Ausgerechnet die etwas seltsame Enthüllung der Leberspende ist einer der Gründe, warum das neue Jobs-Buch so lesenswert ist. Zwar interviewte auch Isaacson dank der Vermittlung seines Auftraggebers viele von dessen Weggefährten. Cook, Ive und Cue inbegriffen. Doch diese hätten sich zu dessen Lebzeiten niemals getraut, solch intime Anekdoten zu offenbaren.
Die Mitarbeiter: Wie man Steve Jobs bändigen konnte
Kein Weggefährte bestreitet, dass Jobs ein aufbrausender Typ war. Cholerisch und mitunter beleidigend. Besonders schwierig war es offenbar für jene, die sich nicht zu widersprechen trauten. „Er hatte ein aufbrausendes Temperament, aber mich hat er nie angeschrien“, sagt zwar Regis McKenna mit Blick auf die frühen Apple-Jahre. Der Marketing-Experte und enge Vertrauter von Jobs räumt jedoch auch ein, dass nicht alle Angestellten dieses Glück hatten.
„Ich hatte eine Assistentin, die mir gesagt hat, dass Steve sie zu sich gerufen und dann geschrien und geschrien hat.“ Viele böse Worte seien gefallen. Auf den Vorfall angesprochen sei Jobs jedoch schnell eingeknickt und habe sich entschuldigt.
„Wenn Menschen sich wie Untergebene verhalten haben, hat er sie wie Untergebene behandelt“, sagt McKenna. Wer sich traute, Stärke zu zeigen und Jobs die Stirn zu bieten, wurde hingegen respektiert.
Ed Catmull: Wie Jobs Coaching von Mitarbeitern lernte
Als Jobs 1986 "Star Wars"-Schöpfer George Lucas den Vorgänger des Trickfilmstudios Pixar abkaufte, begab er sich auf unbekanntes Terrain. Im Gegensatz zu Computern verstand er nichts vom Filmemachen. Erstmals war er nicht Gründer, sondern nur Besitzer. Er überließ das Tagesgeschäft Mitgründer Ed Catmull, heute Chef von Disneys Trickfilmsparte.
Trotzdem hielt er mit seiner persönlichen Meinung nicht hinterm Berg - um dann Catmull verwundert zu fragen, warum die Mitarbeiter nur so aufgebracht seien. „Für mich war klar, dass er diese Reaktion nicht bewusst provozierte“, sagt Catmull. „Es war mangelnde Erfahrung, nicht Gemeinheit. Mit seinem wachsenden persönlichen Erfolg und dem von Pixar änderte sich Jobs. Er lernte von Catmull.
Das Leben von Steve Jobs
24.02.1955
Steve Jobs wird in San Francisco geboren und von seiner Mutter Joanne Simpson zur Adoption freigegeben. Paul und Clara Jobs adoptieren das Baby.
Steve Jobs entdeckt am liberalen Reed College in Portland seine Liebe zu Design.
Der 19jährige Jobs heuert bei der Computerfirma Atari an, um Geld für eine Reise nach Indien zu verdienen. Auf seiner späteren Reise wird er zum Buddhisten und Veganer.
Gemeinsam mit Steve Wozniak und Ronald Wayne gründet Steve Jobs am 1. Apri 1976 Apple Computer. Erster Geldgeber ist der ehemalige Intel-Manager Mike Markkula. Wayne steigt nach ein paar Wochen aus, weil Jobs angeblich mit vollen Händen das Geld ausgibt.
Apple stellt auf einer Computermesse den Heimcomputer Apple II vor. Im ersten Jahr werden 2500 Stück verkauft, im Folgejahr schon 8000 und darauf über 30.000 Exemplare.
Im Jahre 1978 wird Steve Jobs Tochter Lisa Brennan Jobs geboren. Zwei Jahre später geht Apple mit einem Jahresumsatz von 118 Millionen US-Dollar an die Börse und macht den 25jährigen Jobs zum Multimillionär mit einem Vermögen von rund 200 Millionen US-Dollar.
Krise bei Apple. Jobs sucht den Machtkampf mit CEO John Sculley, der in Jobs Rauswurf endet.
Im selben Jahr gründet Steve Jobs mit ehemaligen Apple-Mitarbeitern die Computerfirma Next Computer, die eine Workstation entwickelt. Das Startup wird sofort von Apple verklagt.
Next ist in Technik und Design seiner Zeit voraus, allerdings so teuer, dass nur ein paar zehntausend Computer verkauft werden. Schließlich wird die Hardwareproduktion eingestellt und nur noch Software entwickelt.
Steve Jobs kauft Starwars-Schöpfer George Lucas für zehn Millionen Dollar dessen Abteilung für Computergrafik ab, die aus Lucasfilm herausgelöst wird. Das Unternehmen wird später in Pixar umbenannt. Es steht mehrmals kurz vor der Pleite, bis Mitte der neunziger Jahre der Durchbruch mit preisgekrönten Trickfilmen gelingt. Pixar wird zur Legende und im Januar 2006 für 7,4 Milliarden Dollar in Aktien an Disney verkauft. Jobs wird damit zum größten Einzelaktionär des Medienkonzerns.
Steve Jobs heiratet Laurene Powell, die er während einer Rede an der Stanford Unversität im Publikum entdeckt. Das Paar hat einen Sohn – Reed - und zwei Töchter – Erin und Eve.
Weltbekannt durch seinen Trickfilm Toy Story und einen Vertriebsvertrag mit Disney geht Pixar im November an die Börse. Jobs ist auf dem Papier nun rund 1,5 Milliarden Dollar wert.
Wegen minimaler Anteile im PC-Geschäft und zu hohen Entwicklungskosten ist Apple so stark in der Krise, dass die finanziellen Mittel knapp werden. Das Unternehmen kauft Jobs NextComputer für 429 Millionen Dollar und holt mit der Akquise Jobs zurück.
2001 eröffnet Apple den ersten Apple Store im US-Bundesstat Virgina. Im Oktober wird der MP3-Spieler iPod vor, der zum am schnellsten verkauften Unterhaltungselektronikprodukt aufsteigt. Weiterhin stellt sich Apple rund um die sogenannte Digital Hub Strategie auf, in dem der Computer als die zentrale Station für das Konsumieren von digitalen Medien fungiert.
Steve Jobs erhält die Diagnose auf Bauchspeicheldrüsenkrebs und nimmt eine erste gesundheitliche Auszeit.
2007 stellt Steve Jobs im Januar das iPhone vor, das den iPod als Bestseller ablöst. Apple streicht den Zusatz Computer, um seine Rolle als Unterhaltungselektronikgigant zu unterstreichen.
Steve Jobs nimmt seine zweite gesundheitliche Auszeit und bekommt eine Leber transplantiert.
Steve Jobs präsentiert im Januar 2010 den Tablet-Computer iPad. Das Gerät erweist sich als ein voller Erfolg.
Steve Jobs tritt als CEO von Apple zurück und wir Chef des Aufsichtsrats. Tim Cook beerbt ihn im Vorstand des Unternehmens.
Steven "Steve" Paul Jobs stirbt am 05. Oktober 2011 im kalifornischen Palo Alto an den Folgen seiner langwierigen Krebserkrankung.
Wenn er grundlegende Dinge zu kritisieren hatte, tat er das nicht mehr in aller Öffentlichkeit. Er nahm stattdessen den betreffenden Regisseur zur Seite, ging mit ihm spazieren und diskutierte seine persönliche Sicht der Dinge auf freundliche Art. „Was das Potential einer Peinlichkeit hatte, wurde dadurch produktiv und erhöhte den Zusammenhalt“, beobachtete Catmull. Dabei schaute er immer nach vorn, statt lang und breit über Fehler zu diskutieren. „Die Vergangenheit kann lehrreich sein, aber sie ist vorbei“, sagt Catmull. „Daran glaubte er.“
Bob Iger: Wie Jobs seine tödliche Krankheit gestand
Ende Januar 2006 flog Disney-Chef Bob Iger nach Emeryville, dem Hauptquartier von Steve Jobs Trickfilmstudio Pixar. Gemeinsam wollten Jobs und er bekanntgeben, dass Disney Pixar kaufen würde. In einem 7,4 Milliarden-Dollar-Deal, der Jobs zum größten individuellen Aktionär von Disney machen sollte, inklusive Sitz im Aufsichtsrat. Eine halbe Stunde vor der Pressekonferenz bat Jobs Iger auf einen kurzen Spaziergang. Auf einer Parkbank auf dem Campus gestand er ihm, dass sein Leberkrebs zurückgekehrt sei und dass die Chancen hoch seien, dass er nur noch fünf Jahre leben würde.
„Ich erzähle dir das, weil ich dir die Chance geben will, von dem Deal zurückzutreten“, erklärte Jobs laut Iger und bat ihn um strengste Verschwiegenheit. Der Disney-Chef war geschockt. Nicht nur wegen der traurigen Nachricht, sondern weil Jobs ihn damit in ein Dilemma stürzte. Konnte er die Krankheit wirklich vor den anderen Disney-Aktionären verheimlichen? „Du bist zwar unser größter Einzelaktionär“, entgegnete Iger schließlich. „Aber wir kaufen Pixar, nicht dich.“
John Lasseter: Jobs, ein Freund über den Tod hinaus
Wie tief die Verbundenheit zwischen Jobs und manchen Weggefährten wurde, zeigt eine andere Anekdote. So schildert Pixar-Kreativchef John Lasseter ein Ereignis aus dem Jahr 2013, knapp zwei Jahre nach dem Tod des Apple-Chefs. „Ich vermisse Steve wirklich“, habe er damals zu Tim Cook gesagt und sein iPhone aus der Tasche gezogen. Die Telefonnummer von Steve Jobs stand noch immer darin.
Statt einer Erwiderung zückte auch Cook sein Smartphone. Auch er habe die Nummer nicht löschen können. „Es ist es schon komisch”, so Lasseter. „Es gibt diesen kleinen Kreis. Menschen wie Jony [Ive], Tim und ich, die Steve bis zum Ende sehr nahe standen. Niemand versteht, wie sehr wir ihn vermissen.“
Jon Rubinstein: Jobs, der Nachtragende
Dass Steve Jobs zu seinen führenden Kräften ein enges Verhältnis aufbaute, führte immer dann zu Problemen, wenn etwas gegen seinen Willen lief. 2006 verließ Jon Rubinstein, der Entwickler des iPods, Apple. 2007 teilte er seinem ehemaligen Chef per E-Mail mit, dass er eine Stelle bei Palm annehmen werde. Nur vier Sekunden später habe Jobs angerufen und Dinge gesagt, die Rubinstein „geschockt zurückließen“. „Er konnte meine Entscheidung einfach nicht verstehen“, erinnert sich Rubinstein. „Er sagte ‚du hast doch genug Geld, warum gehst du zu Palm?‘“
Das Wohl seiner Firma setzte Jobs bis zum Ende über persönliche Beziehungen. Rubins Wechsel zum Apple-Konkurrenten betrachtete er als Vertrauensbruch und Verrat, für den es keine Entschuldigung gab. Bis zu seinem Tod konnte er Rubinstein nicht verzeihen. Die beiden sprachen nie wieder ein Wort miteinander.