Vorstandschef Guido Kerkhoff wird Thyssenkrupps Hoffnungsträger

Thyssenkrupp: Guido Kerkhoff wird zum Hoffnungsträger Quelle: imago images

„Vertreter der alten Garde“ oder „Ein Mann ohne Visionen“: Guido Kerkhoff wurde nicht gerade mit Komplimenten überhäuft als er den Posten als Thyssenkrupps Interimschef antrat. Nun bleibt er. Eine Chance für den Konzern.

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Im Juli dieses Jahres wechselte Guido Kerkhoff überraschend vom Aufsichtsrat bei Thyssenkrupp auf den Posten des überraschend zurückgetretenen Vorstandschefs Heinrich Hiesinger. Kaum jemand bis niemand rechnete zu diesem Zeitpunkt damit, dass er nicht nur Interimschef, sondern dauerhaft an der Spitze des Konzerns stehen würde. Selbst das Kontrollgremium nährte Zweifel daran, ob der langjährige Finanzchef eine Dauerlösung sein würde. Er sei ernannt worden, „bis der Aufsichtsrat den strukturierten Prozess zur Findung eines Nachfolgers für Dr. Heinrich Hiesinger abgeschlossen hat“, hieß es. Doch am Sonntag gab der Aufsichtsrat nicht nur den Plänen Kerkhoffs zur Konzern-Aufspaltung Grünes Licht, sondern bestellte auch den langjährigen Finanzchef mit einem neuen Fünf- Jahres-Vertrag dauerhaft zum Vorstandsvorsitzenden.

In nur wenigen Wochen hat es der 50-Jährige geschafft, aus dem Schatten Hiesingers zu treten, mit dem er sieben Jahre sehr eng zusammengearbeitet hat. Viele Investoren hatten einen Neuanfang ohne Kerkhoff an der Spitze gefordert. Dieser gilt zwar als „Macher“, aber weniger als Stratege. Mit seinen Aufspaltungsplänen hat er viele überrascht. Nachdem die Krupp-Stiftung, die Arbeitnehmer sowie die Investoren Cevian & Co Zustimmung signalisierten, war klar, dass dies nicht ohne Kerkhoff gehen konnte. Hinzu kam, dass andere Kandidaten abgesagt hatten. „Herr Kerkhoff zeigt den Willen und die Fähigkeit, das Unternehmen strategisch neu auszurichten“, sicherte die Vorsitzende des Kuratoriums der Krupp-Stiftung, Ursula Gather, ihm am Sonntag ihre Unterstützung zu.

Kerkhoff hatte früh deutlich gemacht, dass er kein Chef auf Abruf sein will. Mit Blick auf Investoren wie Cevian und Elliott hatte er rasch seine Wandlungsfähigkeit gezeigt und betont, dass er auch unbequeme Antworten nicht scheut. „Die Forderung unserer Aktionäre nach einer Wertsteigerung ist berechtigt“, schrieb er unmittelbar nach seiner Amtsübernahme den Mitarbeitern ins Stammbuch. „Auch uns als Vorstand ist bewusst, dass wir unsere Rendite steigern müssen, um das Vertrauen des Kapitalmarkts in unser Unternehmen zu stärken – und wir wissen, dass wir das schaffen können.“

Schon wenig später zeigte er mit dem Durchgriff bei der Problemtochter Industrial Solutions, dessen Marinesparte er direkt an den Vorstand andockte, klare Kante. Kerkhoff gab sich zunehmend selbstbewusst. Bei der Vorstellung der Aufspaltungspläne ließ er wissen: „Der Vorschlag der Strategie ist Aufgabe des Vorstands.“ Der Aufsichtsrat könne die Vorschläge annehmen oder ablehnen. Die Pläne stammten nicht aus Hiesingers Schublade, sondern seien jetzt im Vorstand entwickelt worden. „Meine Kollegen und ich haben diese Aufgabe in einer nicht ganz leichten Situation angenommen und einen Weg für Thyssenkrupp in die Zukunft gefunden.“

Der 50-Jährige Manager kennt das Unternehmen aus dem Effeff. Seit 2011 hat der frühere Europa-Chef der Deutschen Telekom jeden wichtigen Deal des Konzerns mitgeprägt. Hierzu gehörte der Verkauf der verlustreichen Stahlwerke in Brasilien und den USA ebenso wie die Trennung vom Edelstahlgeschäft mit der Weltmarke Nirosta oder das Stahl Joint Venture mit Tata Steel. Kerkhoff muss sich nicht erst einarbeiten – er weiß über den Laden Bescheid.

Im Gegensatz zu dem stets sehr kontrolliert auftretenden Hiesinger kommt Kerkhoff eher hemdsärmelig daher. Als gebürtiger Niedersachse wie etwa E.On-Chef Johannes Teyssen ist er schlagfertig, lacht gerne laut und haut auch mal einen Spruch raus, mit dem er anecken kann. Als die Stahlkocher zunächst zu Tausenden gegen das geplante Joint Venture mit Tata Steel auf die Straße gingen und eine mangelhafte Information durch das Management beklagten, riet er ihnen, nicht zu jammern. Man müsse auch mal eine Periode der Unsicherheit aushalten können. Dies rief bei so manchem Betriebsrat erst recht Proteste hervor. Nachdem die IG Metall Kerkhoff & Co massive Zugeständnisse für das Joint Venture abrang, sind viele Stahlkocher froh über das geplante Gemeinschaftsunternehmen. Die von Hiesinger ungeliebte Stahlsparte brummt.

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