Die überlange Eröffnungsrede der diesjährigen Entwicklerkonferenz demonstriert, in welchem Dilemma Apple steckt. Der Konzern ist voll mit der Pflege seiner bestehenden Produktlinien beschäftigt. An Veränderungswillen, das beweist schon die Zahl der präsentierten Neuerungen, mangelt es nicht. Aber alles dreht sich - mit Ausnahme des HomePods - um Verbesserungen bestehender Angebote. Ein Luxusproblem, besonders wenn Apple für seinen neuen iMac Pro schlappe 5000 Dollar verlangen kann.
Aber eben nicht wegweisende Innovationen – so wie einst der iPod, das iPhone oder der iPad, die ganze Produktkategorien neu definierten. Selbst die Hoffnung, dass Apple endlich Microsoft, Google, Samsung und Facebook Oculus mit der Präsentation eines eigenen Produkts bei Virtueller und Erweiterter Realität Paroli bieten würde, erfüllte sich am Montag nicht. Zumindest wird mit der neuesten Version von iOS nun eine Programmierschnittstelle bereitgestellt, damit erweiterte Realität nicht nur auf Android, sondern auch iPhone und iPad erlebbar wird. Und damit auf „hunderten Millionen von iPhone und iPads“ (O-Ton- Federighi). Über Nacht, so tönte Apples Softwarechef trotzig, habe man damit die größte Plattform für Erweiterte Realität geschaffen. Jetzt sollen die externen Entwickler erstmal vorlegen, bevor Apple sich mit einer eigenen Datenbrille an den Markt wagt.
Die Ironie ist, dass Cook gerade wegen des Mangels an Risiko Apple zum wertvollsten Konzern der Welt gemacht hat. In den sechs Jahren seiner Ägide hat er zwar keinen neuen Mega-Bestseller hervorgebracht – die Apple Watch war es jedenfalls nicht – aber eben auch keinen Flop.
Zahlen und Fakten zum Mobilfunk-Markt
Im vergangenen Jahr wurden rund 1,5 Milliarden Smartphones verkauft. Das war ein Wachstum von zwei bis fünf Prozent im Vergleich zu 2015 - die Berechnungen einzelner IT-Marktforscher weichen etwas voneinander ab.
Noch im Jahr davor war der Absatz um mehr als zehn Prozent gewachsen. Als zentrale Auslöser für die Abkühlung gelten die wirtschaftlichen Turbulenzen im größten Smartphone-Markt China sowie anderen Ländern wie Russland.
Samsung blieb auf das gesamte Jahr gerechnet der größte Smartphone-Anbieter mit einem Marktanteil von gut 20 Prozent, Apple ist die Nummer zwei mit knapp 15 Prozent.
Im Weihnachtsgeschäft wurden die Apple-Verkäufe aber vom iPhone 7 beflügelt und bei Samsung schlug das Batterie-Debakel beim Galaxy Note 7 auf den Absatz. Im Ergebnis schob sich Apple in dem Quartal mit 78,3 Millionen verkauften iPhones knapp an Samsung vorbei.
Anbieter aus China haben sich - vor allem dank der Größe des heimischen Marktes - weltweit in die Spitzengruppe vor. Die drei Hersteller Huawei, Oppo und BBK schließen nach Samsung und Apple die globale Top 5 ab und kamen zusammen auf gut 20 Prozent Marktanteil.
Bei den Smartphone-Betriebssystemen dominiert Googles Android-Software mit einem Marktanteil über 80 Prozent. Den Rest füllt weitgehend das iOS von Apples iPhones aus. Andere Betriebssysteme wie Windows Phone oder Blackberry OS sind inzwischen praktisch bei Null angekommen. Dabei wurde mit ihnen einst die Hoffnungen verbunden, dass sie zur starken Nummer drei im Markt werden könnten.
Im vergangenen Jahr gab es nach Berechnungen von Experten weltweit rund 7,4 Milliarden Mobilfunk-Anschlüsse. Zum Jahr 2020 dürfte ihre Zahl auf knapp 8,4 Milliarden ansteigen, prognostiziert der IT-Marktforscher Gartner.
Behutsam entwickelt er stattdessen die bestehenden Produkte weiter und hat Angebot und Nachfrage bislang relativ gut ausbalanciert. Wahrscheinlich ist seine größte Stärke, seine Update-Strategie trotz massiver Kritik stoisch fortgesetzt zu haben. Das iPhone hat noch für etliche Generationen Upgrade-Potential.
Die einzige Gefahr ist, dass Apple vom Nachfolger des Smartphones überrumpelt wird. Aber das kann noch Jahre dauern. Bis dahin kann man sicher sein, dass weiterhin Hunderte Millionen Kunden schon aus Bequemlichkeit zu Apple-Produkten greifen werden.
Die Drahtlos-Ohrhörer AirPods, wegen ihres Designs und hohem Preis bei der Präsentation im September verrissen, sind immer noch nur mit Wartefristen von sechs Wochen lieferbar. Wahrscheinlich wird sich das mit dem HomePod, dem „one last thing“ wiederholen. Es wäre schön, wenn Cook auch mal wieder „one really new thing“ vorstellen würde. Er muss auf das völlig Neue ja nicht gleich den Konzern verwetten. Ein bisschen Magie würde nicht schaden.