
Ein kleines Ratespiel. Wie sind folgende zwei Geschichten wohl ausgegangen?
Nummer 1: Ich sitze in der Mittagspause allein in einem Restaurant auf dem Marktplatz und warte auf meine Ravioli. Da kommen eine Frau und ein Mann vorbei und fragen höflich, ob sie sich dazugesellen dürfen.
Ich hätte gerne nein gesagt, denn ich wollte eigentlich meine Ruhe haben. Aber mein Herz ist weich. Weil ich für später selber noch Begleitung erwarte, antworte ich: "Zu zweit passen Sie hier noch dran, ja."
Keine Minute später setzt sich noch ein zweites Pärchen dazu, das rein zufällig vorbei gekommen war und nur kurz bleiben will. "Auf eine Zigarette".
Als sich alle vier gerade ihre Freundschaft beweisen, indem sie sich gegenseitig ihre Kippen anzünden, kommt meine Pasta. Ich warte auf die Reaktion meiner genusssüchtigen Tischgenossen. Nichts, außer Gequake über dies und das.
Ich spüre mein Herz im Hals schlagen, atmet tief durch und sage: "Schauen Sie, ich habe Ihnen gestattet, sich an meinen Tisch dazuzusetzen. Nun esse ich hier und werde ungefragt von vier Leuten eingequalmt. So haben wir nicht gewettet." Wie war wohl die Reaktion?
Recht einfach: Rechtsprechung zum Thema Rauchen
Bei einer Eigentümerversammlung im Ruhrgebiet stritten die Eigentümer im wesentlichen um die Frage: Darf während des Treffens geraucht werden? Als eine Einigung nicht in Sicht war, zog ein Zigarettengegner vor den Kadi. Mit Erfolg. Die Juristen bestätigten dem Kläger, dass keinem Eigentümer zuzumuten sei, sich den Gefahren des Passivrauchens auszusetzen. Wenn jemand paffen wolle, könnten Rauchpausen eingelegt werden (Landgericht Dortmund, 1 S 296/12).
Die Eigentumswohnung eines Frankfurters hatte zwei Balkone. Rauchen tat er jedoch immer nur auf einem. Dies störte den Eigentümer der Nachbarwohnung, der neben dem „Raucherbalkon“ sein Schlafzimmerfenster hatte. Die Bitte, zukünftig nur noch auf dem anderen Balkon zu qualmen, lehnte der Raucher ab. Der Zweitbalkon, so seine Begründung, sei nur vom Gästezimmer erreichbar, und seine Gäste wolle er nicht stören. Das sahen die Richter anders. Tagsüber könne man Gästezimmer durchqueren. Nachts könne der Hesse außerhalb des Hauses qualmen (Landgericht Frankfurt am Main, 2–09 S 71/13).
Ein Lehrer entdeckte die Vorzüge der E-Zigarette. Als der Direktor ihn damit auf dem Schulhof erblickte, setzte es ein Verbot. Auch vor Gericht erhielt der Lehrer eine Abfuhr. Laut Schulgesetz
sei Rauchen auf dem Schulgelände verboten. Experten plädieren für die Gleichstellung mit herkömmlichen Zigaretten. Zudem sei der Konsum von Tabak-Ersatzprodukten nicht mit der „Vorbildfunktion“ von Lehrern zu vereinbaren (Verwaltungsgericht Gießen, 5 K 455/12 GI).
Geschichte Nummer 2: Ich sitze an einer oberirdischen U-Bahn-Station. Neben mir steht ein Mann Ende Vierzig und raucht. Dem gullideckelgroßen Schild mit der durchgestrichenen Zigarette dreht er den Rücken zu. Offenbar will er seinem Kumpel die Rauchfahne ersparen.
Zumindest hält er seine Zigarette am langen Arm stattdessen mir in die Visage. Ich zwinge mir ein Lächeln auf diese und sage: "Ich sehe es nicht als meine Aufgabe an, Sie auf Verbote hinzuweisen. Vielleicht kann ich Sie ja davon überzeugen, aus reiner Nächstenliebe irgendwo anders zu rauchen und nicht direkt in meine Atemwege hinein?" Wie war wohl die Reaktion?
Ich verrate es Ihnen gleich. Vorher möchte ich Sie auf eine Beobachtung aufmerksam machen. Ich glaube, das Renommee der Raucher hat in den vergangenen Jahren derartig gelitten, dass auf Nikotinsucht bald gar keine Rücksicht mehr genommen wird. Wir kommen zur Vernunft. Gemeinsam.
Was die Deutschen über Raucher denken
Laut einer Umfrage im Auftrag der Krankenkasse BKK Mobil Oil halten 85 Prozent der Deutschen die Willensschwäche der Raucher für den Grund, dass vielen das Aufhören nicht gelingt.
Quelle: repräsentative Umfrage von TNS Emnid
53 Prozent der Befragten gaben an, sich im Alltag zumindest gelegentlich von Rauchern gestört zu fühlen, 12 Prozent sogar häufig.
Mehr als jeder fünfte Deutsche (22 Prozent) sieht zu niedrige Tabaksteuern als Grund für hohe Rückfallquoten bei Rauchern. 39 Prozent befürworten die Erhöhung der Tabaksteuer, um Raucher zum Aufhören zu bewegen.
Um Raucher auf dem Weg in ein qualmfreies Leben zu unterstützen, sieht die Mehrheit (66 Prozent) das soziale Umfeld in der Pflicht, Aufhörwilligen beizustehen - nur jeweils 11 Prozent sehen diese Unterstützerrolle bei Ärzten und Krankenkassen. 37 Prozent sprachen sich laut BKK für drastischere Warnhinweise auf Tabakprodukten aus. Als erfolgsversprechendend für einen Rauchstopp bewerten die Befragten jedoch kostenlose Beratungsangebote (74 Prozent).
In den Siebzigern hat man Zigaretten zu Wein und Bier auf den Tisch gestellt. So richtig dekorativ in einem Glas. Wie die Schokolade auf der Merci-Packung.
In den Neunzigerjahren hat man noch um Verständnis bitten müssen, wenn man Gäste zum Rauchen auf den Balkon geschickt hat. Heute gelten Raucher vielen Nichtrauchern als bedauernswert willensschwache Loser. Nur untereinander sprechen sich Raucher noch Respekt aus: "Mensch, Kultur, Kneipe" und so.





Es steht schlecht um die Zigarette. Das Image ist ruiniert. Statistiken belegen: In Deutschland rauchen vor allem Menschen der reiferen Generation und die mit geringer Bildung. Und Rauchern sieht man ihre Drogensucht an. Was soll man da als Marketing-Mensch noch draus machen?
"Raucher sind alt, hässlich und dämlich". Nein, der Claim zieht einfach nicht. Junge Leute finden Rauchen mitunter einfach peinlich.
Gute Argumente gab es ja nie: Es ist ungesund, anfangs für alle eklig, teuer und macht süchtig, Mundgeruch und impotent. Der einzige Grund, doch anzufangen, war der Wunsch, eine coole Sau zu sein. Vorbei!
Heute wissen die Halbstarken: Brusthaar lässt sich von Nikotin und Teer nicht herbeilocken. Und auch viele junge Frauen haben begriffen: Billiger und gesünder schlank bleibt man mit weniger Kalorien.