Innovative Modelle Der Biedermann Ford wird sexy

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Mulallys Meisterstück

Aktien VW und Ford

Das erfolgreiche Comeback von Ford ist das Meisterstück des 64-jährigen Vorstandschefs Mulally. Der Luftfahrt-Veteran hatte 2006 ohne Erfahrung in der Autoindustrie als neuer Ford-Lenker in Detroit angeheuert. Kein „car guy“ und damals auch noch in einem Wagen der Toyota-Premiummarke Lexus unterwegs, war Mulally der Ford-Mannschaft zunächst suspekt.

Was der rothaarige „plane guy“ dann verkündete, trug kaum zur Beruhigung bei. „Wir haben vor drei Jahren beschlossen, ein neues Unternehmen zu erschaffen“, erinnert sich der Ford-Chef im WirtschaftsWoche-Interview. Mulally knipste in 16 Ford-Werken die Lichter aus, schrumpfte die Belegschaft um 44.000 auf 176.000 Angestellte. Er drückte die Löhne und senkte die immensen Pensionskosten.

Die Rosskur zahlte sich aus. Für 2009 konnte Mulally bereits wieder einen Gewinn von 2,7 Milliarden Dollar verkünden – nach einem Minus von fast 15 Milliarden Dollar im Jahr zuvor. Mulally verkaufte zudem die europäischen Schwestermarken Volvo (nach China), Jaguar, Landrover und Aston Martin (nach Indien), die US-Traditionsmarke Mercury stellt er zum Jahresende ein. Fords Anteile an Mazda reduzierte er von 33,4 auf 14,9 Prozent und erlöste dafür gut eine halbe Milliarde Dollar. Er straffte die Zahl der Modellbezeichnungen wie Focus oder Fiesta von 97 auf unter 20. Als Dachmarken blieben nur Ford und die US-Premiummarke Lincoln.

Globale Aufgaben

„Wie soll ich 97 Marken auf Vordermann bringen?“, sagt Mulally. Er beschloss, vor allem eine Marke stark zu machen: Ford. Dazu setzte er das Programm „One Ford“ auf: „Eine Marke, ein Team, ein Ziel.“ Konkret heißt das: Die internationalen Ford-Gesellschaften arbeiten nicht nur für ihre regionalen Märkte, sondern haben globale Aufgaben. So ist für alle weltweit verkauften kleinen Ford-Autos künftig Europa zuständig, für die großen die USA, für die Billigautos Asien.

Und – das ist dann die Königsdisziplin der One-Ford-Strategie – es soll wieder Weltautos geben. Wie schon zum Ende der Neunzigerjahre versucht sich Ford erneut mit Autos, die fast unverändert weltweit verkauft werden. Was damals scheiterte, weil die Kunden zu unterschiedlich tickten und an Einheitsware nicht interessiert waren, soll heute funktionieren. Die Kundenbedürfnisse hätten sich, so glaubt Mulally, durch die Globalisierung so weit angeglichen, dass ein Auto in der ganzen Welt genügend Anhänger findet.

Enormer Kostenvorteil

Geht seine Strategie auf, ist der Kostenvorteil enorm: „Der bisherige Ford Focus wurde einmal für die USA und einmal für Europa entwickelt“, sagt Derrick Kuzak, globaler Produktionsvorstand von Ford. „Der US-Focus wurde 220.000 Mal pro Jahr verkauft. Vom neuen Focus werden wir weltweit 800.000 verkaufen.“ Joe Bakaj, globaler Produktvorstand und Entwicklungschef bei Ford Europa: „Unsere Weltautos sind zu 80 Prozent identisch. Gegenüber zwei separat entwickelten Autos sparen wir 50 bis 70 Prozent der Entwicklungskosten.“

Als wäre das nicht Veränderung genug für die 107 Jahre alte Firma, deren Gründer Henry Ford die industrielle Autoproduktion erfand, räumt Mulally mit dem wichtigsten Credo seiner Produktplaner auf: „Große Autos billig hergestellt.“ Ob ein Auto groß oder klein ist, so war die Idee, zählt für die Entwicklungs- und Herstellungskosten kaum, doch große Autos erzielen gute Preise. Das Ergebnis waren monströse Pick-up-Trucks in Minimal-Qualität. Die hochwertigen Oberklasse-Autos überließ Ford Lexus oder BMW, das wachsende Segment der Klein- und Kompaktwagen asiatischen Herstellern.

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