Alphabet-Quartalszahlen Googles Suchmaschine enttäuscht die Wall Street

Google-Konzern: Der neue Alphabet-Chef Sundar Pichai hat dieses Jahr etliche Herausforderungen zu meistern. Quelle: imago images

Sundar Pichais erste Jahresendzahlen sind enttäuschend. Suchmaschine Google verzeichnet vergleichsweise magere Zuwächse. 2020 könnte für den neuen Alphabet-Chef ein entscheidendes Jahr werden. Es gibt viele Baustellen.

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Es waren die ersten Quartalszahlen unter der Ägide des neuen Alphabet-Chefs Sundar Pichai. Seit dem Rückzug von Larry Page steht der gebürtige Inder seit Anfang Dezember an der Spitze des Google-Mutterkonzerns. Ein eher symbolischer Anlass. Denn die alles dominierende Tochter Google führt Pichai schon seit Oktober 2015. Und die überraschte am Montag negativ – mit für ihre Verhältnisse schlechten Zahlen. Das Weihnachtsgeschäft ist wegen seiner hohen Werbeausgaben durch Online-Händler normalerweise eine sichere Bank für den Silicon-Valley-Konzern. Diesmal patzte er mit einem Umsatzzuwachs von nur 17,3 Prozent – das magerste Plus in dem entscheidenden Jahresendquartal seit vier Jahren.

Hatte der Alphabet-Kurs in freudiger Erwartung der Zahlen vor Bekanntgabe der Quartalszahlen noch um 3,6 Prozent zugelegt, um sich knapp jenseits der eine Billion Dollar Börsenbewertung einzupendeln, rutschte er nach Börsenschluss um streckenweise fast fünf Prozent ab. Da half auch nicht, dass der Quartalsprofit die 10 Milliarden Dollar um 600 Millionen Dollar übersprang, auf insgesamt 34,3 Milliarden Dollar fürs Gesamtjahr.

Denn die Alphabet-Zahlen stehen im Gegensatz zu Amazon, das gerade ein traumhaftes Schlussquartal vermelden konnte, und Wettbewerber Facebook, der trotz höherer Kosten gutes Wachstum auswies. Facebook und auch Amazon bauen ihre Werbegeschäft kontinuierlich aus und machen so Boden gut. Auch wenn alle drei noch von einem Wachstumsmarkt profitieren, geht das Vordringen der Konkurrenten letztlich doch vor allem zu Lasten von Alphabets Werbegeschäft.

von Matthias Hohensee

Was das iPhone bei Apple, ist bei Alphabet die Google-Suchmaschine. Auch 21 Jahre nach der Gründung ist das Unternehmen von ihr abhängig, sowohl vom Umsatz als auch mehr noch vom Profit. Mit 27,1 Milliarden Dollar steuerte sie über die Hälfte des Q4-2019-Umsatzes von 46 Milliarden Dollar bei – ein Zuwachs von 16,3 Prozent gegenüber Q4 2018. Übers Jahr gesehen blieb sie mit 98,1 Milliarden Dollar nur leicht unter der 100-Milliarden-Dollar-Marke.

Die Umsätze der diversen anderen Alphabet-Aktivitäten – wie die Selbstfahrtochter Waymo – muten zur Suchmaschine wie Rundungsfehler an. Im vierten Quartal machten sie gerade mal 172 Millionen Dollar aus, beziehungsweise respektablere 650 Millionen Dollar über das Jahr.

Pichai überraschte am Montag zumindest mit etwas mehr Transparenz. Während sein Vorgänger Larry Page sich noch gesträubt hatte, mehr Einblick in die Segmente zu geben, offerierte sein Nachfolger erstmals Umsätze für das Videonetzwerk Youtube und die Google Cloud.

Wohl nicht nur wegen strengerer Regeln der Börsenaufsicht SEC, sondern weil sie auch ein bisschen vom Ausrutscher bei der Suchmaschine ablenkten. Denn Youtube und die Cloud wachsen kräftig. Der Umsatz mit Youtube Werbung legte in den vergangenen zwei Jahren von 8,1 Milliarden Dollar auf 15,1 Milliarden Dollar zu. Nicht darin enthalten sind andere Einnahmen, etwa aus Lizenzgeschäften und Abonnements. Wall-Street-Analysten konnten die Zahlen jedoch nicht vom Hocker reißen. Sie hatten die Youtube-Umsätze bislang jenseits der 20 Milliarden Dollar verortet. Schließlich hat Youtube rund zwei Milliarden Nutzer. Pichai drehte es ins Positive, räumte im Konferenz-Call ein, dass beim Youtube-Umsatz „noch eine Menge Raum nach oben“ ist.

Der Cloud-Umsatz hat sich in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Von rund 4 Milliarden auf 8,9 Milliarden Dollar im Jahr 2019. Auch hier ist mit 2,6 Milliarden Dollar Quartalsumsatz noch eine Menge Luft. Zum Vergleich: Amazon Web Services erzielte im vergangenen Quartal fast 10 Milliarden Dollar. Microsoft Intelligent Cloud Business, das zusätzlich etliche Softwareprodukte und Dienstleistungen umschließt, kam gar auf 11,9 Milliarden Dollar.

Thomas Kurian, der von Oracle abgeworbenen neue Cloud-Chef, ist eifrig bemüht den Rückstand auf die Marktführer Amazon und Microsoft aufzuholen. Allerdings hat das auch seinen Preis. Im vergangenen Jahr kaufte Alphabet für Google Cloud vier Unternehmen dazu, darunter für stolze 2,6 Milliarden Dollar den Analytik-Spezialisten Looker aus Santa Cruz. Das schlug sich auch in den Alphabet Ausgaben nieder, die mit 36,8 Milliarden Dollar fast sechs Milliarden Dollar über dem vierten Quartal 2018 lagen.

Doch damit der Hürden nicht genug. Der neue Alphabet-Chef hat dieses Jahr noch etliche weitere Herausforderungen zu meistern. Angefangen beim Unmut im Konzern, wie stark sich Google bei Regierungs-und Militärprojekten engagieren soll. Dann die Angriffe von Facebook und Amazon im Kerngeschäft mit Online-Werbung. Schließlich die Auseinandersetzung mit Wettbewerbshütern der EU über Android und Preisvergleiche. Ende März wird sich der oberste Gerichtshof mit der Klage von Oracle beschäftigen. Das Unternehmen fordert von Google neun Milliarden Dollar Schadenersatz, weil es sich bei Android angeblich zu stark beim Java Code bedient habe. Oracle hatte die Programmiersprache beim Kauf von Sun Microsystems erworben.

Und nicht zu vergessen: Abbhängig vom Ausgang der US-Wahl, gibt es leise oder auch lautere Forderungen heimischer Politiker, Google aufzubrechen. 2020 wird also ein entscheidendes Jahr für Alphabet.

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