Die Chipkrise hat den deutschen Automarkt weiter fest im Griff. Im November brach der Neuwagenabsatz um 31,7 Prozent auf nur noch rund 198.000 Fahrzeuge ein, wie aus der am Freitag veröffentlichten Neuzulassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes hervorging. Im Oktober waren die Neuregistrierungen sogar um 35 Prozent gefallen, im September um gut ein Viertel.
Die Situation auf dem so wichtigen Markt ist paradox: Nach dem Ende der großen Corona-Verunsicherung 2020 trauen sich Verbraucher und Firmen wieder den Kauf eines neuen Wagens zu –oft aber fehlt das Angebot. Die Nachfrage staut sich, auch hier verlängern sich Wartezeiten. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe sprach jüngst von drei bis sechs Monaten Minimum für viele Modelle, einzelne Hersteller sind mit den Lieferdaten sogar schon in der zweiten Jahreshälfte 2022.
Grund für den massiven Rückgang der Neuregistrierungen sind nach Branchenangaben nämlich vor allem die anhaltenden Produktionsausfälle wegen fehlender Bauteile. Die Autobauer müssen immer wieder die Produktionsbänder anhalten und Mitarbeiter zeitweise nach Hause schicken.
Grund ist vor allem die schleppende Elektronik-Versorgung. Einen Teil der Schuld müssen sich die Autobauer selbst zuschreiben: Am Höhepunkt der Absatzflaute stornierten sie Verträge mit Chipproduzenten, bei denen dann noch eigene Probleme hinzukamen. Nun müssen sie ihre Produktion drosseln. Nebenbei gibt es Halden halb fertiger Fahrzeuge.
So werden Autos nicht nur insgesamt knapper, sondern zudem vorhandene Halbleiterbestände für gewinnträchtige Modelle reserviert. Rabatte für Neuwagen sinken, die Gebrauchtwagen-Preise steigen. VW, wo die Auslieferungen im Oktober um ein Drittel unter dem Vorjahr lagen, nimmt an, dass sich die Chipkrise wenigstens bis Mitte 2022 zieht. Zugleich kommt man kaum hinterher. „Momentan haben wir ein bisschen Probleme mit der Verfügbarkeit“, so VW-Chef Herbert Diess kürzlich.
Trotz des erneut hohen Zulassungsrückstands sehen Experten inzwischen aber Licht am Ende des Tunnels. „Immerhin ist es nicht noch schlechter geworden“, sagte ein Sprecher der Unternehmensberatung EY. Der Trend scheine gebrochen. Darauf deuten auch Aussagen aus der Branche hin, die von einer langsamen Entspannung der Chipversorgung ausgehen.
Dennoch dürften die Neuzulassungen das Corona-bedingt bereits schlechte Vorjahr unterschreiten. Der Importeursverband VDIK wie auch EY gehen von rund 2,6 Millionen Pkw-Registrierungen aus, 300.000 weniger als 2020. Im kommenden Jahr dürfte sich der Automarkt angesichts des hohen Auftragsbestands deutlich erholen. Der VDIK etwa rechnet mit einem Anstieg um 15 Prozent auf rund drei Millionen Fahrzeuge.
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