Architektur Die schöne Fassade des Einkaufens

Handelskonzerne haben entdeckt, dass Supermärkte mehr sein können als gesichtslose, öde Kisten. Die Gebäude sind die Schaufenster des Marktes als Marke - das macht sich auch beim Umsatz bemerkbar.

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Die Wolkenkratzer der Zukunft
On hold_Pentominium, Copyright Imre Solt Quelle: Imre Solt
Busan Lotte Town Tower Quelle: SOM
Dalian Greenland Center Quelle: HOK
CTF Tianjin Tower Quelle: SOM
One World Trade Center Quelle: SOM dbox studio
Goldin Finance 117 Quelle: P & T Group
Makkah Clock Royal Tower Quelle: Henry Wong

Jürgen Koch erinnert sich noch genau. Ob der feine BDA, der Bund Deutscher Architekten, ihn wohl rauswerfen würde, fragte sich der Düsseldorfer Architekt, falls er den Auftrag der Rewe-Group annehmen und sich in die Niederungen der Handelsarchitektur begeben würde. Der Handelskonzern hatte Mitte 2008 in Düsseldorf angefragt, ob beim Büro Koch Architekten, einem Spezialisten für nachhaltiges Bauen, Interesse bestehe, einen neuen Supermarkttyp zu entwickeln. Keine 08/15-Kiste, sondern ein Pilotprojekt, das nicht nur ein neues Energiekonzept, sondern auch eine zukunftsweisende Architektur für eine ganze Generation von Supermärkten erproben sollte.

Supermärkte der Zukunft

Koch, der immer noch Mitglied des BDA ist, nahm die Herausforderung an. Im November 2009 wurde in Berlin-Rudow, im Südosten der Hauptstadt, der Rewe-Lebensmittelmarkt nach fünf Monaten Bauzeit mitten in einem Wohngebiet als „Prototyp eines energieeffizienten Supermarkts“ eröffnet. Seinem Vorbild folgen auch die jüngst eröffneten Rewe-Märkte in Hamburg und Neckarsulm. Modell gestanden hat für die „Supermärkte der Zukunft“ die traditionelle Markthalle. Ein, so Koch, „klassischer europäischer Bautypus, wie die Kirche oder das Rathaus“, mit flexiblem Grundriss und in der Höhe großzügigem Volumen. Vor allem: mit energiesparendem, freundlichem Tageslicht und einer klaren, wiedererkennbaren Gestaltung, für die in Berlin schon das stelzenartig vorgreifende Tragwerk aus Holz sorgt, das den Kunden gleich am Eingang mit machtvoller Geste empfängt. Die Botschaft des Supermarkts: Hier wird nachhaltig gebaut.

Wie eine Kirche

Gebäude wie Jürgen Kochs Berliner Supermarkt machen Freunden der Baukultur Hoffnung: Sie künden vom Niedergang der Bierzelt- und Lagerhallenarchitektur, vom Ende des Billigbauens um jeden Preis. Ermutigende Beispiele dafür, dass es im Handel auch anders geht, gibt es allenthalben. Etwa in München-Obermenzing, wo das Büro Hild und K für die Münchner Handelskette Basic einen Supermarkt gebaut hat, der sich an seiner Schmalseite, „wie eine Kirche“ über dem dreieckigen Grundstück erhebt, mit hoch sitzendem, kreuzförmigem Sprossenfenster, das von innen den Blick auf den „rein bayrischen Himmel“ freigibt. Oder in Ingolstadt, wo sich der Edeka-Pavillon des Architekturbüros ATP mit seinen lang gestreckten Glasfassaden wie eine Hommage an Ludwig Mies van der Rohe streckt. Oder auch in der Oldenburger Provinz, in Hude, wo das Büro neun grad architektur für die regionale Handelskette aktiv & irma einen Supermarkt im Ortskern platziert hat, der sich mit einladender Gebärde wie ein Schaufenster Richtung Straße öffnet.

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