40 Jahre Apple Von der Zigarrenkiste zum iCar

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Eine Revolution im Verborgenen

Dass IBM die Zeichen der Zeit dennoch erkennt, hat der damalige Konzernchef Frank Cary der Beharrlichkeit seines Forschungsdirektors Bill Lowe zu verdanken. Gegen alle internen Widerstände plädiert er dafür, das Wachstumsfeld der PCs nicht der Konkurrenz zu überlassen.

Im Sommer 1980 gibt Cary grünes Licht und wagt einen für den Konzernriesen geradezu unerhörten Schritt: Abgeschottet und vorbei an allen Bürokratien geht Lowes nur zwölf Mann starkes Team an die Arbeit. "Bei IBM einen Personal Computer zu entwickeln", schreibt später ein Branchenbeobachter, "entspricht der Aufgabe, einem Elefanten Stepptanz beizubringen." Sie gelingt: Am 12. August 1981 präsentiert IBM seinen Rechenzwerg, das Modell 5150, in New York.

Um Zeit zu sparen, kopiert das PC-Team nicht nur das Konstruktionsprinzip der Apple-Rechner. Statt Chips und Module selbst zu entwickeln, verbaut die Truppe zudem preiswerte Bauteile anderer Hersteller. Nicht einmal das Betriebssystem stammt von IBM. Stattdessen setzt die Mannschaft auf die Software eines Startups aus dem amerikanischen Nordwesten, gegründet von zwei Technik-Freaks wie Jobs und Wozniak in Kalifornien, ebenso beseelt von dem Gedanken, Computer zum Produkt für die Massen zu machen: Sie heißen Bill Gates und Paul Allen, und ihre Softwareschmiede nennen sie Microsoft.

Wie Computer wurden, was sie sind
Apple-Mitgründer Steve Jobs wollte einen Computer entwickeln, den jeder bedienen kann. Inspiration fand er im Forschungszentrum Xerox PARC: Dort hatten die Tüftler eine grafische Benutzeroberfläche (graphical user interface, GUI) programmiert, die Jobs bei einem Besuch elektrisierte. „Innerhalb von zehn Minuten war mir klar, dass eines Tages alle Computer so arbeiten würden“, sagte er Jahre später in einem Fernsehinterview. 1983 brachte Apple das Modell Lisa samt einer Maus heraus – den ersten Computer mit grafischer Benutzeroberfläche für den Massenmarkt. Allerdings reagierte die Technik nur sehr behäbig. Und der Preis von 10.000 Dollar war für die meisten Privatanwender zu hoch (in Deutschland kostete der Rechner 30.000 DM). Lisa erwies sich als großer Flop, die Restbestände wurden später in der Wüste von Utah entsorgt. Doch Lisa bahnte der Technologie den Weg. Quelle: mac-history.net
Doch Steve Jobs ließ sich vom Misserfolg mit dem Lisa nicht beirren und entwickelte bei Apple mit einem verschworenen Team den Macintosh, der sich ebenfalls mit einer Maus bedienen ließ und deutlich billiger war. Hier ist der junge Firmengründer (l.) 1984 bei der Vorstellung des Rechners mit dem damaligen Apple-Chef John Sculley zu sehen. Der Werbespot für diesen Computer, gedreht von Regisseur Ridley Scott, ist bis heute legendär – er soll zeigen, wie der Apple-Rechner die geknechteten Nutzer von IBM, dem „Big Brother“ mit seinen Einheits-PCs, befreit.
Das Gerät sollte nicht die Geschäftsleute begeistern, sondern die Massen. In Sachen Benutzerfreundlichkeit setzte Apple Maßstäbe, doch der Erfolg stellte sich erst über die Jahre ein, zumal Konkurrent IBM mit seinem PC reißenden Absatz fand. Der war zwar nicht so bequem zu bedienen, es gab aber viel mehr Anwendungen für ihn. Immerhin gelang es Apple mit der Zeit, eine treue Fangemeinde aufzubauen – auch in den Jahren ohne Steve Jobs. Der musste Apple 1985 nach einem Machtkampf mit Firmenchef Sculley verlassen. Quelle: dpa
Zum Durchbruch verhalf der grafischen Benutzeroberfläche nicht Steve Jobs, sondern ein junger Bursche namens Bill Gates. Sein Startup Microsoft entwickelte für den Computerhersteller IBM das Betriebssystem MS-DOS. In den 80er Jahren entdeckte Gates beim damaligen Partner Apple die intuitive Bedienung per Maus und ließ daraufhin die Benutzeroberfläche Windows entwickeln, die später Bestandteil aller Systeme wurde. 1985 kam die erste Version heraus, die ersten großen Erfolge gelangen in den 1990er Jahren mit Windows 3.0 und Windows 3.1. Heute ist Microsoft ein Software-Gigant und Windows der Quasi-Standard auf PCs. Quelle: dpa
Windows 95 bedeutete für Microsoft den Durchbruch – spätestens seit der Präsentation im namensgebenden Jahr 1995 kam kein Computerhersteller mehr an dem Betriebssystem vorbei. Damals führte der Software-Konzern auch den Start-Button ein, über den heute Millionen von Nutzern Programme aufrufen oder auch den Rechner ausschalten. Weitere Meilensteine in der Entwicklung sind Windows XP (2001) und Windows 7 (2009). Aktuell vermarktet Microsoft Windows 8. Quelle: dpa
Steve Jobs verhalf nicht nur der grafischen Benutzeroberfläche zum Durchbruch, sondern auch dem Touchscreen: Nach seiner Rückkehr zu Apple ließ er das iPhone entwickeln – hier die Präsentation im Januar 2007. Es war zwar nicht der erste Handy mit berührungsempfindlicher Oberfläche, hatte aber dank seiner intuitiven und ruckelfreien Bedienung so viel Erfolg wie kein Gerät zuvor. Für damalige Verhältnisse war das revolutionär, heute ist es Standard. Denn Apple fand viele Nachahmer. Quelle: AP
Auch im iPod Touch setzte Apple später seinen Touchscreen ein. Inzwischen kommt die Technologie in immer mehr Geräten zum Einsatz, auch in Notebooks oder Uhren. Quelle: AP

Getrieben vom Ziel, Apples Preisvorgabe so nahe wie möglich zu kommen, verzichtet IBM sogar darauf, sich die exklusiven Rechte an Gates’ und Allens Software MS-DOS zu sichern. Dieser strategische Fehler kostet "Big Blue" später die Führungsrolle im PC-Geschäft. Denn das Betriebssystem MS-DOS wird, weil es auf fast allen neuen Rechnern installiert wird, zum Quasi-Standard.

Später zementiert die grafisch und multimedial aufgepeppte Windows-Software Microsofts Dominanz als Multi-Milliarden-Konzern. Auch wenn längst das Smartphone zum persönlichsten aller persönlichen Computer geworden ist – erst recht, nachdem Apples iPhone die Multimediatelefone massentauglich gemacht haben –, bis heute dominiert Windows die PC-Welt, läuft auf nahezu 90 Prozent aller neuen Rechner weltweit.

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