Apple, Qualcomm und das iPhone Patentkrieg ist nicht mehr als Säbelgerassel

Der Streit zwischen Apple und Qualcomm ist am Ende nur eine Machtdemonstration. Beide Firmen sind nur miteinander erfolgreich. Und das Verkaufsverbot, das der Chiphersteller anstrebt, muss der iPhone-Fan nicht fürchten.

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Der Streit zwischen Apple und Qualcomm ist am Ende nur eine Machtdemonstration. Beide Firmen sind nur miteinander erfolgreich. Quelle: Reuters

Düsseldorf Für viele Anwälte dürfte der Patentstreit zwischen Apple und dem Chiphersteller Qualcomm das sein, was für Fußballfans das Finale einer Weltmeisterschaft ist: eine spannende Angelegenheit mit vielen Wendungen, bei der viel Geld auf dem Spiel steht. Nachdem sich beide Konzerne seit Monaten in den USA einen verbitterten Patenkrieg liefern, ist Qualcomm jetzt auch hierzulande vor Gericht gezogen. Der Chiphersteller will, dass in Deutschland keine Apple-Telefone mehr eingeführt werden dürfen. „Beide Unternehmen verfolgen mit ihren Klagen Ziele, die über den konkreten Streit hinausgehen“, sagt Thomas Adam, Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz von der internationalen Wirtschafskanzlei Simmons & Simmons. Die Firmen seien nicht zuletzt PR-Profis und wollten nur die Bevölkerung von ihrer jeweiligen Ansicht überzeugen.

Zum Hintergrund: Seit Januar streiten Apple und Qualcomm, dessen Chips in vielen Smartphones für Funkverbindungen sorgen, in den USA vor Gericht. Zuerst hatte der iPhone-Hersteller geklagt. Sein Vorwurf: Qualcomm würde für seine Lizenzen zu hohe Gebühren verlangen. Der Chiphersteller aus San Diego erzielt einen wichtigen Teil seines Umsatzes mit diesem Lizenzgeschäft. Qualcomm reagierte mit einer Gegenklage und warf Apple vor, Tatsachen zu verfälschen. Die Reaktion des iPhone-Herstellers: eine Ausweitung der Klage. Dabei bezeichnete Apple das Geschäftsmodell des Chipherstellers sogar als „illegal“. „Da wird mit harten Bandagen gekämpft“, sagt Adam.

Dass Qualcomm jetzt in Deutschland klagt, zeigt, dass der Streit weiter eskaliert. Die Antwort dürfte nicht lange auf sich warten lassen. „Vermutlich hat Apple einen Gegenangriff auf die Klagepatente schon vorbereitet“, schätzt Adam. Qualcomm will erreichen, dass hierzulande keine Apple-Telefone mehr eingeführt werden dürfen. Eine Entscheidung darüber gibt es frühestens in einem Jahr. Der mögliche Verkaufsstart des neuen iPhones im Herbst ist also nicht gefährdet. Dass es überhaupt zu einem Gerichtsurteil und zu einem Verbot des Apple-Smartphones kommen wird, gilt zudem für unwahrscheinlich. „Ich gehe stark davon aus, dass es auf eine außergerichtliche Lösung hinauslaufen wird“, sagt Adam.

Für die Kunden also ist der Patentkrieg nicht viel mehr als Säbelgerassel. „Der Gerichtsstreit dürfte an erster Stelle Mittel zum Zweck sein, um eine bessere Verhandlungsposition herauszuschlagen“, so Adam. Apple stört, dass Qualcomm die Lizenzgelder als einen prozentualen Anteil vom Gerätepreis haben will: Je teurer das iPhone ist, desto mehr Geld muss Apple bezahlen. Der Konzern aus dem kalifornischen Cupertino argumentiert, dass seine Innovationen die Geräte teuer machen, während der Wert der Kommunikationschips gleich bleibe. Qualcomm sieht das – natürlich – anders.


Deutschland als neuer Schauplatz des Patentkriegs

Die USA und Deutschland sind die wichtigsten Absatzmärkte für die Apple-Produkte. „Am Ende sind diese erfahrenen Spieler clever genug, das Maß nicht zu überspannen“, sagt Fachanwalt Adam. Er glaubt, dass sich beide Parteien früher oder später an einen Tisch setzen und einen Kompromiss aushandeln: eine Lizenz, die für beide Parteien wirtschaftlich ist. Ein Ende der Zusammenarbeit würde beiden schaden. Apple braucht Qualcomm: Der Chiphersteller gilt als führend im Markt. Konkurrent Intel wäre für den iPhone-Hersteller kein vollständiger Ersatz.

Und Qualcomm braucht Apple: 30 Prozent des Unternehmensgewinns hängen am iPhone, schätzen Analysten. Was der Patentstreit für Auswirkungen hat, zeigen die Quartalszahlen von Qualcomm: Der Gewinn sank im Jahresvergleich um 40 Prozent, der Umsatz um über zehn Prozent. Wegen des Konflikts bekommt der Chiphersteller derzeit keine Lizenzzahlungen von den Produzenten, die das iPhone für Apple zusammensetzen.

Dass Deutschland zum neuen Schauplatz des Patentkriegs wird, liegt daran, dass die Gerichte hierzulande kostengünstiger sind und schneller arbeiten als in den USA. In Amerika könnte es bis zu einer Entscheidung noch doppelt so lange dauern. Außerdem: „Das deutsche Gerichtssystem ist Patentinhabern gegenüber deutlich wohler gesonnen“, sagt Thomas Adam. „In Amerika ist das Klima gegenüber Patenten zunehmend kritischer.“ Qualcomm dürfte das ähnlich sehen: „Deutschland hat ein besonders attraktives Rechtssystem für diejenigen, die an Rechte auf Eigentum glauben“, sagte Qualcomm-Chefjurist Don Rosenberg der Deutschen Presseagentur. Die Gerichte seien zudem bekannt für eine strikte Rechtsdurchsetzung.

Bei der Klage, die in Mannheim und München eingereicht wurde, geht es unter anderem um ein patentiertes Verfahren, mit dem der Stromverbrauch eines Smartphones intelligent an die jeweils anliegende Aufgabe angepasst werden kann. Auch in den USA geht es um Patente, die das Smartphone nach Qualcomm-Angaben effizienter und leistungsstärker machen sollen. In Deutschland gibt es nach jahrelanger Pause wieder einen aufsehenerregenden Patenkonflikt. Zuletzt hatten sich hierzulande Apple und Samsung mit Klagen überzogen.

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