Insolvenzen Karstadt: Wie Klaus Hubert Görg um seinen letzten Fall kämpft

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Verkehrsspiegel zeigt das Logo Quelle: dpa/dpaweb

Bei einer Vorbesprechung zwischen den wichtigen Gläubigern und der zuständigen Richterin am Amtsgericht Essen fiel sein Name. Wenig später stellte sich der Veteran persönlich vor.

Bei der Kirch-Pleite war Görg dabei, auch beim Anlagenbauer Babcock Borsig und zuletzt als Treuhänder bei der Abwicklung des Imperiums von Adolf Merckle. „Ich bin einfach nicht weggelaufen, wenn sich eine Chance ergeben hat“, hat Görg einmal der Fachzeitschrift „Juve“ seinen Aufstieg erklärt.

Das war schon am Anfang seiner Karriere so. Die Juristerei sei ihm in die Wiege gelegt worden, erzählt Görg gern, sein Vater sei schließlich Professor für Staatsrecht gewesen. Görg studierte in Marburg, München und Köln Jura, trat der katholischen Studentenverbindung Rhenania Marburg bei und promovierte.

Nach dem Studium wollte er einer „aktiven Verwaltertätigkeit“ nachgehen. „Ich hatte die Vorstellung, dass ich da vielleicht mal irgendwo die städtische Müllabfuhr organisiere“, vertraute Görg der „Zeit“ an.

Es kam anders: Der Kölner Konkursanwalt Alois Matern stellte ihn ein und gab ihn wieder frei, als er 1975 von einem Richter mit dem ersten eigenen großen Verfahren betraut wurde: der Abwicklung der Pfalz-Kreditbank.

Als sich Mitte der Achtzigerjahre der Kölner Immobilienspekulant Günter Kaußen das Leben nahm, beauftragte der Kölner Konkursrichter Wilhelm Uhlenbruck Görg mit der Vermögenssuche. Der sei zwar „keiner, mit dem man mal schnell ein Glas Kölsch trinkt“, erinnert sich der betagte Richter heute, dafür aber „einer seiner fähigsten Verwalter“.

Auch ohne Kölsch lernte Görg bei dem Kaußen-Verfahren einen seiner später wichtigsten Vertrauten kennen: Hans-Gerd Jauch, ein examinierter Krankenpfleger, der in der Psychiatrie arbeitete und nebenbei Jura studierte, durfte Görg damals zuarbeiten. Mittlerweile ist Jauch Partner bei Görg und kümmert sich im Arcandor-Komplex um die Koordination der Verfahren und die Konzernholding.

"Görg weiß schnell, wo es hakt"

„Görg kann in einen Betrieb reingehen und weiß sehr schnell, wo es hakt“, sagt der pensionierte Richter Uhlenbruck und ist sich darin einig mit der Verwalter-Zunft. Als „souveränen, über den Dingen stehenden Insolvenzfachmann“ und „kühlen Rechner“ sieht ihn Verwalterlegende Jobst Wellensiek. Der Münchner Kollege Michael Pluta nennt ihn schlicht eine „große Anwaltspersönlichkeit“.

Kein Zweifel, das Amtsgericht Essen wollte bei dem Mammutverfahren eine Galionsfigur an Bord haben. Mindestens genauso wichtig dürfte die Kapazität seiner Kanzlei gewesen sein.

Eine Armada von rund 160 Rechtsanwälten segelt inzwischen unter der Flagge Görgs. Mit einem Jahresumsatz von rund 54 Millionen Euro zählt die Kanzlei mit Hauptsitz in einem Glaspalast in Köln zu den 20 größten deutschen Wirtschaftssozietäten.

Im Karstadt-Verfahren wirkt die Rechtsfabrik mitunter dennoch überfordert. Kleinere Gläubiger wundern sich über die teils „chaotische Abwicklung“. So wurden jüngst etwa 10 000 Euro Nutzungsentschädigung fällig, weil ein zur Schließung stehendes Karstadt-Sports-Haus in Essen nicht zum verabredeten Termin an den Vermieter übergeben wurde. Insider kritisieren, dass der Verkaufsprozess für die Warenhäuser viel zu spät begonnen habe.

Hat sich Görg also überschätzt? „Wenn ich mit dem Wissen von heute noch mal wählen könnte, würde ich Rasen mähen gehen“, bekannte er im Dezember. Karstadt, so viel scheint sicher, ist sein letzter großer Fall.

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