Die beiden Kanzleien Hausfeld und Tilp klagen im Auftrag verschiedener Investoren vor dem Landgericht Köln gegen den Konzern, der in den USA wegen einer mutmaßlichen Krebsgefahr von Glyphosat bereits mehrere Niederlagen vor Gericht kassierte. Infolgedessen verlor die Bayer-Aktie massiv an Wert. Bayer hätte bei der Übernahme von Monsanto das Klagerisiko erkennen und die Aktionäre entsprechend informieren müssen, lauten die Vorwürfe der beiden Kläger.
Wolf von Bernuth, Partner der Kanzlei Hausfeld, fordert im Auftrag des US-Investors Kingstown Capital Management 37 Millionen Euro Schadenersatz vor dem Kölner Landgericht. Bereits 2015, ein Jahr vor dem Monsanto-Kauf, habe die Krebsforschungsagentur IARC Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuft. „Dadurch war für Bayer absehbar, dass die Klagen Erfolgschancen haben“, so von Bernuth, „aber bei dem hohen Kaufpreis von rund 60 Milliarden Euro hat sich Bayer vermutlich nicht getraut, den Aktionären auch noch mit Prozessrisiken zu kommen.“
Der Anlegeranwalt Andreas Tilp aus Kirchentellinsfurt bei Tübingen, der verschiedene private und institutionelle Investoren vertritt und vor dem Kölner Landgericht zunächst in einer Pilotklage einen Schadenersatz fordert, dessen Höhe er in das Ermessen des Gerichts gestellt hat, wirft Bayer „kapitalmarktrechtliche Pflichtverletzungen“ vor: „Die Risiken des Kaufs wurden gegenüber den Aktionären nicht ausreichend abgebildet“. Das Verfahren könnte auch noch weitere Kreise ziehen, erklärt Tilp: „Da wir eine Reihe weiterer klagewilliger Investoren vertreten, könnte sich daraus auch ein Kapitalanleger-Musterverfahren entwickeln, wie es etwa im VW Dieselskandal Anwendung findet: Dabei wird dann eine Klage stellvertretend für alle anderen verhandelt.“ Laut der juristischen Zeitschrift „Juve“, die zuerst über den Fall berichtete, dürfte sich Tilp in eine „gute Ausgangsposition zur Vertretung eines Musterklägers“ gebracht haben. Auch im VW-Verfahren vertritt Tilp die Anleger gegen den Autokonzern.
Bayer hält die Klagen der Anwälte für „unbegründet“ und werde sich entsprechend verteidigen, teilt das Unternehmen auf Anfrage mit. Bayer sei überzeugt, das Unternehmen und seine Führungskräfte hätten „jederzeit im Einklang mit den Verpflichtungen und gemäß den geltenden Gesetzen gehandelt“; Bayer habe ebenso eine „angemessene Due Diligence in Bezug auf die Akquisition durchgeführt“, dies werde auch durch Untersuchungen unabhängiger Experten bestätigt.
Prozessbeobachter rechnen damit, dass es erst gegen Ende 2021 zu einer mündlichen Verhandlung kommt. Die Klagen sind bereits seit einigen Wochen beim Landgericht Köln anhängig.
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