Insolvenzantrag Teldafax-Mitarbeiter schreddern massenhaft Unterlagen

Obwohl Teldafax seit Monaten Rechungen nicht bezahlte, behauptete die Führung, man sei auf gutem Wege. Jetzt ist der Stromanbieter pleite. In der Zwischenzeit hatten besonders loyale Mitarbeiter einen Sonderauftrag.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein Firmenschild vor der Quelle: dapd

Das nach eigenen Angaben größte unabhängige Energieunternehmen Deutschlands, Teldafax, ist pleite. Die Führung des Billigstromanbieters reichte am Dienstag beim Amtsgericht Bonn einen Insolvenzantrag ein. Das Gericht berief den Rechtsanwalt Biner Bähr zum vorläufigen Insolvenzverwalter.

Der Schritt zeichnete sich seit längerem ab. Teldafax hatte in den vergangenen drei Monaten drei Vorstandsvorsitzende, mehrfach wechselnde Eigentümer und verlor mehr als 200.000 seiner knapp 800.000 Kunden, weil immer mehr Netzbetreiber dem Unternehmen die Nutzung ihrer Leitungen schlicht untersagten. Fußballbundesligist Bayer04 löste erst vor zwei Wochen den Sponsoringvertrag vorzeitig auf.

Seit Monaten ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung. In all diesen Wochen vermeldete das Unternehmen jedoch ausnahmslos, es sei auf dem Wege der Besserung.

100 Millionen Euro verpulvert

Der Insolvenzantrag bedeutet ein Desaster für den Finanzinvestor Prime Mark, der erst vor drei Monaten Teldafax übernommen hatte und mit 50 Millionen Euro ausstattete. Auch 2010 war ein ähnlicher Betrag von einem unbekannten Investor geflossen. Teldafax war für die Frage, wie ein Unternehmen bei solchen Geldspritzen pleitegehen kann, nicht zu sprechen. Aufsichtsrat Wolfram Scharff sagte: „Die 100 Millionen sind wohl weg. Und Teldafax wollte ja noch mal 100 Millionen haben.“

Teldafax verkauft erst seit 2007 Strom und wuchs rasant. Dann wurde klar, dass Teldafax seinen Strom billiger verkaufte als einkaufte und dabei von Vorkassen seiner Kunden lebte – ein Geschäftsmodell, dass an ein Schneeballsystem aus dem grauen Kapitalmarkt erinnerte. Im Oktober 2010 berichtete das Handelsblatt, dass der Gründer des Unternehmens, Michael Josten, wegen eines früheren Anlagebetrugs im Gefängnis saß und dass die Wirtschaftsprüfer von Teldafax sich seit 2008 weigerten, die Jahresabschlüsse zu testieren. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, zögerte jedoch mit dem Zugriff, weil Teldafax stets den Eindruck erweckte, neue Finanzspritzen des Investors könnten die 600 Arbeitsplätze retten.

Kundenpost im Schredder

Mehrere Mitarbeiter berichteten dem Handelsblatt nun, wozu Teldafax die erkaufte Zeit nutzte: „Es wurde ein Team von loyalen Leuten gebildet die schreddern seit zwei Monaten den ganzen Tag Unterlagen.“ Bei den Unterlagen soll es sich einerseits um belastendes Material handeln, andererseits schlicht um Kundenpost. Teldafax erhielt 2011 bis zu 160.000 Briefe pro Monat von Kunden und Netzbetreibern, die auf ihr Geld warteten. Den Netzbetreiber gehören die Leitungen, durch die Teldafax den Strom zum Kunden bringt. Viele von ihnen schalteten Teldafax zuletzt wegen Säumigkeit ab und klagten, sie erhielten nie Antwort von Teldafax. nun ist klar, warum.

Insider erwarten nun den Zugriff der Staatsanwaltschaft. Auch sie wird aber den vielen tausend Kunden nicht helfen können, die ihre Stromrechnung per Vorkasse bezahlt haben. Laut Verbraucherschützern werden sie ihr Geld zum allergrößten Teil nicht wiedersehen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%