Zweifelhafter EnBW-Deal Mappus in den Händen seines alten Freundes

Der Kauf des EnBW-Anteils durch die baden-württembergische Regierung ist ein Drama, mit einem scheinbar überforderten Stefan Mappus in der Hauptrolle. Wie der Ex-Ministerpräsident sich von Banker Notheis steuern ließ.

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Der ehemalige Ministerpräsident Stefan Mappus (M, CDU) steht im Mittelpunkt der EnBW-Übernahmeaffäre. Quelle: dpa

Stuttgart Es ist der perfekte Stoff für einen Politkrimi oder ein Drama. Es geht um ein Milliardengeschäft, Geheimniskrämerei, Wahlkampf, Kumpelei und einen Verfassungsbruch. Die Hauptrolle in diesem Stück spielt Stefan Mappus (CDU). Der 46-jährige Ex-Ministerpräsident von Baden-Württemberg ist heute ein arbeitsloser politischer Frührentner, der verbissen um „Ehre und Karriere“ kämpft.

Die Bühne ist ein Untersuchungsausschuss, der den hoch umstrittenen, milliardenschweren Kauf eines 45-prozentigen Anteils am bundesweit drittgrößten Versorger EnBW durch die frühere Mappus-Regierung durchleuchtet. Das Drama enthüllt, wie sehr sich der CDU-Mann in die Hand seines alten Freundes - eines Investmentbankers - begeben hat.

Erster Akt

Mappus war Ende 2010 - wenige Monate vor der Landtagswahl - wegen der Massenproteste gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 in großer Bedrängnis und setzte zum Befreiungsschlag an. In einer „Nacht- und Nebelaktion“ - wie Grüne und SPD sagen - zog er das EnBW-Geschäft durch, um zu zeigen, „dass er auch Wirtschaft kann“, wie sein Berater formulierte.

Um den Deal mit dem Pariser Energiekonzern EdF geheim halten zu können, umging er den Landtag. Der Staatsgerichtshof stufte dies als verfassungswidrig ein. Da war Mappus aber bereits abgewählt.

Zweiter Akt

Nach monatelangem Zögern beantragt Grün-Rot einen Untersuchungsausschuss. Grüne und SPD stellen Mappus' Begründung für die Geheimoperation infrage, die Electricité de France (EdF) habe jede Bedingung für den Deal abgelehnt. Seine Rechtfertigung, ausländische Investoren hätten die EnBW wegschnappen können, hält die Koalition ebenfalls für abwegig.

Nicht zuletzt habe Mappus in der Eile einen überhöhten Kaufpreis von 4,7 Milliarden Euro akzeptiert. Mappus sieht sich verleumdet. Der Streit nimmt so viel Fahrt auf, dass er seinen neuen Job beim Pharmakonzern Merck aufgibt.

Dritter Akt

Ein alter Kumpel von Mappus aus Zeiten der Jungen Union hat das Geschäft miteingefädelt: Dirk Notheis, Deutschlandchef von Morgan Stanley, einer der größten Investmentbanken der Welt. Der zentrale Vorwurf gegen Notheis lautet, er habe den Preis nicht richtig ermittelt. Mappus verteidigt im Ausschuss seinen Freund: Morgan Stanley sei keine „Würstchenbude“.


Mappus „in vielen Dingen überfordert“

Ende 2010 hatte Mappus das Geschäft quasi als Schnäppchen dargestellt. Durch den raschen Atomausstieg nach Fukushima schreibt die EnBW nun rote Zahlen. Nach Notheis' lückenhafter Aussage vor dem Ausschuss überlässt Morgan Stanley den Abgeordneten drei Ordner mit zahlreichen persönlichen Mails, die der Vorstandschef Ende 2010 verfasst hat.

Vierter Akt

Verblüffende Details aus den Mails werden bekannt. In einer Nachricht an den Morgan-Stanley-Chef in Frankreich, René Proglio, kurz vor dem Abschluss erklärte Notheis, 40 Euro je Aktie seien „mehr als üppig, wie wir beide wissen“. Als EdF zögert, droht er, Mappus werde notfalls Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einschalten, die dann Präsident Nicolas Sarkozy alarmiere.

Über Mappus schreibt er an Proglio: „Unterschätze nicht die Macht dieses Kerls. Er kontrolliert 30 Prozent der Parteitagsdelegierten und kann Angela mit seinen Truppen killen.“ Grünen-Obmann Uli Sckerl kommentiert: „Notheis hat Mappus zu einer Marionette und einem Unterschriftenautomaten gemacht.“

Fünfter Akt

Die Männerfreundschaft zwischen Notheis und Mappus führt sogar dazu, dass der Banker die 17-Millionen-Euro-Rechnung für seine Beratungsleistung erst nach der Wahl stellt. Es sei gerade erst wieder ein „Scheiß-Artikel“ erschienen. Ob das Land das Geld erst später überweisen könne, fragt Mappus per Mail. „Für Dich mach ich doch alles“, antwortet Notheis.

Nachspiel

Grüne und SPD wollen Mappus und Notheis im U-Ausschuss noch einmal in die Mangel nehmen und die zentralen Fragen Kaufpreis und Umgehung des Parlaments klären. Zur rechtlichen Frage soll auch der Anwalt Martin Schockenhoff erneut befragt werden.

Er hat behauptet, dass Mappus trotz Warnungen entschieden habe, das Parlament auszuschalten. Ein ehemaliger Minister aus Mappus' Kabinett sieht sich bestätigt: „Es verfestigt sich der Eindruck, dass er in vielen Dingen überfordert war.“

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