
Vom Pleitekandidat zur Geldmaschine: Innerhalb nur weniger Monate schaffte der deutsche Chips-Hersteller Infineon, was nur wenige für möglich gehalten haben. Das Unternehmen verdient wieder Geld - massig Geld sogar. Vorbei sind die Zeiten, in denen Infineon rote Zahl um rote Zahl verkünden musste. Zum dritten Mal in diesem Jahr hat der Halbleiter-Spezialist seine Jahresprognose angehoben. Im mittleren bis hohen 40-Prozent-Bereich soll der Umsatz nun zulegen. Im dritten Quartal steigerte Infineon seine Erlöse im Vergleich zum Vorquartal um 17 Prozent auf 1,21 Milliarden Euro (Infineons Geschäftsjahr endet am 30. September). Der Überschuss legte um 59 Prozent auf 126 Millionen Euro zu - dies ist der vierte Quartalsgewinnin Folge.
Der Halbleiterspezialist profitiert von der kräftig wachsenden Chip-Nachfrage. Und er ist nicht alleine: Auch in den USA melden Unternehmen neue Umsatzrekorde. Mitte Juli geriet der sonst so trockene, ja beinahe zurückhaltende Intel-Vorstandschef Paul Otellini geradezu in Euphorie: „Das war das beste Quartal in unserer 42-jährigen Geschichte“, sagte Otellini bei der Vorlage der Finanzzahlen fürs zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres. Und die hatten es in der Tat in sich: Der Umsatz des weltgrößten Chipherstellers stieg um ein sattes Drittel auf 10,8 Milliarden Dollar, der Nettogewinn stieg gegenüber dem zweiten Quartal 2009 gar um stolze 175 Prozent auf 2,9 Milliarden Dollar.
Mehr noch: Nach einer Berechnung von Patrick Wang, Finanzanalyst bei der Investmentbank Wedbush Securites in New York, wird Intel in diesem Jahr einen Cash-Flow in Höhe von 12 Milliarden Dollar und 13,5 Milliarden Dollar im kommenden Jahr erwirtschaften. „Intel ist eine Gelddruckmaschine“, sagt Wang. Kaum verwunderlich also, dass die Börsianer die Aktie des Halbleiterkonzerns am Tag nach Bekanntgabe der Zahlen zwischenzeitlich um 2,5 Prozent nach oben trieben.
Anfang einer starken Erholungphase in Sicht
Im Schlepptau von Intel stiegen auch die Aktie anderer Hightech-Schwergewichte wie etwa der weltgrößte Softwarehersteller Microsoft oder der Computerbauer Dell. Grund: Intel-Boss Otellini hatte in der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen die Hoffnungen auf einen breiten Aufschwung innerhalb der Technologiebranche geweckt. „Da die Unternehmen wieder etwas mehr Luft zum Atmen haben, beginnen sie nun, ihre Computersysteme auszutauschen, die teilweise vier bis fünf Jahre alt sind“, so Otellini. Davon wiederum würde neben Intel eben auch Microsoft mit seinem Betriebssystem Windows sowie Hardware-Hersteller wie Dell oder Hewlett-Packard profitieren.
Viele Anbieter der Hightech-Branche sind ohnehin deutlich besser durch die Wirtschaftskrise gekommen als Unternehmen aus anderen Branchen. Jetzt mehren sich die Anzeichen, dass die Hightech-Industrie noch einmal ordentlich eine Schippe drauflegen kann. „Intel ist einer der Leithammel des gesamten Technologiesektors“, sagt Rob Enderle, Chef des amerikanischen IT-Marktforschungsunternehmens Enderle Group. „Es sieht nun so aus, als stünden wir am Anfang einer starken Erholungsphase.“
Fünf Quartale starkes Wachstum
Entsprechende Indikatoren finden sich auch anderswo. Anfang Juni hat das Marktforschungsunternehmen Gartner prognostiziert, dass die weltweiten Halbleiterumsätze in diesem Jahr um 27 Prozent auf insgesamt 290 Milliarden Dollar steigen sollen. „Die Chipindustrie ist fünf Quartal in Folge stark gewachsen – oberhalb aller saisonalen Effekte“, sagt Bryan Lewis, Research Vice President bei Gartner. Weil Halbleiterbauteile wie etwa PC-Prozessoren, Speicherchips, Funkbausteine oder Sensoren wichtige Komponenten für die Computer-, Mobilfunk, Elektronik oder Automobilindustrie sind, deutet dies auf einen Aufschwung auch in jenen Branchen hin.
Der PC-Markt steht jedenfalls vor einem Allzeithoch, glaubt man der Prognose des US-Marktbeobachters IDC. Der hatten Mitte Juni ein Marktwachstum von rund 20 für das laufende Jahr vorhergesagt – damit dürften die Umsätze mit Computern 2010 noch über dem bisherigen Marktrekord des Jahres 2008 liegen. „Das Wachstum durchzieht alle Bereiche, stationäre PCs ebenso wie Notebooks“ sagt Jay Chou, Research Analyst bei IDC. Auch dies deutet darauf hin, dass aktuell nicht mehr nur Endkunden das Geschäft vorantreiben, sondern auch die Unternehmen wieder in ihre IT-Infrastruktur investieren. Während der Wirtschaftskrise schwächtelte vor allem das Enterprise-Geschäft, da Firmen bezüglich Neuinvestitionen auf der Bremse standen.