Insolvenzen Karstadt: Wie Klaus Hubert Görg um seinen letzten Fall kämpft

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Görg, Piepenburg, Eick: Der vorläufige Insolvenzverwalter wirkte anfangs eher wie ein Statist Quelle: dpa

Als die Berliner Politik Staatshilfen für den Konzern ablehnte, trat der Plan in Kraft: Eick und Piepenburg wollten die Sanierung unter gerichtlicher Obhut selbst organisieren. Eigenverwaltung nennt sich das Verfahren – und Görg gilt in der Branche als einer der Begründer des Modells. 1999 war er zwei Wochen lang im Vorstand des Baukonzerns Holzmann, um die erste große Insolvenz in Eigenverwaltung vorzubereiten. Dann entdeckte Bundeskanzler Gerhard Schröder das Thema: Holzmann bekam Aufschub.

Bei Arcandor war Görg indes skeptisch. Dass die Warenhaussparte und die Versandgruppe Primondo mit dem Flaggschiff Quelle im Konzernverbund und per Eigenverwaltung überleben würde, hielt er für unwahrscheinlich. Doch Görg arrangierte sich mit Piepenburg, der mit dem kühnen Spruch angetreten war, er übernehme keine aussichtslosen Mandate.

Gemeinsam sahen Mitarbeiter das Führungstrio bisweilen am Fenster stehen und rauchen. Eick paffte seine braunen Zigarillos, Görg und Piepenburg griffen zur Schachtel Lucky Strike. Alle Rauchverbote im Haus ignorierten die drei Herren souverän.

Quelle-Flop setzt Görg zu

Allein, der Raucherclub hielt sich nicht lange. Piepenburg quittierte den Dienst, als Arcandor-Großaktionär Sal. Oppenheim kein Geld mehr für die Sanierung geben wollte. Für Eick gab es keine Verwendung mehr, als das Konglomerat auseinanderbrach.

Wenig später scheiterte die Käufersuche für Quelle. „Das hat ihm heftig zugesetzt“, sagt einer, der bei den Verhandlungen dabei war. Der Schlag kam unerwartet. Bis zuletzt sei Jörg Nerlich, Görgs Mann für Quelle, davon ausgegangen, dass der Finanzinvestor Golden Gate den Kaufvertrag unterschreibe, heißt es in Görgs Kanzlei. Dort sieht man die Verantwortung für das Scheitern bei der Valovis-Bank, die das Factoring, also die Vorfinanzierung von Kundenforderungen, für Quelle übernommen hatte. Die Bank hatte die Verträge gekündigt.

Bei Karstadt sorgte derweil Thomas Fox für Ärger. Der Manager, der sich mit dem schönen Titel „Chief Restructuring Officer“ schmücken darf, gehört zum Team der von Görg beauftragten Berliner Sanierungstruppe Modalis und genießt bei vielen Mitarbeitern inzwischen so viel Sympathie wie sonst nur ältere Kunden, die ihren Großeinkauf mit abgezählten Cent-Münzen begleichen.

Mitarbeiterversammlung sorgt für Stimmung

Für Stimmung sorgte Fox bei einer Mitarbeiterversammlung: Es gebe drei Wege, in die sich insolvente Gesellschaften entwickeln, ließ Fox seine Zuhörer wissen: „Sie werden entweder adoptiert, geheiratet oder vergewaltigt.“ Auch sonst gilt Fox als Gegenstück zu Görg: ruppig im Umgang, lautstark im Auftritt. „Einer muss die Drecksarbeit ja machen“, kommentiert eine Karstadt-Mitarbeiterin. Mangelnde Handelserfahrung kann man Fox indes nicht vorwerfen. Nebenher betreibt er die kleine Ladenkette Fox-Shops. Das Geschäftsmodell: Wer Ware loswerden will, kann Regalfläche in den Geschäften mieten. Auf der Homepage des Unternehmens prangt ein Fuchs, garniert mit dem Slogan: „Aus allen Sachen Bares machen.“ Ein Motto, das auch die Karstadt-Aufgabe gut umreißt.

Den Verkaufsprozess steuert Fox’ Modalis-Kompagnon Josef Schultheis gemeinsam mit der Investmentbank Merrill Lynch.

Rund 30 Kandidaten hatten anfangs Interesse an Karstadt bekundet. Nach und nach reduzierte sich die Zahl auf sechs „namhafte Interessenten“, wie es offiziell heißt. Deren Wirtschaftsprüfer und Anwälte durchkämmen seit dem 15. Februar in einem eigens eingerichteten Online-Datenraum die Karstadt-Zahlen, besichtigen einzelne Filialen und sprechen mit dem Management. Zur Tarnung wurde jedem Investor ein Städtenamen zugeordnet. Auf Boston, Amsterdam, Paris, Seoul, Toronto und Budapest ruhen nun die Hoffnungen in Essen.

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