Apple-Zahlen Tim Cook redet Klartext

Wie der Apple-Chef sich äußern würde, wenn er die enttäuschenden Quartalszahlen nicht beschönigen müsste – eine analysierende Glosse.

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Apple-Chef Tim Cook. Quelle: AP

Als Chef des nach Börsenwert mächtigsten Konzern der Welt ist Tim Cook zum dauerhaften Optimismus verdammt. Da auch nur der leiseste Zweifel des Apple-Vorstandschefs ein Börsenbeben auslösen würde – nicht nur für seinen Konzern, sondern auch andere Technologiewerte – muss immer alles super und großartig sein.

Wie aber erklärt man, dass Apple erstmals seit 13 Jahren einen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahresquartal verkraften muss? Dass beim Kernprodukt iPhone, das rund zwei Drittel des Umsatzes des mächtigen kalifornischen Konzernes ausmacht, zum ersten Mal seit Produkteinführung vor neun Jahren die Absatzzahlen zurückgehen? Dass auch der Verkauf von Apples Tablet iPad trotz der im Herbst vorgestellten großen Pro-Variante weiter in die Knie geht? Und auch der Mac, einstige Keimzelle des Konzerns, schwächelt?

Könnte sich Cook ohne Zwang äußern, würde er vor Analysten folgendes darlegen:

Tut mir leid. Wir haben uns allergrößte Mühe in dem Quartal gegeben. Aber die Stimmung ist einfach derzeit weltweit mies. Fragt Google, ich meine Alphabet, fragt Microsoft.

Damit will Apple wieder punkten
"iPhone SE" Quelle: REUTERS
iphone SE Quelle: REUTERS
iphone Quelle: REUTERS
iPhone-Vorstellung durch Apple-Vize Greg Joswiak Quelle: REUTERS
Apples "iPhone SE" Quelle: AP
Apple Watch Quelle: AP
Phil Schiller bei der Apple Keynote Quelle: REUTERS

Selbst die Chinesen haben beim Konsum zurückgesteckt. Der Dollar ist viel zu stark, was uns das Auslandsgeschäft verhagelt, wo wir 67 Prozent unserer Umsätze erzielen. Im übrigen haben wir bereits vor Monaten vor überzogenen Erwartungen gewarnt. Also tut nicht so überrascht.

Das wird sich übrigens auch im laufenden Quartal nicht groß ändern. Die Kunden nutzen ihre Geräte einfach länger. Auch wenn uns das nicht gefällt. Unser Marketingchef Phil Schiller hat ja neulich schon darauf hingewiesen, dass es weltweit 600 Millionen Computer gibt, die älter als fünf Jahre sind und mit einem iPad ersetzt werden könnten.

Leider hat er auch mir bislang nicht schlüssig darlegen können, wie er das genau tun will. Groß senken werden wir die Preise allerdings nicht. Da haben wir schließlich eine Tradition zu verteidigen.

Bei unserem Tablet iPad haben wir ebenfalls das Problem, dass nur noch die allergrößten Apple-Fanboys sich automatisch auf das neueste Modell stürzen. Wir sind ja immerhin so weit gegangen, dass wir ihn nun mit Tastatur und Stift ausgestattet haben, was Microsoft seit Jahren tut – möge Steve in Frieden ruhen.

Unsere Kunden upgraden regelmäßig

Und was das iPhone angeht: Was wollt ihr? Wir melken die Kuh seit neun Jahren mit aller Rafinesse. Immerhin upgraden unsere Kunden noch regelmässig. Aber nur, wenn man ihnen was wirklich ganz Neues vorsetzt. Jedenfalls im großen Stil. Was man richtig sehen kann. Wie beim iPhone 6. Ja, das mit dem übergroßen Display, mit dessen Dimensionen ich rein persönlich hadere. Aber der Markt hat danach gegiert und uns neue Verkaufsrekorde beschert. Wir haben Partys gefeiert! War doch aber klar, dass diese sich mit einem nur leicht modifizierten Modell nicht wiederholen lassen.

Das heißt, mit Retro scheint es noch zu funktionieren. Ich bin selber erstaunt, wie gut sich das neue iPhone SE verkauft. Ihr wisst schon, das neue Einstiegsprodukt mit dem kompakten Display, das im Grunde eine etwas aufgehübschte Version eines Vorvorgänger-Modells ist. Ich sage nur, Edelstahl. Kein Plastik! Da rennen uns die Kunden so sehr die Bude ein, dass wir Produktionsprobleme haben. Letzeres ist nicht gut. Aber ich frage euch: Wer in der Smartphone-Branche hätte nicht gern solche Probleme?

In diesem Quartal sind die Zahlen vom SE noch nicht enthalten. Aber sie werden uns helfen, dass das laufende Quartal wenigstens nicht ganz so mies ausschauen wird. Mit etwas Glück hilft uns hier ebenfalls ein kleinerer Bildschirm, der vom neuen iPad Pro nämlich. Von dem werde ich schwelgen, wenn wir uns in drei Monaten wieder versammeln.

Dann liegt schon der Sommer vor uns. Und unsere Kunden gelüsten dann so sehr nach dem neuen iPhone 7, dass wir im Herbst dank der gezielt angestauten Nachfrage wieder Verkaufsrekorde feiern können. Nicht, dass das iPhone 7 tatsächlich auch so heißen wird.
Habe ich wie in jedem Call bereits hingewiesen, dass laut aktuellen Erhebungen 95 Prozent unserer Kunden das iPhone lieben? Hiermit getan. Und unser Finanzchef Luca Maestri hat da noch eine Studie ausgegraben, dass 78 Prozent aller Unternehmenskunden ein iPhone wollen.

Mehr Apple Watches als iPhones

Was die Apple Watch angeht: Wir sind zufrieden. Aber habt ihr wirklich geglaubt, dass wir mit einer Uhr den Umsatzbringer iPhone ersetzen können? Wir sind aus dem Stand Marktführer bei Smartwatches. Reicht das nicht? Es ist ein nettes Produkt, mit dem wir auch in den nächsten Jahren noch Milliarden umsetzen werden. Allein die Margen bei den Armbändern geben mir ein wohliges Gefühl.

Trotzdem werde ich euch auch diesmal nicht verraten, wieviel Exemplare der Apple Watch wir genau verkauft haben. Aber da ich es liebe, Analysten herauszufordern, habe ich mir auch diesmal eine kleine Denksportaufgabe ausgedacht. Also: Von der Apple Watch haben wir im ersten Jahr mehr Exemplare verkauft als vom allerersten iPhone-Modell. Und Steve wurde damals dafür gefeiert!

Ihr ahnt es bereits. Wir haben auch diese Zahl niemals publiziert, hihi. Aber ich freue mich schon auf eure Spekulationen.

Wie ihr wisst, äußere ich mich niemals zu zukünftigen Produkten. Was virtuelle und augmentierte Realität angeht – wir arbeiten dran. Wir haben interessante Produkte in der Pipeline. Das muss reichen.

Wenn alle Stricke reißen, kaufen wir einfach ein interessantes Produkt zu. Wir haben so viel Geld und Kreditlinie, dass wir selbst BMW und Daimler locker übernehmen könnten. Aber statt es für überteuerte Akquisitionen zu verplempern, die nicht zu uns passen, schütten wir es lieber an Aktionäre aus und bauen unser Auto selber. Das hilft auch unseren Mitarbeitern, Management eingeschlossen. Deshalb erhöhen wir unsere vierteljährliche Dividende um fünf Cent auf 57 Cent und stellen für den Rückkauf von Aktien 175 Milliarden Dollar bereit, 35 Milliarden Dollar als ursprünglich geplant.

Die Inder entdecken LTE

Aber nochmal: Das iPhone wird noch Jahre unser Schicksal bestimmen. Der Markt in den Industrieländern mag gesättigt sein. Aber auch hier hilft uns schon ein verbesserter Akku dabei, dass die Leute trotzdem regelmäßig nachkaufen. Wir werden dabei mit Leasing-Modellen helfen. Endlich mal etwas, was man von der Autobranche lernen kann.

Außerdem werden wir bei Android weiter wildern, was mir immer große Freude bereitet. Aber meine größte Hoffnung liegt weiterhin in den aufstrebenden Volkswirtschaften. In Asien setzen wir heute schon mehr als in Nordamerika um, von Europa ganz zu schweigen. Der indische Smartphone-Markt ist heute da, wo China vor sieben oder zehn Jahren war. In Indien werden jetzt erst LTE-Netze installiert, die Leute entdecken dort Geschwindigkeit. Also keine Sorge, wir werden die iPhone-Kuh auch weiterhin melken.

Und erspart mir bitte in Zukunft die Frage, ob Apple noch ein Wachstumsunternehmen ist. Was soll ich denn ernsthaft darauf antworten?

Die Highlights des Mobile World Congress
LG G5 Quelle: AP
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Will.i.am mit Uhr Quelle: dpa
360 VR von LGLG macht den VR-Trend mit und bringt passend zum MWC seine VR-Brille 360 VR auf den Markt, die als Zubehör für das neue Smartphone-Flaggschiff G5 gedacht ist. Die Brille ist ausgestattet mit zwei 13 Megapixel-Weitwinkellinsen und drei Surroundsound-Mikros. Mit einem Kabel wird sie an das Smartphone angeschlossen. Der Preis ist noch nicht bekannt. Quelle: dpa
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Kabelloser Datenfluss bei Skoda Quelle: obs
bq Aquaris M10 Ubuntu Edition Quelle: Presse_bq

Bevor ich es vergesse: Online-Services sind ein Lichtblick! Da haben wir 20 Prozent zugelegt. War nie unsere Stärke. Dafür profitieren wir jetzt davon. Also, da habt ihr euer Wachstum. Wir haben übrigens 13 Millionen Abonnenten bei Apple Music. Kleiner Scherz, ich meinte natürlich, mehr als 13 Millionen. Merkt euch die Grösse. Vielleicht werde ich sie mal als Referenz zu den Apple Watch Zahlen verwenden.

Im Grunde genommen – bis auf Daimler und BMW – hat Cook das am Dienstagabend vor Analysten erörtert.

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