IT-Branche investiert mehr in Forschung

Die IT-Branche bleibt trotz der fast dreijährigen Nachfrageschwäche ein Innovationstreiber. Eine Handelsblatt-Analyse der F&E-Budgets (Forschung & Entwicklung) zeigt: Die Mehrzahl der IT-Unternehmen weitet ihre Investitionen in diesem Jahr aus. Selbst im Krisenjahr 2002 haben alleine zehn der weltgrößten Technologieunternehmen fast 30 Mrd. $ in die Entwicklung neuer Produkte gesteckt.

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FRANKFURT/M. Ende Juli kündigte Microsoft Chef-Technologe und Unternehmensgründer Bill Gates an, die Forschungs- und Entwicklungsausgaben von 4,3 Mrd. $ in den nächsten zwölf Monaten auf 6,8 Mrd. $ zu steigern. Zwar verlagern die IT-Konzerne immer mehr Forschungsaufgaben in Billiglohnländer wie Indien. Dennoch bleibt Deutschland ein wichtiger Standort, wie das Beispiel Microsoft zeigt. „In Kürze werden wir in Aachen das European Microsoft Innovationcenter eröffnen“, sagte Jürgen Gallmann, Deutschland-Chef von Microsoft. Zudem sind große Teile der Softwareentwicklung von Hewlett-Packard sowie der Großrechnertechnologie bei IBM in der Region um Stuttgart angesiedelt. Kaum ein IT-Konzern hat im schwierigen Jahr 2002 das F&E-Budgets in Frage gestellt. So investierte IBM 2002 knapp 5 Mrd. $ in diesen Bereich. Trotz des schwierigen Marktumfelds soll sich daran in diesem Jahr nichts ändern. Auch Intel hat aufgestockt. Statt der angekündigten Investitionen von 4 Mrd. $ sollen es im laufenden Jahr 4,2 Mrd. $ werden. In der Hauptsache geht es den Unternehmen um die Sicherung der Zukunft. „Rund 40 Prozent unserer F&E-Kosten fließen in Produkte für neue Wachstumsmärkte, die derzeit nur 15 Prozent unseres Business ausmachen“, beschreibt Andreas Dohmen, Geschäftsführer und Vice President von Cisco Systems GmbH, die Situation beim Netzwerk-Spezialisten. „Wer ohne Verstand auf der Bremse steht, macht sein Unternehmen für den Aufschwung kaputt“, glaubt auch Henning Kagermann, Chef des Software-Herstellers SAP. Zwar nennt er kein aktuelles F&E-Budget. Aber Neueinstellungen, wenn sie überhaupt erfolgen, kommen beim Softwareriesen vor allem dem Entwicklerteam zu Gute. Von rund 300 neuen Stellen im zweiten Quartal entfielen fast zwei Drittel auf diesen Bereich. Selbst der gegen Umsatzeinbruch kämpfende Computerbauer Sun investiert pro Jahr rund 1,8 Mrd. $ in die Entwicklung neuer Produkte. „Daran wird sich auch in diesem Jahr nichts ändern“ sagt Helmut Wilke, Deutschlandchef von Sun. Der Weltmarktführer für Handys, Nokia, investierte im vergangenen Jahr mit rund 3 Mrd. Euro sogar annähernd den gesamten Nettogewinn des Konzerns in den F&E-Bereich. Aktuell stehen die Finnen allerdings wegen der schleppenden Einführung der 3G-Mobilfunktechnologie auf der Bremse. Branchenkenner überraschen die anhaltend hohen F&E-Aufwendungen nicht. „Die Innovationszyklen werden immer kürzer“, sagte Joachim Schrey, IT-Experte bei der internationalen Sozietät Clifford Chance Pünder. Leisten können sich die meisten Firmen die hohen Ausgaben auf jeden Fall. Trotz der Krise generieren Konzerne wie etwa Cisco, Microsoft oder SAP in ihrem Geschäft nach wie vor viel „Cash“. Gleichzeitig müssen die IT-Firmen den Nimbus einer von Innovationen getriebenen Wachstumsbranche verteidigen, um die immer noch hohe Bewertung an der Börse zu rechtfertigen. Experten bezweifeln seit einiger Zeit, dass der Einsatz von Informationstechnologie den Firmen auch künftig Wettbewerbsvorteile bieten wird. IT drohe zur „Commodity“, also zu einer Massenware zu werden, lautet zum Beispiel das Urteil des renommierten Harvard Business Reports. Das sieht die Organisation für Wissenschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) anders. „Trotz des Abschwungs (..) hat sich IT (...) zu einer Schlüsseltechnologie entwickelt, die das Potenzial hat, wirtschaftliche und soziale Rahmenbedingungen umzuwälzen“, lautet ihr Fazit in einem erst vor wenigen Tagen vorgestellten Bericht.

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