IT-Branche in Weißrussland Apps aus der Diktatur

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Vor einem Jahr heuerte das Quartett geschlossen bei Viaden Mobile in Minsk an, um die App-Idee umzusetzen. "Die Kosten sind in Minsk niedrig, das Niveau der Programmierer hoch. So können wir im globalen Wettbewerb gut mithalten", erzählt die zierliche blonde Frau, die bei Viaden Mobile für das operative Geschäft verantwortlich ist.

Natürlich ist trotzdem nicht alles rosarot in Weißrussland: "Die Konkurrenz ist grausam", sagt Natalia selbst, "wir müssen uns jeden Tag mit neuen Ideen durchsetzen."

Eine davon war der "Kluge Wecker" – in Deutschland stand er lange Zeit auf Platz eins der App-Charts: Mit Chill-out-Musik schlummert die App ihre Nutzer in den Schlaf, am nächsten Morgen weckt sie der Lieblingshit.

Sprachprobleme bei Apps

Über Nacht liegt das iPhone neben dem Kissen, misst den Schlafrhythmus, berechnet die Tiefschlafphasen und zeichnet Geräusche auf. "Morgens kannst du dann abhören, ob dein Partner geschnarcht hat, der Hund oder der Nachbar", erzählt Dmitri Dikterow, der Erfinder des Weckers.

Auch Dmitri, 32, gehört zum Warschauer Kern. Er vermarktet als Produktmanager die Gesundheits-Apps, darunter auch den Yoga-Trainer, Kalorienmesser und Fitness-Coach.

Was offenbar gut klappt. Das App-Team von Viaden ist in einem Jahr von 4 auf 30 Mitarbeiter gewachsen. Der Diktatur zum Trotz entwickelt Viaden zahlreiche Apps für den kapitalistischen Markt. Viele von ihnen tauchen weltweit unter den Top 50 bei iTunes auf. In Deutschland hat Viaden aber noch ein Sprachproblem. "Wir kommen mit den Übersetzungen nicht hinterher", gibt Dikterow zu. Weshalb die deutschen Nutzer den Apps zwar gute Bewertungen geben, aber im App-Store-Forum oft auch schmunzelnd über die Übersetzungsfehler herziehen. Dass die Sprachtalente fehlen, ist ein Standortnachteil im abgeschotteten Weißrussland.

Bei Pokerspielen, die Dikterows Kommilitonin Luba Paschkowskaja, 26, vermarktet, ist das weniger ein Problem als bei den Fitnessübungen. Die Spiele sind nicht billig, verkaufen sich aber weltweit blendend gut. Für das Minsker Unternehmen ist der App-Handel jedenfalls ein Millionengeschäft – auch wenn Apple von jedem erwirtschafteten Dollar satte 30 Cent selbst behält.

Alexei Gromakowski, dieses Jahr erst 28 geworden, ist der Vierte im Bunde und hat den Job, einen Schritt weiterzudenken. Er soll die Handy-Apps mit sozialen Netzwerken verzahnen. Bald will er zum Angriff auf Zynga blasen.

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