




Besser spät als nie: Apple hat am Dienstag Abend seinen Musikstreaming-Dienst gestartet. Um 17 Uhr schaltete der iPhone-Konzern mit einem Software-Update Apple Music frei. Zu Apple Music gehören ein Streaming-Dienst, bei dem die Songs direkt aus dem Netz abgespielt werden, sowie ein kostenloses Internet-Radio.
Wie sieht Apple Music aus?
Wer bislang die Musik-App auf iPhone oder iPad benutzt hat, wird sich auch bei Apple Music zurechtfinden – das Angebot ist vielmehr ein Upgrade der bestehenden Musik-App. Die vorhandene Musik bleibt auch unter dem Punkt „Meine Musik“ erhalten. Auch die bisherigen iTunes-Playlists gehen nicht verloren und können weiter genutzt werden.
Der deutsche Musikmarkt im Wandel
2005: 1,748 Milliarden Euro
2009: 1,575 Milliarden Euro
2013: 1,452 Milliarden Euro
2014: 1,479 Milliarden Euro
Veränderung 2013/14: +1,8 Prozent
* Gesamtumsatz aus Musikverkauf, Synchronisation und Leistungsschutzrechten
Quelle: Jahrbuch der Musikindustrie
2005: 1,717 Milliarden Euro
2009: 1,402 Milliarden Euro
2013: 1,124 Milliarden Euro
2014: 1,107 Milliarden Euro
Veränderung 2013/14: -1,5 Prozent
* Cds, Schallplatten etc.
2005: 30 Millionen Euro
2009: 173 Millionen Euro
2013: 328 Millionen Euro
2014: 371 Millionen Euro
Veränderung 2013/14: +13,1 Prozent
* Downloads und Streaming
Auch Neueinsteiger werden sich bei Apple Music schnell zu Recht finden. Direkt nach dem Start fragt die App die bevorzugten Genres und Künstler ab – um die Rubrik „Für dich“ füllen zu können. Darunter läuft das, was bei iTunes bislang „Genius“ hieß: anhand persönlicher Musik und Wünschen vorgeschlagene Alben und Playlists.
Die weiteren Funktionen sind selbsterklärend: Ein Klick auf den „Connect“-Button ruft Informationen zum aktuell gespielten Künstler ab – und gibt die Möglichkeit, dem zu folgen. Hinter „Radio“ verbirgt sich neben selbst erstellten Radioprogrammen das größte Alleinstellungsmerkmal von Apple Music: „Beats 1“ ist der App-eigene Radiosender, für dessen rund-um-die-Uhr-Programm Apple unter anderem Radiomoderatoren von der BBC gecastet hat.
Die Navigation ist noch durchwachsen. Zwar sind die Seiten und Playlisten dank der Grundfarbe Weiß übersichtlicher als in der schwarz-dunkelgrün-Welt von Spotify. Doch auch hier kann Apple noch nachlegen. Weil noch der Zurück-Knopf fehlt ist das Umherstreifen ebenso mühsam wie das Weitersuchen nach einer Unterbrechung. Da zeigt Apple zwar kurz die zuletzt besuchte Seite, springt aber dann zur Startseite.
Insgesamt ist die App schlicht und edel gehalten: große Bilder, klare Schrift, viel Weißraum – wie der App-Store für Musik.
Was kann es?
Da kommt es schon zur ersten Hürde: Um Apple Music in der dreimonatigen Probezeit kostenlos hören zu können, fordert die App Sie nach dem Start erst einmal auf, ein Abo für 9,99 Euro im Monat abzuschließen. Kosten fallen zwar in der Tat erst in drei Monaten an, Sie müssen aber die automatische Verlängerung des Monatsabos händisch abschalten – sonst bucht Apple ab Oktober Geld von Ihrem Konto ab.

Wie es geht: In den Account-Einstellungen müssen Sie den Punkt „Apple-ID anzeigen“ wählen. Nach der Eingabe Ihres Passworts können Sie unter „Abos verwalten die automatische Verlängerung deaktivieren – und gegebenenfalls später wieder ein Abo einrichten.
Die weiteren Funktionen ähneln anderen Streaming-Anbietern: Es gibt einen persönlichen Bereich, in dem mir passende Musik vorgeschlagen wird, einen Neuheiten-Bereich zum Stöbern, verschiedene Radios und „Connect“, eine Social-Media-ähnliche Direktverbindung von Fans zu ihren Stars.
Vorgefertigte Playlists – sei es von Apples Musikexperten, externen Größen wie dem Rolling Stone Magazin oder schlicht nach Aktivitäten sortiert – sind einfach zu finden. Auch die gezielte Suche nach Künstlern oder Alben gibt keine Rätsel auf.
Download vs. Streaming
In welchen Ländern wird besonders viel gestreamt - und wo besonders viel heruntergeladen? Einige Daten zum Verhältnis von Einnahmen aus dem Musikstreaming zu Einnahmen aus klassischen Downloadverkäufen in ausgewählten Ländern.
Quelle: IFPI
Stand: 2014
Kanada gehört zum "Download-Lager". Hier machen Einnahmen aus Downloads 83 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung aus. Nur 8 Prozent der Einnahmen kamen aus Gebühren für Musikstreaming.
Auch die Australier sind Fans des Herunterladens von Musik auf ihre Computer und Handys. 82 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Vermarktung von Musik kamen hier aus dem Geschäft mit dem Kauf per Download. 12 Prozent der Einnahmen hingegen stammen aus dem Streaming-Bereich.
Auch die Deutschen besitzen ihre Musik gerne permanent (70 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Vermarktung von Musik stammen hier aus dem Geschäft mit Downloads). Aber: Immerhin 24 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der digitalen Musikvermarktung stammen hier schon von Streaming-Plattformen.
Die Einwohner der USA stehen dem Streaming wohl mehrheitlich skeptisch gegenüber (hieraus stammen nur 14 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung), aber auch Downloads von einzelnen Titeln und Alben generieren nur 55 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der digitalen Musikvermarktung.
In Finnland hingegen können Streaming-Dienste 75 Prozent der Einnahmen (digitale Vermarktung) mit Musik für sich verbuchen. Nur noch 11 Prozent der Einnahmen stammen aus dem Geschäft mit Downloads.
Auch die Norweger müssen ihre Musik nicht zwingend dauerhaft besitzen (aus dem Downloadgeschäft stammen 12 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung). 88 Prozent der Einnahmen aus der norwegischen digitalen Vermarktung von Musik kommen von Streaming-Diensten.
91 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit der digitalen Vermarktung von Musik stammen in Südkorea von Streaming-Diensten. Der Download macht gerade einmal 5 Prozent der Einnahmen aus.
Genau wie in Schweden. Hier kommen ebenfalls nur 5 Prozent der Einnahmen aus der digitalen Musikvermarktung aus Downloads. 92 Prozent der Einnahmen generieren sich aus der Nutzung von Musikstreaming-Diensten.
Komplizierter wird es aber, wenn man die ausgewählten Songs offline verfügbar machen will, um unterwegs nicht das Datenvolumen aufzubrauchen. Zwar gibt es in der Song- oder Playlistansicht die Option „Offline verfügbar machen“, zuverlässig funktioniert hat das aber nicht. Dazu kommt: Um überhaupt die Möglichkeit zu haben, die Musik auf dem Gerät zu speichern, müssen Sie die iCloud-Musikmediathek aktivieren – also seine zuvor lokal gespeicherte Musik in die Apple-Cloud laden. Gefällt nicht jedem.
Zudem schließt Apple einen Teil seiner Kunden aus. Wer nur ein älteres Gerät hat, auf dem das neue Betriebssystem die iOS 8.4 nicht läuft, bleibt erst Mal außen vor. Da sind andere wie Spotify offener. Deren App läuft auch auf Apple-Geräten mit iOS 6.1. Da sollte Apple was tun.
Die Handhabung der Playlists ist auch etwas umständlich. Während Spotify aus einem ausgewählten Lied oder einem Album auf Wunsch sofort eine Playlist macht, muss der Kunde bei Apple zuerst eine Playlist erstellen und kann sie dann erst füllen.
Wie groß ist die Musikauswahl?
Spotify wirbt mit 30 Millionen abrufbaren Songs. Auch Apple hat diese Zahl für seinen Streaming-Dienst genannt, auch wenn das rund 13 Millionen Songs weniger als im iTunes Store sind. Apple hat aber einen großen Vorteil: Exklusivität. Bereits zum Start von Apple Music ist die neue Single „Freedom“ von Pharell Williams nur bei dem neuen Dienst zu hören. Weitere Superstars könnten ihre Musik dort exklusiv bereitstellen – weil Apple das nötige Kleingeld für die nötigen Rechte mitbringt.
Was Kunden am Musik-Streaming schätzen
Ersatz für andere Angebote
Seitdem ich Musikstreaming-Dienste nutze, höre ich kaum noch Musik auf CDs oder Schallplatten.
Stimme zu: 44 Prozent
Stimme nicht zu: 53 Prozent
Keine Angabe: 3 Prozent
Quelle: Bitkom/ Deloitte: Studie Die Zukunft der Consumer Electronics – 2014
Soziale Komponente
Dank Musikstreaming-Angeboten kann ich meine Musik leichter mit Freunden austauschen (z.B. über Playlists, die ich in sozialen Netzwerken teile).
Stimme zu: 64 Prozent
Stimme nicht zu: 32 Prozent
Keine Angabe: 4 Prozent
Neues entdecken
Dank Musikstreaming-Angeboten kann ich leichter neue Musikstücke und -genres entdecken.
Stimme zu: 79 Prozent
Stimme nicht zu: 19 Prozent
Keine Angabe: 2 Prozent
Einfachheit
Musikstreaming-Dienste sind für mich praktisch, da ich damit meine Musik ohne vorheriges Übertragen auf verschiedenen Geräten hören kann.
Stimme zu: 83 Prozent
Stimme nicht zu: 14 Prozent
Keine Angabe: 4 Prozent
Legalität
Ich nutze Musikstreaming-Dienste gerne, weil sie legal sind
Stimme zu: 89 Prozent
Stimme nicht zu: 7 Prozent
Keine Angabe: 5 Prozent
Permanenter Zugriff
An Musikstreaming-Diensten schätze ich vor allem die Möglichkeit, von jedem beliebigen Ort auf sämtliche Musikstücke zugreifen zu können.
Stimme zu: 92 Prozent
Stimme nicht zu: 7 Prozent
Keine Angabe: 2 Prozent
Erste Unstimmigkeiten mit Künstlern gab es aber schon: Zunächst sollten die Musiker während der kostenlosen dreimonatigen Testphase kein Geld erhalten – keine Einnahmen, keine Bezahlung, so Apples Logik. Doch Taylor Swift beschwerte sich öffentlich. Nach großen Protesten sah sich Apple gezwungen, den Künstlern auch in der Probe-Phase eine Entlohnung zuzusichern.
Neben Taylor Swift hat Apple auch einige langjährige Streaming-Verweigerer bekehrt wie Thom Yorke oder den ehemaligen Genesis-Sänger Peter Gabriel. Andere erklärte Streaming-Gegner wie die Toten Hosen oder die Ärzte sucht auch der Apple-Kunde vergebens. Ebenso fehlen einige prominente Namen wie der 80er Jahre Soul-Superstar Prince – und wie bei allen anderen Diensten auch die Beatles.
Interessant für Eltern mit kleineren Kindern – und Fans: Apple bietet auch einige Folgen der Hörspielserie Die drei ??? an. Es sind zwar nicht alle gut 180 Folgen. Aber immerhin die neuesten und einige ausgewählte ältere.