Zughersteller Bombardier droht die nächste Sparrunde

Nach Gewerkschaftsangaben sollen Mitarbeiter von Bombardier auf Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Entgelterhöhungen verzichten. Quelle: dpa

Seit Monaten fragen sich die Beschäftigten, wie es weiter geht, wenn die Übernahme durch den Konkurrenten Alstom kommt. Nun scheint es schon vorher ernst zu werden.

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Tarifkürzungen und Stellenabbau: Beim Zughersteller Bombardier Transportation dringt das Management auf eine weitere Sparrunde für die deutschen Standorte. Nach Gewerkschaftsangaben sollen Mitarbeiter auf Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie Entgelterhöhungen verzichten. Sie sollen zudem länger arbeiten ohne finanziellen Ausgleich, wie es in einem Mitarbeiter-Rundschreiben der IG Metall heißt, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.

Nach Informationen des „Handelsblatts“ aus Unternehmenskreisen sind 1000 Arbeitsplätze in Gefahr. Deutschlandchef Michael Fohrer wolle damit Bombardiers Position im internationalen Wettbewerb verbessern. „Ich bin mir bewusst, dass einige dieser Maßnahmen einschneidend sind“, zitiert das Blatt Fohrer. Eine offizielle Stellungnahme des Unternehmens gibt es noch nicht. Es versucht seit Jahren, effizienter und kostengünstiger zu werden.

Die IG-Metall werde sich Verhandlungen nicht verweigern, kündigte der Aufsichtsratsvertreter der Gewerkschaft, Olivier Höbel, an. „Aber angesichts des angekündigten weiteren massiven Personalabbaus und der Unsicherheit über die Zukunft der Standorte werden Einschnitte in die tariflichen Einkommen von den Belegschaften nicht akzeptiert.“

Bombardier Transportation mit Sitz in Berlin ist die Zugsparte des kanadischen Bombardier-Konzerns, der auch Flugzeuge baut. Weltweit arbeiten in der Sparte rund 36 000 Beschäftigte, gut 6100 Stammbeschäftigte und 1000 Leiharbeiter sind es nach Gewerkschaftsangaben in Deutschland. Die größten deutschen Standorte liegen in Görlitz und Bautzen in Sachsen sowie Hennigsdorf bei Berlin.

Bombardier hatte erst vor drei Jahren den Abbau von 2200 Stellen seiner damals 8500 Stellen in Deutschland angekündigt. Im Februar hatte der französische Konkurrent und TGV-Hersteller Alstom angekündigt, BT zu übernehmen. Das rund sechs Milliarden Euro schwere Geschäft soll im ersten Halbjahr 2021 unter Dach und Fach sein.

Auf seinem wichtigen Markt Deutschland steht Bombardier unter Druck. In einem ungewöhnlichen Schritt forderten im Februar zahlreiche Kunden, der Zugbauer müsse die Qualität seiner Produkte deutlich steigern und Vertragsbedingungen konsequent und fristgerecht einhalten. Seit Jahren finde Bombardier keine Lösung, Liefer- und Qualitätsprobleme nachhaltig zu beseitigen, hieß es in einem Schreiben mehrerer Verkehrsverbände.

Seit einigen Jahren versucht das Unternehmen, seine Standorte stärker zu spezialisieren: Hennigsdorf als Entwicklungszentrum für Züge und den Bau von Prototypen und Testfahrzeuge, Kassel als weltweites Produktionszentrum für Loks, die in Mannheim entwickelt werden. Braunschweig behält die Signal- und Steuerungstechnik, Siegen die Drehgestelle. Görlitz ist auf Wagenkästen spezialisiert, Bautzen auf den Innenausbau. Im Dezember wurde dort ein neues digitales Testcenter eröffnet. Bei der Zeremonie hatte Fohrer noch versichert, es gebe keine weiteren Sparpläne.

„Weitere Spezialisierung und Stellenabbau reichen diesmal nicht“, zitiert die Gewerkschaft nun die Geschäftsführung. Die Beschäftigten müssten auf Geld verzichten, sonst gelinge keine schnelle Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Der Entgelt-Tarifvertrag in der Metallindustrie ist eigentlich im Frühjahr gekündigt worden, wurde in der Corona-Krise aber durch einen Not-Abschluss bis Jahresende verlängert.

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