VW-Opferanwalt im Interview „Das schlägt dem Fass den Boden aus“

Marco Rogert ist Wirtschaftsanwalt bei der Kanzlei Rogert & Ulbrich. Er vertritt 500 geschädigte VW-Fahrer. Doch bevor sie klagen können, müssen sie sich oft erst einmal mit ihrer Rechtsschutzversicherung herumschlagen.

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Der Wirtschaftsanwalt der Kanzlei Rogert & Ulbrich vertritt etwa 500 geschädigte VW-Fahrer. Quelle: privat

Herr Rogert, Sie vertreten etwa 500 VW-Fahrer, die gegen ihren Händler oder den Konzern klagen, weil sie ihr Auto zurückgeben wollen. Die Manipulation ihrer Autos ist nicht das einzige, was Ihre Mandanten Ärger bereitet.
Ja, etwa jeder fünfte meiner Mandanten hat große Probleme mit seiner Rechtsschutzversicherung. Die Örag, ein Versicherer aus Düsseldorf, schlägt dem Fass den Boden aus: Sie hat die sogenannte Deckungszusage, also die Übernahme der Kosten für ein Verfahren, abgelehnt wegen „Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung“. Demnach hätten VW-Geschädigte keinen vernünftigen Grund, ihre Ansprüche geltend zu machen. Nach Ansicht der Örag sollen sie der Aufforderung von VW, ihr Auto umrüsten zu lassen, nachkommen, und damit basta.

Warum weigern sich die Versicherungen zu zahlen?
Um Geld zu sparen, auf Kosten der Verbraucher! Es geht um Millionen. Die Kosten sind in jedem Fall abhängig vom Kaufpreis des Wagens, aber für ein typisches Verfahren eines VW-Klägers werden für das Durchlaufen einer kompletten Instanz mehrere Tausend Euro fällig. Nehmen Sie uns: Wenn hier in 100 Fällen die Deckungszusage verweigert wird, geht es schnell um eine halbe Million Euro, alleine in einer Kanzlei.

Haben die Versicherer keinen Spielraum?
Eine Rechtsschutzversicherung kann einem Mandanten die Deckungszusage verweigern, wenn der Erfolg, seinen Anspruch in einem rechtlichen Verfahren geltend zu machen, ausgeschlossen ist. Einige Versicherer argumentieren tatsächlich mit mangelnden Erfolgsaussichten, etwa die Arag, die HUK, die WGV, die Deurag und die Rechtsschutzunion. Dabei liegen in der Causa Volkswagen schon eine ganze Reihe von Urteilen vor, von Langerichten und auch Oberlandesgerichten, die festgestellt haben: Der Anspruch besteht, die Erfolgsaussichten bestehen. Insofern: Nein, da gibt es keinen Spielraum.

Was können Sie dagegen tun?
In unserer Kanzlei gibt es in etwa jedem fünften Fall Probleme. Manchmal erteilen die Versicherer nach Androhung einer Klage Deckungszusage, aber in 33 Fällen haben wir schon Deckungsklage eingereicht. Gestern wurde unser erster Fall positiv entschieden, das Verfahren lief wie ein heißes Messer durch die Butter.

Das heißt, viele VW-Kläger müssen erst mal einen Prozess mit ihrer Rechtsschutzversicherung durchstehen? Viele können oder wollen sich das bestimmt nicht leisten.
Aber es lohnt sich. Wir als Kanzlei dürfen die Kosten nicht vorschießen. Aber wir sind uns unserer Sache so sicher, dass wir garantieren, dass wir die Verfahren gewinnen, also am Ende die Gegenseite die gesamten Kosten zu tragen hat und auf die eingezahlten Beträge auch noch etwa fünf Prozent Zinsen zahlen muss.

Und wenn Sie ein Verfahren verlieren?
Dann würden wir uns gegenüber unserem Mandanten schadensersatzpflichtig machen. Aber dazu wird es nicht kommen. Meiner Kenntnis nach gab es bislang wegen des Abgasskandals noch kein einziges Urteil, mit dem eine Deckungsklage abgewiesen wurde – und das vollkommen zurecht.

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