Windenergie Nordex kämpft mit Gegenwind

Projektverzögerungen, Margendruck, angepasste Prognose: Obwohl die Geschäfte beim Windturbinenbauer Nordex noch gut laufen, zweifeln Anleger und Experten zunehmend an den Mittelfristzielen. Das liegt auch an Donald Trump.

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Der Hamburger Windkraftkonzern verliert an Rückenwind. Quelle: dpa

Düsseldorf Aus der Sicht von Nordex-Chef Lars Bondo Krogsgaard läuft alles „wie geplant“. Der Umsatz steigt, der Gewinn explodiert und die Jahresziele des Hamburger Windkraftkonzerns seien noch „gut erreichbar“, sagte der gebürtige Däne am Donnerstag bei der Vorlage der Quartalszahlen. Doch die Anleger von Deutschlands drittgrößtem Hersteller von Windturbinen, der wichtigsten Komponente von Windenergieanlagen, sind weit weniger optimistisch als Krogsgaard.

Die Nordex-Aktie brach am Donnerstag um teils neun Prozent ein. Seit Jahresbeginn sackte der Kurs gar um mehr als 40 Prozent ab. Wurde Nordex Ende 2015 noch mit mehr 2,6 Milliarden Euro an der Börse bewertet, sind es aktuell nicht einmal 1,9 Milliarden Euro. Der Grund: Nordex passte seine Umsatz- und Ergebnis-Prognose an das untere Ende der angepeilten Bandbreite an.

Statt einer Umsatzrendite (Ebitda-Marge) von bis zu 8,7 Prozent hält Krogsgaard für 2016 nur mehr eine Marge vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von zumindest 8,3 Prozent für realistisch. Gleichzeitig dürfte der Umsatz im Gesamtjahr nicht viel höher als 3,35 Milliarden Euro ausfallen, da sich einzelne Projekte verzögert hätten. Der damit verbundene spätere Baubeginn der Windräder führe zu einer „Verschiebung in der Umsatzrealisierung“. Was Anleger und Branchenkennern aber noch mehr beunruhigt, ist die Frage, ob Nordex tatsächlich in der Lage sein wird, seine mittelfristigen Ziele zu erreichen.

„Nordex hat mit Deutschland, Indien und den USA drei Märkte ausgemacht, in denen der Konzern besonders stark wachsen möchte. Doch ich bin skeptisch, ob es Nordex wirklich gelingt, etwa im deutschen Markt weiter zu wachsen“, sagte Sven Diermeier dem Handelsblatt. Der Analyst von Independent Research verweist darauf, dass sich die politischen Rahmenbedingungen für Windenergie hierzulande tendenziell verschlechtern.

Statt staatlich garantierter Vergütungen müssen sich Windparkbetreiber ab 2018 im Wettbewerb untereinander um die Höhe der Förderungen streiten. Derjenige, der sich mit dem wenigsten Geld begnügt, bekommt den Zuschlag. Durch dieses Ausschreibungsmodell und einen insgesamt verstärkten Wettbewerbsdruck erwartet Diermeier, dass der deutsche Markt, in dem Nordex den Großteil seines Umsatzes erwirtschaftet, spätestens ab 2018 schrumpfen wird.

„Die Mittelfristziele von Nordex, bis 2018 den Umsatz auf 4,2 Milliarden zu steigern, sind sehr ambitioniert“, erklärte Diermeier. Zudem sieht der Analyst in der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten insgesamt ein erhöhtes Risiko für alle Unternehmen, die Solar- und Windkrafttechnik herstellen. Schließlich sind die USA nach China der zweitgrößte Markt für Erneuerbare Energien weltweit.


„Donald Trump hasst Windturbinen“

Die Unternehmensberatung Ernst & Young sieht die Vereinigten Staaten sogar als das attraktivste Land für Investitionen in Ökostrom überhaupt. Das liegt vorwiegend daran, dass der Senat und das Repräsentantenhaus erst Ende 2015 die bis zu 30-prozentigen Steuervergünstigungen für Solar- und Windenergieanlagen bis 2020 überraschend verlängert haben.

Donald Trump ist allerdings ein erklärter Gegner der Windkraftindustrie. „Er hasst Windturbinen und wird tun, was er kann, um gegen sie zu kämpfen“, sagte Jacob Pedersen, Analyst bei der dänischen Sydbank. Trump versuchte beispielsweise zu verhindern, dass in der Nähe eines Golfplatzes, den er in Schottland besitzt, ein Offshore-Windpark gebaut wird. Er unterlag zwar letztlich in dem Rechtstreit. 2012 twitterte Trump aber bereits, dass Windturbinen aus seiner Sicht ein „ökologisches und ästhetisches Desaster“ seien.

Die Erderwärmung hält Trump zudem für nichts weiter als eine Einbildung, die sich China ausgedacht habe, um der amerikanischen Industrie zu schaden. Im Wahlkampf erklärte Trump mit Bezug auf seine Pläne in der Energiepolitik, dass er den Klimabeschluss von Paris, bei dem sich mehr als 195 Staaten auf die Abkehr von fossilen Energieträgern geeinigt haben, aufkündigen will.

Nordex-Chef Krogsgaard beunruhigt das alles nicht wirklich. „Windenergie ist Big Business in Amerika. Es arbeiten dort fast 100.000 Personen in der Branche“, sagte der Manager. Da Trump neue Jobs schaffen und bestehende Arbeitsplätze erhalten wolle, könne es nicht in seinem Interesse sein, die Windkraftindustrie in den USA zu schwächen. Krogsgaard könne sich zudem nur „schwierig vorstellen“, dass die Steuervergünstigungen für grüne Technik aufgehoben werden, da diese sowohl bei Demokraten wie Republikanern breite Unterstützung fänden.

Arash Roshan Zamir stimmt Krogsgaard zwar prinzipiell zu, dass Trump die Steuervergünstigungen nicht so ohne weiteres streichen könnte. Aber der Analyst von Warburg Research fürchtet dennoch negative Auswirkungen für Windturbinenhersteller wie Nordex unter der Präsidentschaft Trumps. Der Grund: Der Republikaner hat im Wahlkampf eine umfangreiche Steuerreform angekündigt, in dessen Rahmen der Unternehmenssteuersatz in den USA von derzeit 35 Prozent auf 15 Prozent reduziert werden soll.

„Sollte Trump diese Steuerreform tatsächlich umsetzen können, wäre das US-Förderprogramm erheblich geschwächt“, sagte Roshan Zamir dem Handelsblatt. Er befürchtet gar, dass die Steuervergünstigungen für Solar- und Windkraftinvestitionen Investments „ im Rahmen der Gegenfinanzierung der Steuerentlastung vorzeitig entfallen könnten“ – ein Horrorszenario für alle Grünstromfirmen.

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