Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie Deutsche Arbeiter sind teuer – und zu wenige

Die Kosten für Industriearbeiter in Deutschland steigen im internationalen Vergleich weiter an. Quelle: imago images

Die Arbeitskosten in der deutschen Industrie sind weiter hoch und drücken auf die Investitionsfreude. Im Osten sind sie zwar deutlich niedriger – hier gibt es aber ein anderes Problem.

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Die Arbeitskosten in der deutschen Industrie steigen im internationalen Vergleich weiter an und trüben so die Zukunftsperspektiven. Mit 41,01 Euro pro Stunde lagen sie 2018 fast ein Drittel über dem Durchschnitt der Industrienationen, wie eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) ergab. Innerhalb Deutschlands besteht dabei weiterhin ein starkes West-Ost-Gefälle: In Ostdeutschland liegen die durchschnittlichen Stundenkosten bei 27,84 Euro und damit 35 Prozent unter denen des Westens (42,92 Euro).

Höhere durchschnittliche Arbeitskosten pro Stunde und Arbeitnehmer hat das verarbeitende Gewerbe vor Deutschland auf Rang Fünf nur in Belgien (42,65 Euro), Dänemark (45,58), Norwegen (48,36) und der Schweiz (51,53). Rechnet man den Vorleistungsverbund (wie wirtschaftsnahe Dienstleister) hinzu, fallen die Kosten in Deutschland um knapp 2,20 Euro auf 38,80 Euro. Das ist der europaweit stärkste Effekt und zeigt, dass die Dienstleister im Produktionsvorfeld hier besonders günstig sind – trotzdem liegt Deutschland dann immer noch auf Platz Sechs der höchsten Arbeitskosten.

Die Autoren der Studie werfen auch die Frage auf, wie sich das auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auswirkt. Nach einer Umfrage des DIHK sorgen sich Unternehmer zunehmend um den Investitionsstandort Deutschland. Laut einer früheren Studie des Autors gaben fast die Hälfte der Unternehmen, die ihre Auslandsinvestitionen steigern wollen, die Höhe der deutschen Arbeitskosten als Geschäftsrisiko an.

Alle Unternehmen sollen verpflichtet werden, die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten zu erfassen. Kritiker halten das für eine veraltete Idee. Dabei setzen ausgerechnet junge Unternehmen schon jetzt auf die Stechuhr.

Noch höher bewerteten sie aber die Probleme durch den wachsenden Fachkräftemangel. Nach einer aktuellen Studie des ifo-Instituts wird dieser das deutsche Wirtschaftswachstum schon in wenigen Jahren stark abbremsen – bis 2035 könnte es sich auf 0,6 Prozent halbiert haben. Besonders betroffen: Strukturschwache Bundesländer, neben dem Saarland vor allem in Ostdeutschland: In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt soll hier die Wirtschaft in den nächsten 15 Jahren insgesamt sogar schrumpfen. Die Arbeitskosten sind im Osten zwar auf den ersten Blick wirtschaftsfreundlicher – aber für Arbeitnehmer auch weniger attraktiv. Von 15,08 Euro Unterschied pro Arbeitsstunde zwischen Ost und West entfallen nur etwa 3,46 Euro auf die Sozialaufwendungen – die restlichen 11,63 Euro werden bei den Bruttogehältern eingespart.

Die Fachkräftewerbung aus dem Ausland läuft dabei schleppend und kann den demografischen Wandel nicht ausgleichen. Einig sind beide Studien sich daher darin, dass die Schere zwischen Ost und West sich in der Zukunft ohne ernsthafte Intervention kaum schließen wird. In der ifo-Studie heißt es: „Sollte es das Ziel sein, dass die ostdeutschen Bundesländer bis 2035 den Lebensstandard der strukturschwachen westdeutschen Bundesländer erreichen, bedarf es erheblicher Anstrengungen (…). Einige ostdeutsche Bundesländer müssten einen Anstieg des technischen Fortschritts erreichen, der doppelt so groß ist wie im wahrscheinlichsten Szenario. Dies ist (…) als nicht realistisch einzuschätzen.“

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