So innovativ die derzeit gut 6200 Unternehmen des Maschinenbaus auch sind: Das Rückgrat des deutschen Exports hat große Veränderungen vor sich – aber auch die richtigen Werkzeuge. Dafür sorgt neben Fortschritten bei besonders präzisen Sensoren oder Werkstoffen als Ersatz für teuere High-Tech-Metalle vom Typ Seltene Erden eine Revolution der Fertigungstechnik.
Will Airbus-Produktionsvorstand Günter Butschek neue Bauteile für ein Flugzeug ausprobieren, müssen seine Ingenieure keinen Lieferanten mehr suchen. Sie werfen einen Apparat in der Größe eines Kleiderschranks an, und der spuckt das passende Stück aus. Dafür sorgt ein Verfahren namens additive Fertigung, Lasersintern oder – weniger steif – 3-D-Druck. Wohl keine Technik wird die industrielle Wertschöpfungskette so verändern. Wer ein Ersatzteil braucht, bestellt es in spätestens 20 Jahren nicht beim Hersteller, sondern bezahlt für die Datei und druckt es selbst.
3-D-Druck wird keine Alternative zur Massenfertigung sein, wohl aber für Kleinserien von wenigen Hundert oder Tausend Stück. Ein Gerät für voll funktionsfähige Bauteile aus Kunststoff oder Metall kostet zurzeit noch bis zu 250.000 Euro und braucht Stunden, um aus Metall– oder Kunststoffpulver ein streichholzschachtelgroßes Teil in Mikromillimeter-dünnen Schichten aufzubauen.
Dank individualisierter Prothesen oder Zahnkronen sowie Teilen für die Luftfahrt oder Autoindustrie lagen die Umsätze mit 3-D-Druck allein im Metallbau 2012 weltweit bereits bei 1,7 Milliarden Euro. „Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird sich der Umsatz vervierfachen“, sagt Martin Eisenhut, Partner bei der Beratung Roland Berger in München. Dafür sorgt vor allem, dass die Drucker komplexe Formen ohne Verschnitt am Stück ausspucken, neue Konstruktionen ermöglichen und auch nicht gießbare Legierungen von Spezialmetallen verarbeiten können.
Größte Profiteure des Booms könnten deutsche Maschinen- und Anlagenbauer sein wie SLM Solutions aus Lübeck, Concept Laser aus dem bayrischen Lichtenfels und Weltmarktführer EOS aus Krailling bei München. „Schauen wir auf die Umsatzverteilung, sitzen 80 Prozent der Hersteller in Deutschland“, sagt Eisenhut.
Noch sind sie Wettbewerbern aus den USA oder Asien technisch um Jahre voraus. Doch die Spitzenposition ist ohne öffentliche Förderung wie zum Beispiel das milliardenschwere US-Projekt National Additive Manufacturing Innovation Institute in Gefahr, befürchtet EOS-Strategie-Chef Nikolai Zaepernick: „Wenn die Bundesregierung unsere Position nicht deutlicher unterstützt, werden wir den Vorsprung mittelfristig einbüßen.“