Volkswagen-Kunden Gericht sieht wenig Chancen für Schadenersatz

Deutsche VW-Kunden können nach Ansicht des Landgerichts Braunschweig wohl nicht mit Schadenersatz im Zuge der Abgasaffäre rechnen. Eine Sprecherin äußerte Zweifel, dass die Voraussetzungen für Schadenersatz vorlägen.

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Über 100.000 VW-Kunden, die den Konzern auf Schadenersatz wegen der eingebauten Manipulations-Software derzeit verklagen, haben vom Landgericht Braunschweig einen Dämpfer erhalten. Quelle: dpa

München Im Streit um die Kaufpreisrückerstattung für manipulierte Dieselautos von VW macht das Landgericht Braunschweig einem klagenden Kunden derzeit wenig Hoffnung. Bei der mündlichen Verhandlung am Donnerstag äußerte die Kammer nach Angaben einer Justizsprecherin Zweifel, dass die Voraussetzungen für Schadenersatz vorlägen.

Die Richter zeigten sich demnach skeptisch, ob die EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung, auf die sich die Vertreter der auf Verbraucherschutzklagen spezialisierten US-Kanzlei Hausfeld beziehen, auch den individuellen Schutz von Vermögenswerten beinhaltet. „Dass es sich um sogenannte Schutzgesetze handelt, daran hat die Kammer Zweifel.“ Sei dies nicht der Fall, gebe es keinen Schadenersatz nach diesen Vorschriften.

Selbst wenn die Verordnung darauf ziele, Vermögenswerte zu schützen, stelle sich aus Sicht der Kammer die Frage, ob VW wirklich Vorschriften dieser Fahrzeuggenehmigungsverordnung verletzt habe, erläuterte die Sprecherin weiter. Die Kammer habe zudem erkennen lassen, dass sie nicht beabsichtige, das Verfahren wie beantragt auszusetzen, um zentrale Fragen vom Europäischen Gerichtshof klären zu lassen. Wie die Sprecherin sagte, will das Gericht am 31. August eine Entscheidung verkünden. „Wie sie aussieht, bleibt abzuwarten.“


Weltweit sind elf Millionen Fahrzeuge betroffen

Der Rechtsdienstleister Myright hatte Anfang Januar die erste Musterklage gegen VW beim Landgericht Braunschweig eingereicht. Darin argumentiert die US-Kanzlei Hausfeld, dass die Betriebserlaubnis für einen VW durch den Einbau einer verbotenen Abschalteinrichtung erloschen sei und das Auto nie hätte in Verkehr gebracht werden dürfen.

Der Kläger fordert von Volkswagen die Rücknahme des Fahrzeugs und die volle Erstattung des Kaufpreises. MyRight vertritt nach eigenen Angaben insgesamt mehr als 100.000 VW-Kunden. Die Kläger treten ihre Forderung an den Dienstleister ab, der gegen den Konzern klagt. Im Erfolgsfall streicht MyRight 35 Prozent Provision ein.

Volkswagen hatte im September 2015 auf Druck der US-Umweltbehörden zugegeben, die Stickoxidwerte von Dieselautos durch eine spezielle Software manipuliert zu haben. Weltweit sind davon rund elf Millionen Fahrzeuge betroffen, allein in Europa sind es rund 8,5 Millionen. Während die Kunden in den USA von VW entschädigt werden, sollen die Käufer in Europa leer ausgehen. Hier argumentiert der Wolfsburger Autobauer, die in den Fahrzeugen mit dem betroffenen Motor vom Typ EA 189 enthaltene Software stelle keine unzulässige Abschalteinrichtung nach europäischem Recht dar.

Sollten die Braunschweiger Richter der Argumentation von MyRight folgen, könnten sich weitere Kläger anschließen. Auf diesem Weg könnte VW zur Entschädigung einer größeren Zahl von Kunden gezwungen werden. Damit wäre im Ergebnis eine Art Sammelklage erreicht, die es in Verbraucherschutzfragen nach deutschem Recht bisher nicht gibt.

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