Apple-Entwicklerkonferenz Das Dilemma des Erfolgs

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Stoische Update-Strategie

Die überlange Eröffnungsrede der diesjährigen Entwicklerkonferenz demonstriert, in welchem Dilemma Apple steckt. Der Konzern ist voll mit der Pflege seiner bestehenden Produktlinien beschäftigt. An Veränderungswillen, das beweist schon die Zahl der präsentierten Neuerungen, mangelt es nicht. Aber alles dreht sich - mit Ausnahme des HomePods - um Verbesserungen bestehender Angebote. Ein Luxusproblem, besonders wenn Apple für seinen neuen iMac Pro schlappe 5000 Dollar verlangen kann.

Aber eben nicht wegweisende Innovationen – so wie einst der iPod, das iPhone oder der iPad, die ganze Produktkategorien neu definierten. Selbst die Hoffnung, dass Apple endlich Microsoft, Google, Samsung und Facebook Oculus mit der Präsentation eines eigenen Produkts bei Virtueller und Erweiterter Realität Paroli bieten würde, erfüllte sich am Montag nicht. Zumindest wird mit der neuesten Version von iOS nun eine Programmierschnittstelle bereitgestellt, damit erweiterte Realität nicht nur auf Android, sondern auch iPhone und iPad erlebbar wird. Und damit auf „hunderten Millionen von iPhone und iPads“ (O-Ton- Federighi). Über Nacht, so tönte Apples Softwarechef trotzig, habe man damit die größte Plattform für Erweiterte Realität geschaffen. Jetzt sollen die externen Entwickler erstmal vorlegen, bevor Apple sich mit einer eigenen Datenbrille an den Markt wagt.

Die Ironie ist, dass Cook gerade wegen des Mangels an Risiko Apple zum wertvollsten Konzern der Welt gemacht hat. In den sechs Jahren seiner Ägide hat er zwar keinen neuen Mega-Bestseller hervorgebracht – die Apple Watch war es jedenfalls nicht – aber eben auch keinen Flop.

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Behutsam entwickelt er stattdessen die bestehenden Produkte weiter und hat Angebot und Nachfrage bislang relativ gut ausbalanciert. Wahrscheinlich ist seine größte Stärke, seine Update-Strategie trotz massiver Kritik stoisch fortgesetzt zu haben. Das iPhone hat noch für etliche Generationen Upgrade-Potential.

Die einzige Gefahr ist, dass Apple vom Nachfolger des Smartphones überrumpelt wird. Aber das kann noch Jahre dauern. Bis dahin kann man sicher sein, dass weiterhin Hunderte Millionen Kunden schon aus Bequemlichkeit zu Apple-Produkten greifen werden.

Die iPhone-Evolution
Das erste iPhoneFür das Jahr 2007 waren der große Touchscreen ganz ohne Tastatur und die Bedienung per Finger ein radikales Konzept, das die Smartphone-Revolution entscheidend anschob. Dabei verzichtete Apple bei der ersten Version sogar auf den schnellen UMTS-Datenfunk. Quelle: dapd
iPhone 3GEin iPhone 2 gab es nie - stattdessen kam im Sommer 2008 das iPhone 3G, was auf die Unterstützung des 3G-Standards UMTS hinwies. Das Aluminium-Gehäuse wurde durch eine Plastik-Schale ersetzt. Mit dem App Store öffnete Apple die Plattform für Programme verschiedener Entwickler. Quelle: AP
iPhone 3GSMit dem Modell des Jahres 2009 führte Apple sein „Tick-Tock“-Prinzip ein, bei dem die iPhones alle zwei Jahre radikal erneuert werden und es zwischendurch ein „S“-Modell im unveränderten Design, aber mit aufgerüstetem Innenleben gibt. Das 3GS bekam eine bessere Kamera und einen schnelleren Chip. Quelle: AP
iPhone 4Das letzte Modell, das Gründer Steve Jobs noch selbst vorstellte. Das kantige Design des iPhone 4 mit einer gläsernen Rückwand war 2010 aufsehenerregend, zugleich häuften sich zunächst Berichte über Empfangsprobleme mit der Antenne am Außenrand. Quelle: dpa
iPhone 4SApple ließ sich 15 Monate Zeit bis Oktober 2011 mit einer Aktualisierung. Zu den Neuerungen gehörte neben technischen Verbesserungen die Sprachassistentin Siri. Quelle: dpa
iPhone 5Während die Smartphones der Wettbewerber immer größer wurden, erweiterte Apple 2012 zunächst vorsichtig die Bildschirm-Diagonale von 3,5 auf 4 Zoll. Zugleich wurde das Gerät deutlich dünner gemacht und bekam wieder eine Aluminium-Hülle. Quelle: REUTERS
iPhone 5SDie wichtigste Neuerung im Herbst 2013 war der Fingerabdruck-Sensor zum Entsperren der Telefone. Zudem entwickelte Apple unter anderem die Kamera weiter. Quelle: AP

Die Drahtlos-Ohrhörer AirPods, wegen ihres Designs und hohem Preis bei der Präsentation im September verrissen, sind immer noch nur mit Wartefristen von sechs Wochen lieferbar. Wahrscheinlich wird sich das mit dem HomePod, dem „one last thing“ wiederholen. Es wäre schön, wenn Cook auch mal wieder „one really new thing“ vorstellen würde. Er muss auf das völlig Neue ja nicht gleich den Konzern verwetten. Ein bisschen Magie würde nicht schaden.

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