Andrew Bosworth "Wir stehen erst am Anfang der mobilen Revolution"

Andrew Bosworth ist bei Facebook für die Technologie hinter dem Anzeigengeschäft verantwortlich. Im Interview erklärt er, warum das Geschäft mit dem Smartphone gerade erst angefangen hat – und warum ein gewisser Mark Zuckerberg als sein Student in Harvard geschwänzt hat.

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Andrew-Bosworth Quelle: Presse

WirtschaftsWoche: Facebook wurde gegründet, als die meisten Menschen noch über PCs ins Internet gingen. Fast hätte das Unternehmen den Wandel auf die mobile Welt verpasst. Sie haben diesen dann erfolgreich umgesetzt. Auf welche technologischen Umbrüche bereiten Sie sich als nächstes vor?
Andrew Bosworth: Komischerweise reden viele Menschen über den Wandel hin zum mobilen Internet so, als sei das Ganze schon abgeschlossen. Für mich steht fest: Wir stehen er erst am Anfang eines fundamentalen Veränderungsprozesses. Ich verbringe deshalb eine Menge Zeit damit, mir Gedanken zu machen, wie die Menschen noch regelmäßiger und effizienter ihre Mobiltelefone benutzen können, um ihre Alltagsprobleme zu lösen.

Das Handy noch öfter benutzen? Viele Menschen sind damit doch schon fast 24 Stunden online.
Genau. Aber noch ist alles auf Ihrem Smartphone sehr fragmentiert. Wenn Sie sich etwa mit Freunden in einem Restaurant verabreden wollen, brauchen Sie erst eine App, um rauszufinden, welches Restaurant in der Nähe am besten ist. Dann eine andere, um eine Reservierung zu machen. Und noch eine, um das Ergebnis Ihren Freunden mitzuteilen. Das geht sicher besser.

Lassen Sie uns raten: Facebook soll dabei helfen?
Ja, indem wir es etwa leichter machen, wie sie mit allen Läden oder Restaurants, mit denen Sie auf Facebook bereits vernetzt sind, kommunizieren. So einen Test führen wir seit Herbst letzten Jahres in den USA mit Veranstaltungen durch. Viele Menschen suchen bei uns, sagen wir, nach Konzerten, und gelangen von Facebook aus auf die Seiten von Tickethändlern. Nun arbeiten wir etwa mit Ticketmaster und Eventbrite zusammen, um den Nutzern eine viel einfachere Transaktion auf Facebook zu ermöglichen. Ein Klick sollte dafür reichen. Ähnliches könnten wir auch für Essensbestellungen einführen oder für Terminvereinbarungen beim Frisör.

Was sind Sie: Freund oder Feind der Tickethändler?
Definitiv ein Partner. Jeder Markt ist anders und wir haben bereits eine Menge Nutzer und eine Menge Unternehmen auf unserer Plattform. Unsere Partner wie Eventbrite haben ihrerseits bereits gute Produkte mit vielen Funktionalitäten. Bei Eventbrite etwa können die Kunden eigene Veranstaltungen organisieren. Wir möchten beides auf Facebook zusammenbringen, sodass in Zukunft kein Nutzer mehr für solche Transaktionen drei, vier einzelne Seiten im Netz öffnen muss.

LinkedIn wiederum machen Sie sehr wohl Konkurrenz und wollen nun auch Jobsuchende und Arbeitgeber zusammenbringen.
Unternehmen nutzen Facebook schon lange, um für Talente zu werben. Wir haben das nun, simpel gesagt, für alle Beteiligten vereinfacht.

„Innovationen bei Facebook passieren oft, indem wir auf unsere Nutzer hören“

Diese Vereinfachung, von der Sie sprechen, gibt es neuerdings schon auf dem Handy. Man kann als iPhone-Nutzer etwa Siri ansprechen, die sofort einzelne Apps abruft. Wie wollen Sie sich da absetzen?
Es geht nicht ums Absetzen, sondern darum, wie wir dem Nutzer Mehrwert bieten können. Die Menschen haben bereits nach Jobs auf Facebook gesucht. Also haben wir ein Angebot daraus gemacht. So haben wir auch gemerkt, dass es viele Gruppen gibt, in denen Menschen nach bestimmten Dingen zum Kaufen suchen, etwa gebrauchte Babykleider. Deshalb testen wir nun auch einen Marktplatz für Gebrauchtwaren in den USA und in Chile. Innovationen bei Facebook passieren oft, indem wir auf unsere Nutzer hören.

Wie wird Facebook mit diesen neuen Diensten Geld verdienen? Durch Transaktionsgebühren?
Wir verdienen unser Geld durch Werbung.

Wieviel Umsatz planen Sie mit solchen neuen Einnahmequellen zu generieren?
Darüber mache ich mir noch keine Gedanken. Auch wenn es wie eine PR-Sprechblase klingt: Uns geht es immer darum, ein besseres Produkt herzustellen. Die Umsätze kommen dann von alleine.

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Sie haben in Harvard studiert und als Assistent Ihres Professors einen Kurs über Künstliche Intelligenz gelehrt. Einer Ihrer Studenten hieß Mark Zuckerberg. Wie war Ihr Boss so als Student?
Auch Kang Xing Jin, ein anderer heutiger Top-Manager bei Facebook, war zusammen mit Mark in dem Kurs. Mark war immer etwas abgelenkt und hat nicht allzu viele Stunden besucht, weil er damit beschäftigt war, Facebook zu gründen.

Haben Sie ihn aus dem Kurs geworfen?
Nein, er war ein guter Student. Und meine Stunden waren optional, also musste ich ihn gar nicht rausschmeißen. Kang Xing war immer da. Wahrscheinlich hat er seine Mitschriften an Zuck weitergegeben.

Zuckerberg ist nicht in Ihren Unterricht gekommen, aber Sie haben später bei ihm angefangen zu arbeiten. Warum?
Er kam zu anderen Kursen, die ich unterrichtet habe, und die Pflichtveranstaltungen waren. Also hatte ich genügend Gelegenheit rauszufinden, was für ein Typ er ist. Und als sie einen Experten für Künstliche Intelligenz bei Facebook suchten, war ich der einzige Fachmann, den Mark gut kannte. Als er anrief, habe ich sofort zugesagt.

Als solcher Fachmann für Künstliche Intelligenz machen Sie sich aber - mobile Revolution hin oder her - sicher auch Gedanken, wie diese Technologie ihr Business verändern wird.
Wie gesagt, die mobile Welle baut sich erst auf, gerade für Unternehmen. Dafür müssen sie sich aber auch für diese Innovationen öffnen. Wer stehen bleibt, wird abgehängt, egal wie verführerisch der Status Quo ist. Und klar beschäftigte ich mich auch mit künstlicher Intelligenz. Messenger Bots sind schon eine sehr nützliche Erfindung. Und schon heute hat mir meine Frau mein Weihnachtgeschenk wegen News-Feed-Werbung gekauft, die ihr von künstlich intelligenten Systemen eingespielt wurde. Ihr Geburtstagsgeschenk für Sonntag habe ich auch auf diese Art besorgt: Ein Fön von Dyson. Es heißt, das sei der große Hit gerade.

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