Apple-Neuheiten im Überblick Halbwegs neues iPhone, neue Watch, neue Software

Apple stellt seine neuen Produkte vor und feiert iPhone, Apple Watch und iOS als wahre Offenbarungen. Wie bahnbrechend die vorgestellten Neuheiten wirklich sind.

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Apple iPhone 7 Plus und AirPods Quelle: AP

Zwei Stunden Neuheiten-Schau im Bill Graham Civic Auditorium in San Francisco: Neben netten Spielereien, wie Super Mario für das iPhone, hat IT-Riese Apple am Mittwoch auch neue Geräte vorgestellt: das iPhone 7 und die zweite Generation der Apple Watch, Series 2 genannt.

Auch die jeweiligen Betriebssysteme für Smartphone, Tablet und die Smartwatch werden aufgefrischt. Im Falle von dem Smartphone-System iOS 10 spricht Apple gar von der größten Revolution seit der Premiere des iPhones.

Wie bahnbrechend die vorgestellten Neuheiten wirklich sind, zeigt unser Überblick:

iPhone 7: Das upgedatete Update

Das kann es: Selten brodelt die Gerüchteküche in der IT-Welt so stark wie vor der Premiere eines neuen iPhones. Und in diesem Jahr lagen erstaunlich viele Gerüchte richtig: Das Design hat sich kaum verändert, der Home-Button ist weggefallen, die klassische Kopfhörerbuchse ebenso. Der Prozessor wird schneller (für diese Aussage braucht man aber keinen Experten), zudem erhält das große iPhone 7 Plus (unverändert: 5,5 Zoll Bildschirmdiagonale) eine Dual-Kamera auf der Rückseite. Das iPhone 7 (4,7 Zoll) hat eine einfache Kamera. Die Dual-Kamera ermöglicht einige Foto-Effekte, wie sie auf einem Smartphone bislang nicht möglich waren

Ebenfalls erwartet wurde, dass das iPhone mit dem Wegfall der Kopfhörerbuchse besser gegen Staub und Wasser geschützt sein wird. Was nicht erwartet wurde: Das neue iPhone hat Stereo-Lautsprecher. Damit soll die Tonqualität der Musik und natürlich Soundeffekte bei Spielen besser werden.

Das hat Apple gezeigt
Da ist es also, das neue iPhone. Jetzt mit der Nummer 7 künftiges Statussymbol und Wegbegleiter für viele Fans, Cashcow für Apple. Mit der regelmäßigen Neuauflage seines Smartphones erwirtschaftet der Konzern gigantische Gewinne, zuletzt zeichnete sich aber eine Ermüdung ab. Groß pries der Konzern die Vorzüge und Neuerungen des iPhone 7 an. Tatsächlich sind einige nette Gimmicks dabei. Dass es für eine Neuauflage des einstigen Hypes reicht, ist unwahrscheinlich. Quelle: AP
Was sofort ins Auge fällt: Es gibt das iPhone in neuen Schwarz-Varianten: einmal glänzend ("Jet Black"), einmal matt ("Black"). Auch an der Bedienung ändert sich was: Der Home-Button ist nun nicht mehr real, er gibt ein Vibrations-Feedback. Das hat Apple schon bei der Smartwatch so gelöst. Ein Preisknaller ist das Smartphone weiterhin nicht: ab 649 US-Dollar geht es beim iPhone 7 los. Lieferbeginn ist übrigens am 16. September. Quelle: REUTERS
Die Kamera(s) des iPhone hat Apple deutlich verbessert. Neben den erwartbaren technischen Upgrades vor allem beim größeren iPhone 7 Plus (besserer Bildstabilisator, bessere Blende, mehr Megapixel) hat der Konzern seinem Vorzeige-Smartphone ein paar nette Tricks spendiert: Durch den Einsatz von einer Tele- und einer Weitwinkellinse können etwa besondere Porträts aufgenommen werden, mit einem scharfen Vorder- und einem verschwommenen Hintergrund. Diese Blur-Funktion gibt es aber nur für Nutzer des iPhone 7 Plus und auch das erst per Software-Update im Laufe des Jahres. Quelle: REUTERS
Auch auf die Ohren sollen die Apple-Jünger künftig besser bekommen: Nun gibt es Stereo-Lautsprecher. Zudem ersetzt der Lightning-Anschluss künftig die Kopfhörerbuchse. Der erwartbare Ärger, den diese Information im Vorfeld unter Kopfhörerbesitzern auslöste, war für Apple offenbar Grund genug, einen Adapter zur Verfügung zu stellen. Auch vorhandene Kopfhörer mit 3,5-mm-Klinkenanschluss können also ans iPhone angestöpselt werden. Quelle: REUTERS
Wer beim Musikhören keine Lust mehr auf Kabel hat, trägt künftig die drahtlosen AirPods im Ohr. Die Kosten: stattliche 159 Dollar. In den drahtlosen Kopfhörern steckt ein neuer, von Apple entwickelter Chip. Auch der zu Apple gehörende Kopfhörer-Spezialist Beats bringt drei neue Modelle mit dem so genannten W1-Chip. Dieser soll unter anderem eine bessere Tonqualität bringen. Quelle: REUTERS
Daneben gibt es weitere Verbesserungen. Wasser- und staubdicht nach dem IP67-Standard ist das Telefon jetzt. Der Prozessor ist schneller, das Display heller. Und um die Marketingfloskel des Abends wenigstens einmal zu nennen: Es ist das beste iPhone. EVER. Quelle: dpa
Auch das Upgrade der konzerneigenen Smartwatch Apple Watch konnte sich sehen lassen. Quelle: REUTERS

Zudem hat Apple bei allen Varianten den Speicher verdoppelt. Statt 16, 64 und 128 Gigabyte sind es jetzt 32, 128 und 256 Gigabyte.

Das ist gut: Über den Verzicht auf die Kopfhörerbuchse und den Home-Button kann man sicher streiten – heute zumindest. Apple hat immer wieder mit Branchen-Standards gebrochen, alte Schnittstellen weggelassen und neue etabliert. Und es hat funktioniert. Deshalb ist dieser Schritt im Großen und Ganzen positiv zu sehen. Dass man so radikale Schritte aber in einem alten Design verpackt hat, ist weniger schön. Das Gehäuse ist dem alten einfach zu ähnlich. Vorteile, die die neue Technik bietet, werden (noch) nicht genutzt.

Zumindest auf dem Papier lesen sich die neuen Funktionen der Dual-Kamera hervorragend. Der Porträt-Modus ist einzigartig, auch der versprochene Zoom bei einer Smartphone-Kamera könnte die Art und Weise, wie wir Smartphone-Fotos aufnehmen, auf Dauer verändern. Schlüsselwort: könnte. Denn auch schon mit dem ach so revolutionären Live-Foto beim iPhone 6S hat Apple eine echte Kamera-Neuheit gebracht. Wirklich durchgesetzt haben sich die verwackelten Live-Bilder aber nie. Deshalb gilt auch für die neuen Kamera-Features: Erstmal abwarten, wie es die Menschen nutzen. Vielleicht haben wir uns ja längst mit dem festen Bildausschnitt bei Smartphone-Kameras ganz gut abgefunden.

Die Evolution des iPhones

Das ist schade: Das Rad erfindet Apple nicht neu. Was der Konzern gezeigt hat, ist ein rundum gutes Smartphone auf aktuellem Stand der Technik – und im Falle der Dual-Kamera sogar ein bisschen mehr. Die Tatsache, dass quasi alle Features im Kern schon vorher bekannt waren und Apple bei der Präsentation nur einige Demos und Zahlen nachschieben kann, zeigt vor allem eines: Fünf Jahre nach Steve Jobs hat der Konzern seine Magie verloren. Er bietet gute Premium-Ware. Ob im September 2017, wenn wir über ein iPhone 7S oder iPhone 8 reden, echte Überraschungen dabei sind, darf angezweifelt werden.

Dann kommt es: Ab diesem Freitag, den 9. September, können das iPhone 7 (ab 649 Dollar, wie das iPhone 6S) und das iPhone 7 Plus (ab 769 Dollar) bestellt werden. Die Auslieferungen starten eine Woche später, also Freitag den 16. September. Die Kunden haben dabei die Wahl zwischen einem Gehäuse in Silber, Gold, Roségold, einem matten Schwarz ("Black") und einem glänzenden Schwarz ("Jet Black"). Letzteres ist neu und sieht in etwa so aus wie das Display in ausgeschaltetem Zustand. Es soll damit kein Übergang zwischen Display und Gehäuse sichtbar sein. Wie gut das neue Gehäuse in der Hand liegen wird, zeigt sich dann ab kommenden Freitag, wenn das Gerät in den Handel kommt.

iOS 10: Sinnvolle Verbesserungen im Detail

Das kann es: Seit der Premiere von Siri mit dem iPhone 4S im Jahr 2011 hat Apple seinen Sprachassistenten isoliert. Nur Apple-Apps konnten auf Siri zugreifen und umgekehrt. Das ändert sich jetzt, die Siri-Schnittstelle wird für alle Entwickler freigegeben. So werden auch Sprachbefehle wie „Schreibe eine Whatsapp-Nachricht“ oder „Ist mein Zug pünktlich“ möglich, da Siri künftig auch auf andere Apps zugreifen kann.

Zudem gibt es in iOS 10 eine überarbeitete Foto-App, die eigenständig Bilder in einen Zusammenhang bringen und so etwa ein Album einer Reise erstellen kann. Das soll laut Apple direkt auf dem Gerät geschehen. Es wandern also keine Daten und Fotos ungewollt in die Cloud.

Auch die Nachrichten-App hat ein Update erhalten. So können jetzt Websites und YouTube-Videos direkt in dem Chatverlauf angezeigt werden. Bislang gab es nur Links, die dann eine andere App geöffnet haben. Dieser Schritt fällt damit weg.

Bei anderen Neuheiten ist es noch offen, ob sie im Alltag wirklich eine Verbesserung darstellen oder auf Dauer nerven: Sobald das Telefon hochgehoben wird, geht das Display an – es muss nichts mehr gedrückt werden. Wird der Homescreen nach links weggewischt, öffnet sich direkt die Kamera-App – was den schnellen Kamera-Zugriff ermöglichen soll. Und zuletzt erhalten die Pop-up-Fenster künftig mehr als nur einen kleinen Text – so können etwa Termine direkt zugesagt/abgelehnt oder die Position des bestellten Uber-Fahrers verfolgt werden.

Das ist gut: Einige der Shortcuts können dem Nutzer das Leben einfacher machen. Apps und Funktionen werden nicht mehr entwickelt, um den Nutzer möglichst lange auf einem Angebot zu halten oder ihn zu einem Kauf zu bewegen. Er soll das Gerät so einfach und natürlich wie möglich bedienen können – der Rest kommt dann von alleine. Und die Gefahr sinkt, dass er aus Frust zu einem Android-Smartphone abwandert.

Zudem fallen einige der Grenzen – oder werden zumindest niedriger. Den meisten Kunden ist es egal, von welchem Unternehmen eine App kommt und ob Siri nun darauf zugreifen darf oder nicht. Sie haben sich an den Sprachassistenten gewöhnt und wollen ihn nutzen – Barrieren im Hintergrund nerven nur. Aber dennoch ist die Siri-Integration noch nicht frei von Problemen, wie der nächste Punkt zeigt.

Das ist schade: Dass Siri künftig auch mit anderen Apps funktioniert, ist toll, gilt aber selbst in den USA nur für einen Bruchteil aller iOS-Anwendungen. Dazu zählen immerhin wichtige Messenger wie WhatsApp, LinkedIn und Slack. Weitere Apps sollen folgen – schließlich hat Apple die Schnittstelle erst kürzlich freigegeben. Man wolle die Integration eben ordentlich umsetzen, heißt es vom iKonzern. Klingt plausibel, von der derzeitigen Auswahl haben deutsche Nutzer aber trotzdem noch nicht allzu viel. Wie gut die Sprachassistenz in anderen Apps funktioniert, bleibt abzuwarten. Grundlos ist Apples zögerliches Vorgehen sicher nicht.

Wer bei Apple die Fäden zieht
Apple-Legenden Quelle: AP
Tim CookDer Manager ist seit 1998 im Konzern und übernahm 2011 die Zügel von Gründer Steve Jobs, der nur wenige Wochen später verstarb. Der Sohn eines Werftarbeiters arbeitete zunächst bei IBM und Compaq. Beim iPhone-Konzern brauchte er lange, um aus dem Schatten von Übervater Jobs hervorzutreten. Unter anderem wurde ihm vorgeworfen, keine neuen Produktinnovationen an den Start gebracht zu haben. Darauf reagierte er unter anderem mit der Einführung der Apple Watch. 2014 outete er sich als erster Chef eines amerikanischen Großkonzerns als homosexuell. Quelle: dpa
Jonathan IveDer Brite hat als Chefdesigner einen der einflussreichsten Posten im Konzern. Seit 1992 arbeitet er für Apple. Sein erstes großes Projekt war der iMac, dessen Formsprache Apple-Produkte wie das iPhone oder das iPad bis heute beeinflusst. Im Mai 2015 übernahm er den neu geschaffenen Posten als Designvorstand. Ive ist ein großer Bewunderer des Braun-Designers Dieter Rams. Quelle: REUTERS
Luca MaestriDer Italiener ist seit 2013 im Vorstand von Apple für die Finanzen zuständig. Zuvor sammelte er zahlreiche internationale Erfahrung, unter anderem bei General Motors, Nokia, Siemens Networks und Xerox. Quelle: PR
Jeff WilliamsWilliams ist seit 1998 im Konzern und seit Dezember 2015 Chief Operating Officer. Zuvor arbeitete er 13 Jahre lang für den Computerriesen IBM. Er spielte zunächst eine wichtige Rolle beim Einstieg des Konzerns in den Smartphone-Markt und leitete später die Entwicklung der Apple Watch. Quelle: dpa
Eddy CueEddy Cue ist ein echtes Apple-Urgestein. Der studierte Informatiker arbeitet seit 1989 für den Konzern. Er trieb zunächst den Aufbau des Online-Geschäfts von Apple voran und war später auch für den iTunes-Store und den App Store verantwortlich. Als Senior Vice President für Internet-Software und Dienstleistungen unterstehen ihm heute alle Online-Marktplätze. 2014 wurde er für seine Verdienste um die Entwicklung der Medienbranche mit dem „Spirit of Live“-Preis ausgezeichnet. Quelle: REUTERS
Craig FederighiDer Manager ist studierter Informatiker und Elektroingenieur. 1996 lernte er beim Computerhersteller Next den Apple-Gründer Steve Jobs kennen. Nach drei Jahren beim IT-Unternehmen Ariba kehrte er 2009 zu Apple zurück. Er leitet die Entwicklung der Betriebssysteme iOS und macOS. Das für Apple charakteristisch gewordene minimalistische Design geht auch auf sein Konto. Quelle: AP

Der große Wurf ist Apple mit den weiteren iOS-10-Features nicht gelungen. Detailverbesserungen und Spielereien, mit denen man kurz Freunde beeindrucken kann, sind freilich keine Schande. Das Gefühl, dass früher mehr Lametta war, bleibt trotzdem.

Dann kommt es: Das neue Betriebssystem kann ab dem 13. September für iPhone, iPad und iPod touch heruntergeladen werden. Aber nicht mehr für alle Geräte, für vier Baureihen bleibt iOS 9 das letzte Betriebssystem: das iPhone 4S, der iPod touch der 5. Generation und die 2. und 3. Generation des iPads unterstützen iOS 10 nicht mehr.

Diese Geräte unterstützen iOS 10

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