Algorithmen Big Data schafft den Zufall ab

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"Ganz böse Mathematik"


Die Kunst von Big Data besteht darin, den richtigen Algorithmus zu entdecken. Um die richtigen Rechenformeln zu finden, schreiben Unternehmen riesige Wettbewerbe aus. Quelle: dpa, Montage

In Zeiten leerer Gesundheitskassen, fördern Regierungen und Behörden den Trend, denn der genaue Blick auf den eigenen Körper kann vielleicht eines Tages dafür sorgen, dass Symptome frühzeitiger erkannt und sinnvolle Behandlungen rechtzeitig eingesetzt werden können. Wenn es um die eigene Gesundheit geht, kann das neue Sammeln und Analysieren von Daten also quasi als Arzt-Ersatz fungieren – so die Hoffnung vieler, die sich daran beteiligen.

Viel mehr als Tabellen und keine Fachkompetenz

Diese Fülle an Quellen und Formen hebt die Daten von heute nicht nur quantitativ auf ein neues Niveau. Wir haben es auch qualitativ mit ganz anderen Informationen zu tun. Es reicht nicht die vernetzten Informationen einfach in Reihen und Kolumnen zu packen. Die unstrukturierten Daten müssen bereinigt werden. Bilder, Musik, Kontaktnetze, Blutbilder – all das muss in Zahlen umgewandelt werden, um es mathematisch nutzbar zu machen.

„Das ist ganz böse Mathematik“, sagt Stefan Edlich von der TU Berlin. „Es muss eine technische Architektur um die Daten herum aufgebaut werden“, sagt er. Die Kunst sei es, den richtigen Algorithmus zu entdecken, der dafür sorgt, dass das gewünschte Ergebnis ausgespuckt wird. Um die richtigen Rechenformeln zu finden, schreiben Unternehmen riesige Wettbewerbe aus. Berühmt sind die Aktionen des Startups Kaggle, dass sich auf diesem Weg das Wissen der Netzgemeinde zunutze machte.

Die wichtigsten IT-Trends

Die Idee dahinter erklärte Jeremy Howard, Chefwissenschaftler von Kaggle, im vergangenen Sommer mit den Worten: „Wettbewerbe bringen Menschen aus verschiedenen Bereichen mit ganz unterschiedlichen Fragestellungen zusammen. So beschäftigen sich Menschen mit Sachen, die sie sich nie angesehen hätten.“ Diese stärkere vernetzte Zusammenarbeit, der richtige Algorithmus und die Korrelation der Daten sind also ein Muss, damit das Big-Data-Vorhersage-Modell am Ende funktioniert.“ Denn der Algorithmus ist laut Experten der Schlüssel zum Erfolg, auch wenn das abgedroschen klingen mag.

Jürgen Boiselle vom Datenexperten Teradata formuliert es so: „Die Rohdaten sind wie ein Diamant, der freigeschliffen werden muss.“ Der Spezialist gehört ebenfalls zu dem Kreis, der im Zuge der Cebit zu dem Thema Big Data referieren wird. Sein Thema: Die Kombination aus Big Data und Marketing, wovon er den Unternehmen hohe Umsätze verspricht. Und genau zu diesem Zweck würden die meisten Big-Data-Anwendungen aktuell auch genutzt. Er, wie fast jeder in der Branche, schreit im Hinblick auf den Fachkräftemangel in der IT-Branche auf. „Wir brauchen Leute, die das technische Fachwissen, Know-how in Bezug auf das Unternehmen und die Kreativität für mögliche Anwendungsfelder mitbringen“, sagt er.

Wir sind vorhersehbar

Fasst man all diese Trends, Entwicklungen und Stimmungen zusammen, bleibt ein Gefühl zurück: Big Data ist keine Eintagsfliege, es ist ein Trend, der sich massiv weiter entwickeln wird. Klausnitzer untermauerte diese These mit den Forschungsergebnissen des Physikers Alpert-László Barabási. Er sagt, „dass die Analyse der elektronischen Datenspuren unsers digitalen Lebenstils ein klares Bild ergeben: Viele Muster im menschlichen Verhalten, von denen wir bis jetzt der Meinung waren, dass sie zufällig seien, folgen vorhersehbaren Gesetzen.“ Was den Physiker selbst am meisten erstaunte war, dass seine Versuchsreihe eine Vorhersehbarkeit von mindestens 80 Prozent ergab. Es scheint so zu sein, dass mit dem Grad unseres Vernetztseins auch die Vorhersagbarkeit unseres Handelns genauer zu bestimmen ist.

Wenn man sich nun überlegt, in welche Richtung sich unsere Vernetzung im Alltag mit Entwicklungen wie Google Glass, Smart Grids oder smarten Autos noch weiter steigern lässt, scheint es auf einmal alles andere als unwahrscheinlich, dass sich mit der puren Auswertung von Daten, Zufälle verringern lassen.

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