dürfte wieder zum weltgrößten Autohersteller aufgestiegen sein. Quelle: dpa

Düsseldorf Weltmeister zu werden, ist schon schwer genug. Seinen Titel dann noch zu verteidigen, ist meist noch schwerer. Aber genau das dürfte dem Wolfsburger Volkswagen-Konzern im vergangenen Jahr gelungen sein. 2016 hatte es Volkswagen zum ersten Mal geschafft, zum größten Autohersteller der Welt aufzusteigen. 10,3 Millionen Fahrzeuge hatten die Wolfsburger am Ende verkauft, gute 100.000 mehr als die Dauerrivalen Toyota und General Motors (GM).

Die Bücher für 2017 sind zwar inzwischen geschlossen. Doch die tatsächlichen Verkaufsergebnisse für das gerade beendete Jahr müssen nach den Feiertagen überall noch einmal nachgezählt werden. Auch wenn die letzten Dezembertage noch fehlen, so scheint das Ergebnis ziemlich eindeutig.

Das zweite Jahr in Folge dürfte sich der VW-Konzern wieder an die Spitze gesetzt haben. Mindestens 10,5 Millionen verkaufte Autos werden es am Ende sein, wieder hat Volkswagen die Konkurrenten Toyota und GM auf Distanz gehalten. Wenn sich die Verkaufsergebnisse im Dezember besser als erwartet entwickelt haben, könnten es bei VW am Ende sogar 10,6 Millionen Fahrzeuge sein.

Wie schon vor einem Jahr konnte der VW-Konzern die Folgen der Dieselaffäre scheinbar mühelos abschütteln. Sogar in den USA, wo der Abgasskandal seinen Anfang genommen hat, geht es für die Wolfsburger inzwischen wieder recht deutlich nach oben. Nur auf dem Heimatmarkt in Deutschland ist die Skepsis der Kunden wegen des Dieselskandals weiter groß. Bis Ende November lagen die Verkaufszahlen im Jahresvergleich in Deutschland noch leicht im Minus. Die im Sommer eingeführte Wechselprämie für alte Diesel, die nichts anderes ist als eine zusätzliche Verkaufshilfe für Neuwagen, könnte VW aber auch auf dem deutschen Markt im Dezember so gerade eben aus dem roten Bereich herausgeholt haben.

Dass Volkswagen wieder auf dem ersten Platz als weltgrößter Automobilhersteller gelandet sein dürfte, ist noch aus einem anderen Grund bemerkenswert. Konzernchef Matthias Müller hatte schon bald nach seinem Amtsantritt vor gut zwei Jahren angekündigt, dass rein quantitative Absatzziele unter seiner Führung nichts mehr zu suchen hätten. „Volumen- oder Umsatzgrößen geben wir nicht vor. Größe ist kein Selbstzweck“, hatte Müller gesagt. Der amtierende Konzernchef setzte sich damit deutlich von seinem Vorgänger ab. Martin Winterkorn, der wegen der Dieselaffäre Ende 2015 gehen musste, hatte es als klares Unternehmensziel ausgegeben, dass der VW-Konzern weltgrößter Automobilhersteller werden müsste. Das allerdings erst 2018. Matthias Müller hatte es schon zwei Jahre früher geschafft.

Wie schon vor einem Jahr will Volkswagen auch dieses Mal den ersten Platz in der Weltautoliga nicht kommentieren. „Das ist kein besonderer Grund zu feiern“, hieß es dazu aus Konzernkreisen. Aus Sicht des Unternehmens sei es viel wichtiger, dass auch die Rendite stimme. Auch beim Ertrag muss sich Matthias Müller nicht hinter seinem Vorgänger verstecken: Wenn die Milliardenlasten des Jahres 2017 (rund 2,6 Milliarden Euro) zur Bewältigung der Dieselaffäre ausgeklammert bleiben, dann könnte der VW-Konzern auch beim operativen Gewinn neue Rekordmarken erreicht haben. Details dazu werden allerdings erst auf der Bilanzpressekonferenz im März veröffentlicht.

Aus Sicht des VW-Konzerns ist es auch enorm wichtig, dass das Unternehmen nach und nach die Dieselaffäre hinter sich lassen kann. Die finanziellen Folgen dürften 2018 noch einmal spürbar nachlassen, weitere Milliardenbelastungen sind zunächst nicht zu erwarten. Zugleich hat auch im Unternehmen ein Kulturwandel begonnen. Spezielle Schulungen für die Mitarbeiter in den Bereichen Compliance und Integrität sollen dafür sorgen, dass sich eine Affäre wie die um den Diesel kein zweites Mal wiederholen kann.

Für den ersten Platz von Volkswagen gilt dieses Mal allerdings eine Einschränkung. Würde die Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi als eigenständiger Konzern gezählt, würde der Wolfsburger Konzern einen ernsthaften Konkurrenten für den Spitzenrang bekommen. Mit der Aufnahme von Mitsubishi Motors in die Allianz hat sich das französisch-japanische Bündnis in die Spitzengruppe der weltgrößten Autohersteller katapultiert. Zur Jahresmitte von 2017 lag die Dreier-Gruppe sogar vor Volkswagen.

Renault, Nissan und Mitsubishi sind untereinander aber nur gegenseitige Beteiligungen eingegangen, sie bilden keinen einheitlichen und voll konsolidierten Konzern. Deshalb werden sie nicht als ein Hersteller gewertet – und der VW-Konzern bleibt auf jeden Fall vorn.


Starke Auslandsmärkte – ganz ohne Diesel

Dass Volkswagen auch das zweite Jahr nach der Aufdeckung des Abgasskandals vergleichsweise unbeschadet hinter sich gebracht hat, liegt an allererster Stelle an den starken Auslandsmärkten – und dann wiederum ganz besonders an China. Mehr als 40 Prozent seiner Autos verkauft Volkswagen dort, also mehr als vier Millionen Stück pro Jahr. In keinem anderen Land der Welt sind es mehr, China hat den deutschen Heimatmarkt schon vor Jahren überrundet. Außerdem werden in China keine Dieselmodelle verkauft, also kann es auch keinen Vertrauensverlust auf Seiten der Kunden geben.

2018 dürfte es für VW dort weiter nach oben gehen, denn auf dem chinesischen Markt ist wegen der weiter zunehmenden Motorisierung kein Ende des Wachstums in Sicht. „Im neuen Jahr könnte der gesamte Markt um bis zu drei Prozent auf über 25 Millionen Pkw wachsen“, erwartet Frank Schwope, Automobilanalyst bei der NordLB in Hannover.

Der Wolfsburger Autokonzern profitiert zudem von der wirtschaftlichen Erholung in Brasilien und Russland. Beide Staaten haben sich 2017 aus dem konjunkturellen Krisenmodus der vergangenen Jahre befreien können. Ein Autohersteller wie Volkswagen merkt das sofort bei den Verkaufszahlen. In Brasilien hat der VW-Konzern den Absatz im gerade beendeten Jahr mehr als 20 Prozent steigern können, in Russland beträgt das Plus immerhin rund 13 Prozent. In allen Staaten Zentral- und Osteuropas hat Volkswagen seine Verkaufszahlen ebenfalls mit einer Quote von 13 Prozent steigern können.

Die alten Dauerrivalen Toyota und General Motors haben dem anhaltenden Schwung aus Wolfsburg im Moment nicht besonders viel entgegenzusetzen. Japans größter Autohersteller hatte schon vor Weihnachten bekanntgegeben, dass 2017 voraussichtlich 10,4 Millionen Fahrzeuge verkauft worden seien (2016: 10,17 Millionen).

GM wiederum hat sich aus dem Klub der Hersteller mit mehr als zehn Millionen verkauften Autos auf lange Zeit verabschiedet. Durch den Verkauf der deutschen Tochter Opel an den französischen Konkurrenten PSA (Peugeot, Citroën) hat der US-Konzern ein Volumen von rund einer Million Autos verloren. Der frühere Dreikampf um den Spitzenplatz als weltgrößter Autohersteller hat sich durch den Opel-Verkauf auf die Auseinandersetzung zwischen Volkswagen und Toyota reduziert.

Auch im neuen Jahr sieht es danach aus, dass die Japaner dem deutschen Konkurrenten den ersten Platz nicht streitig machen könnten. NordLB-Analyst Schwope rechnet 2018 mit 10,9 Millionen verkauften Fahrzeugen bei Volkswagen und mit 10,8 Millionen bei Toyota. Martin Winterkorn könnte sich also bestätigt fühlen – sein Ziel, weltgrößter Autohersteller zu sein, wäre im vorgesehenen Zeitrahmen erreicht.

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