Wuppertaler Bayer-Ausgründung Deutscher Biotech-Star Aicuris erzielt Vermarktungserfolg

Ein neuer Wirkstoff soll Knochenmark-Transplantationen sicherer machen. Der Marktstart ist ein wichtiger Erfolg für die Biotechfirma Aicuris.

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Das Unternehmen entstand 2006 als Ausgründung aus dem Bayer-Konzern. Quelle: AiCuris

Wuppertal Infektionen mit dem Cytomegalovirus (CMV) gehören zu den gefährlichsten Komplikationen bei Stammzell- und Organtransplantationen. Ein Wirkstoff aus der deutschen Biotechforschung kann künftig dafür sorgen, dass die Risiken durch CMV-Infektionen deutlich reduziert werden und Knochenmark-Transplantationen damit ein ganzes Stück sicherer werden.

Der Pharmahersteller MSD, eine Tochterfirma des US-Konzerns Merck & Co, hat jetzt in Deutschland offiziell den Vertrieb des neuen Medikaments Prevymis gestartet, dessen Wirkstoff Letermovir von der Wuppertaler Biotechfirma Aicuris entwickelt wurde.

Zulassung und Markteinführung sind nicht nur für Firmengründerin Helga Rübsamen-Schaeff und Aicuris-CEO Holger Zimmermann ein Riesenerfolg, sondern auch für die beiden Hauptinvestoren, die früheren Hexal-Eigner Thomas und Andreas Strüngmann.

Aicuris entstand 2006 als Ausgründung aus dem Bayer-Konzern, der sich damals, ähnlich wie viele andere Pharmakonzerne, zum Rückzug aus der Infektionsforschung entschloss. Die Zulassung und Markteinführung des Mittels machen Aicuris zu einem der erfolgreichsten und bestfinanzierten Unternehmen der deutschen Biotechbranche.

Firmenchef Zimmermann will die Finanzmittel, die nun vom Vertriebspartner MSD zufließen, für den Ausbau der weiteren Forschungsprojekte nutzen, darunter neuartige Wirkstoffe gegen Herpes, Hepatitis-B und Krankenhauskeime. Man schaue sich auch um nach weiteren Projekten.

Den Wirkstoff Letermovir hatte das Unternehmen 2012 an den amerikanischen Pharmariesen Merck & Co auslizenziert, der anschließend die Weiterentwicklung bis zur Zulassung übernahm und die weltweiten Vertriebsrechte hält. Aicuris erhielt damals bereits 110 Millionen Euro als Vorabzahlung, und nun, nach den Zulassungen in USA und Europa, weitere 135 Millionen Euro.

Zusätzliche knapp 200 Millionen Euro sowie Lizenzerträge können bei Erreichen weiterer Meilensteine fällig werden. Zudem stehen dem Unternehmen Lizenzerträge in Höhe zweistelliger Prozentsätze vom Umsatz zu.

Prevymis ist zunächst ausschließlich für den Einsatz bei Knochenmark-Transplantationen zugelassen, wie sie vor allem in der Leukämiebehandlung häufig vorgenommen werden. Merck & Co geht davon aus, dass weltweit etwa 60.000 solcher Transplantationen pro Jahr durchgeführt werden, davon etwa 3.000 in Deutschland. Etwa die Hälfte der Patienten ist mit dem CMV-Virus infiziert und kommt damit für eine vorbeugende Behandlung mit dem Medikament in Frage.

Kristian Löbner, Medizinischer Direktor von MSD, geht davon aus, dass das Mittel in diesem Einsatzbereich ein großer Erfolg sein wird und sehr schnell von den Kliniken eingesetzt wird. Merck vertreibt das Mittel zu einem Preis von 205 Euro pro Tagesdosis. Daraus ergeben sich Therapiekosten von rund 20.000 Euro für die vorgesehene Behandlungsdauer von 100 Tagen.

Den hohen Preis rechtfertigt MSD unter anderem mit der erheblichen Risikoreduktion für die betroffenen Patienten und auch mit hohen Kosten, die ansonsten bei CMV-Infektionen bei diesen Menschen entstehen und nun vermieden werden können. Pro fünf behandelten Patienten könne man eine CMV-Infektionen verhindern und so Leben retten, so Löbner. Und Aicuris-Gründerin Rübsamen-Schaeff ist überzeugt: „Das ist ein weißer Ritter für diese Patienten.“

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