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VW Gesetz Brüssel will Deutschland erneut verklagen

Brüssel stößt sich weiter an der Sperrminorität des Landes Niedersachsen bei Volkswagen. Die EU-Kommission sieht fremde Investoren benachteiligt und will auch gegen die überarbeitete Fassung des VW-Gesetzes klagen.

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Das VW am sitz des Konzerns in Wolfsburg. Quelle: dapd

Brüssel Trotz heftiger Kritik aus Deutschland will die EU-Kommission wegen des VW-Gesetzes erneut vor den Europäischen Gerichtshof ziehen. An diesem Donnerstag (24. November) wird die EU-Behörde über ein juristisches Vorgehen gegen Deutschland entscheiden. Voraussichtlich wird Brüssel Deutschland wegen Verletzung des EU-Vertrages verklagen.

„Wir sind der Auffassung, dass die deutschen Behörden das Gerichtsurteil von 2007 nicht vollständig umgesetzt haben“, heißt es in einem Hintergrundpapier der EU-Kommission, das der Nachrichtenagentur dpa in Brüssel vorliegt. „Wir werden daher fordern, dass das Gericht ein Bußgeld verhängt.“

Die IG Metall am Stammsitz Wolfsburg des VW-Konzerns äußerte sich empört. „Trotz der bitteren Erfahrungen aus der Wirtschafts- und Finanzkrise der letzten Jahre halten die Kommissare an ihrem neoliberalen Irrweg fest und tun alles dafür, um auch bei Volkswagen die Hürden für Spekulanten oder eine feindliche Übernahme niederzureißen“, kritisierten die Gewerkschafter bei einer Protestaktion.

Der Streit um das VW-Gesetz schwelt seit Jahren. Nun geht es um die Sperrminorität, die dem Land Niedersachsen mit einem Anteil von gut 20 Prozent bei dem Wolfsburger Autobauer garantiert ist. Nach Ansicht von EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier widerspricht diese Praxis dem Geist des europäischen Binnenmarktes. Dieses faktische Vetorecht bei wichtigen Entscheidungen trug auch dazu bei, Volkswagen vor der Übernahme durch Porsche zu bewahren.

Bereits 2007 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Bundesregierung zu Änderungen am VW-Gesetz verurteilt. Damals war das Recht von Bund und Land gestrichen worden, zwei Vertreter in den Aufsichtsrat zu entsenden. Außerdem wurde die Vorschrift aufgehoben, dass jeder Aktionär maximal 20 Prozent Stimmrechte ausüben darf, unabhängig davon, wie viele Anteile er tatsächlich besitzt.

In dem novellierten Gesetz blieben aber die 20-Prozent Sperrminorität - üblich im Aktienrecht sind meist 25 Prozent. Die Kommission weigerte sich daher, das Verfahren einzustellen. Es lag aus politischen Gründen aber drei Jahre lang auf Eis. Erhalten blieb in der Neufassung auch die Regelung, nach der die Errichtung und Verlegung von Produktionsstätten einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Aufsichtsrat bedarf und damit nur mit Zustimmung der Arbeitnehmerbank beschlossen werden kann. Beide Vorschriften sind auch in die VW-Satzung aufgenommen worden.

Die niedersächsische Landesregierung sowie VW-Betriebsrat und die IG Metall laufen seit langem Sturm gegen die Pläne der EU-Kommission. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hat ebenso wie der VW-Betriebsrat in einem Schreiben die EU-Kommission darum gebeten, das Verfahren nicht weiter zu verfolgen. McAllister kann die erneute Klage nach eigenen Angaben nicht nachvollziehen. „Es gibt keinen Anlass für die jetzige Entscheidung“, sagte er am Mittwoch in Hannover. Er sei aber davon überzeugt, dass das Volkswagen-Gesetz EU-rechtskonform ist. „Insofern sehen wir in Niedersachsen dem erneuten Vertragsverletzungsverfahren gelassen entgegen“, machte er klar.

Die Befürworter des VW-Gesetzes sehen die Arbeitnehmerinteressen und die demokratische Mitbestimmung in Gefahr. Das Land Niedersachsen könnte seine privilegierte Stellung verlieren oder müsste Anteile hinzukaufen, um seinen Einfluss zu sichern. In letzter Konsequenz droht ein millionenschweres Bußgeld.

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