Zukäufe im Ausland Japans Unternehmen haben Hunger auf Übernahmen

Die Kassen sind voll, die Wachstumschancen auf dem Heimatmarkt gering: Japans Unternehmen wollen im Ausland kräftig zukaufen. Bei den Auslands-Übernahmen könnte Japan sogar China gefährlich nahe kommen.

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Japans Unternehmen könnten 2017 kräftig zukaufen. Quelle: REUTERS

Volle Kassen, eine starke Landeswährung und geringe Wachstumschancen auf dem Heimatmarkt - das alles weckt bei Japans Firmen die Lust auf Zukäufe im Ausland. Nach der Einschätzung von Experten könnten sie im neuen Jahr sogar mehr Geld in Akquisitionen außerhalb der Landesgrenzen stecken als chinesische Firmen.

Denn die Regierung in Peking erschwert ihren Unternehmen im Kampf gegen die Kapitalflucht mittlerweile einige Auslandsinvestitionen. Bis kurz vor Weihnachten gaben Japans Firmen nach Reuters-Daten 93 Milliarden Dollar im Ausland aus - fast so viel wie im Rekordjahr 2015, aber weniger als die Hälfte als die Nachbarn aus China. Und die Schlagzahl dürfte 2017 hoch bleiben. Zugute kommen den japanischen Firmen ihre hohen Barbestände: Nach offiziellen Zahlen sitzen sie auf 3,2 Billionen Dollar, so viel wie nie zuvor.

Zwar dürfte der erstarkte Dollar Übernahmen in den USA verteuern - doch zugleich sorgt er dafür, dass außerhalb von Japan verdientes Geld mehr wert ist, wenn es ins Inland gebracht wird. "Japanische Firmen haben niedrige Kapitalkosten, hohe Barvermögen und einen großen Appetit, über ihren Heimatmarkt hinauszuwachsen", sagt Mayooran Elalingam, bei der Deutschen Bank zuständig für das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen in Asien. "Gleichzeitig haben sie nicht die regulatorischen oder politischen Einschränkungen wie die Chinesen."



Dies hatten zuletzt mit großem Abstand die Nase vorne. 2016 kauften chinesische Firmen für 217 Milliarden Dollar im Ausland ein - mehr als doppelt so viel wie im Vorjahr, und Fachleute rechnen mit weiterem Wachstum. Auch in Deutschland waren sie regelrecht auf Einkaufstour - bis zur politisch umstrittenen Übernahme der Roboter-Ikone Kuka. Dagegen fielen Käufer aus Japan in den vergangenen Jahren allenfalls punktuell auf: beim Werkzeugmaschinenbauer Gildemeister (heute DMG Mori) etwa, oder beim Badarmaturen-Hersteller Grohe, der an Lixil ging.

Angst vor dem Ausverkauf

Allerdings weckt der chinesische Übernahmehunger Ängste vor einem Ausverkauf von Technologie. Vor allem die USA legten beim Einstieg chinesischer Staatskonzerne bei High-Tech-Firmen zuletzt immer wieder ihr Veto ein. Zudem erschwert die Führung in Peking inzwischen Geldtransfers ins Ausland. Sie geht damit gegen eine Kapitalflucht vor, weil sie negative Folgen für die Landeswährung Yuan befürchtet.

Davon profitieren die Japaner unmittelbar: So setzte sich der Brauereiriese Asahi gegen chinesische Konkurrenz im Rennen um das Osteuropa-Geschäft von AB InBev durch. Auch für die kommenden Monate sieht ein Fusionsexperte bei einer europäischen Investmentbank die japanischen Getränkekonzerne auf Kaufkurs. Die mit vollen Kassen ausgestatteten Versicherer dürften ebenfalls zukaufen. Meiji Yasuda, als Partner von Talanx auch in Deutschland bekannt, ist laut einem Insider am Lebensversicherungs- und Fonds-Geschäft der australischen Bank ANZ interessiert.

Alexis Papasolomontos, M&A-Experte bei der Anwaltskanzlei Herbert Smith Freehills, rechnet mit wachsender japanisch-chinesischer Rivalität um Rohstofffirmen - auch wenn der Inselstaat weit hinter dem größeren Konkurrenten zurückhängt. "Wenn man sich die schrumpfende und alternde Bevölkerung ansieht, sind Zukäufe im Ausland für japanische Unternehmen unerlässlich", sagt Yoshihiko Yano von Goldman Sachs.

Der Software-Riese SAP und der Elektrokonzern Siemens sind gemessen am Börsenwert Deutschlands teuerste Unternehmen. Der Abstand zu US-Schwergewichten wie Apple ist laut einer Untersuchung allerdings gewaltig.

Auch der Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump weckt bei den Firmen aus Japan Hoffnungen, will er doch die heimische Wirtschaft ankurbeln und hat zugleich eine schärfere Gangart gegenüber China angekündigt. Ein erstes Signal setzte der japanische Telekomkonzern Softbank. Dessen Chef Masayoshi Son traf sich kürzlich mit Trump und versprach, 50 Milliarden Dollar in US-Startup-Firmen zu investieren. Zudem könnte Softbank einen neuen Anlauf zum Kauf der amerikanischen Telekom -Tochter T-Mobile US starten.

Allerdings sind nicht alle Ausflüge japanischer Unternehmen ins Ausland von Erfolg gekrönt. Erst in dieser Woche stürzte die Aktie von Toshiba ab. Nach der Übernahme der Atomsparte von Chicago Bridge & Iron (CB&I) drohen dem Mischkonzern Milliardenverluste, weil die Kosten von Atomkraftwerks-Projekten aus dem Ruder liefen.

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