Audible-Gründer Katz „Ich habe Audible nicht als Hörbuch-Firma gegründet“

Donald Katz ist Gründer und CEO des Hörbuchdienstes Audible. Quelle: Audible

Audible-Gründer Donald Katz über den Ursprung des Hörbuch-Portals, den Trend zu Podcasts und was deutsche Gründer vom US-Markt lernen können.

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Herr Katz, bevor Sie 1995 Audible gründeten, haben Sie Bücher geschrieben. Warum sollte ich die besser bei Audible anhören, anstatt sie zu lesen?
Da fallen mir vor allem zwei Gründe ein. Zum einem, weil es von einem Schauspieler gesprochen wird, der mein Buch wie ein Drehbuch liest. Seine Interpretation fügt meinem Verständnis des Textes eine ganz neue Ebene hinzu. Das ist eine Kombination, die ich total faszinierend finde. Als Autor hat man beim Schreiben natürlich auch schon eine Stimme im Kopf, aber durch einen Schauspieler, der mein Werk liest und dadurch filtert, bekommt die Geschichte einen neuen kreativen Kick.

Und der andere Grund?
Ist ein ganz praktischer. Zwei meiner Bücher sind ungefähr 600 Seiten lang. In der heutigen Zeit haben Menschen nicht mehr die Zeit, so viel zu lesen. Das war der Grund, weshalb wir Audible gegründet haben. Anstatt nur zwanzig Minuten vor dem Einschlafen Zeit zum Lesen zu haben, kann man ganz einfach nebenbei Bücher hören: beim Sport, beim Autofahren oder im Zug.

Was ist denn Ihr Markenkern? Klassische Hörbücher oder neuartige Podcast-Formate?
Ich habe Audible nicht als Hörbuch-Firma gegründet. Unser Ziel war es von Anfang an, die Macht des gesprochenen Wortes im Mainstream der Medien zu verankern, neben Büchern, Filmen und Musik. Längere Audiofeatures spielten in den USA anders als in Deutschland im Radio damals überhaupt keine Rolle. Der zentrale Charakter unseres Ansatzes ist es deshalb, Bücher als gesprochene Drehbücher zur Interpretation zu positionieren.

Zurzeit hat man allerdings das Gefühl, dass vor allem kurzweilige Podcasts einen Hype erleben.
Dieses Konzept eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Podcasts kann jeder machen. Wir bleiben aber eine Plattform für Profis. Wir gucken uns deshalb natürlich die Podcast-Szene genau an, um Talente zu entdecken. Die meistgehörten Podcasts in den USA sind allerdings nichts anderes als Diskussionen über Nachrichten. Unsere Produkte müssen im Vergleich dazu viel besser sein, damit Menschen bereit sind, dafür zu zahlen. Ob das jetzt kürzere oder längere Formate sind, ist dabei völlig unwichtig. Für mich zählt, ob unsere Inhalte emotional berühren, ob sie gut informieren, und ob ich als Hörer etwas lernen kann.

Was funktioniert bei Hörern in Deutschland besonders gut?
Der deutsche Markt bietet uns einen unglaublichen Vorteil: Ein Großteil der Erwachsenen in Deutschland sind mit Hörspielen groß geworden, in denen gleich mehrere Sprecher auftreten. Denken Sie etwa an „Die drei ???“ oder ähnliche Serien. Sowas trainiert die Ohren. Dadurch ist die Toleranz für dramaturgisch aufwendig produzierte Hörspiele mit vielen Sprechrollen in Deutschland wesentlich höher als den USA oder in Großbritannien. Diese Formate sind dementsprechend bei den deutschen Hörern besonders erfolgreich. Gerade erst war „Die Meisterin“ lange auf Platz 1 unserer Bestsellerliste – ein Audible Original, das Bestsellerautor Markus Heitz für uns geschrieben hat und das wir mit Bettina Zimmermann in der Hauptrolle und anderen bekannten Schauspielern besetzt haben.

Was charakterisiert den deutschen Markt sonst noch?
Wir profitieren davon, dass in Deutschland fremdsprachige Filme und Serien synchronisiert werden. Es gibt tolle Schauspieler, deren Stimme berühmt ist und von vielen Menschen erkannt wird. Das nutzen wir und arbeiten gerne etwa mit der deutschen Stimme von Bruce Willis oder Matt Damon zusammen.

Zusätzlich zu Ihrer Arbeit als CEO haben Sie vor ein paar Jahren einen Venture-Capital-Fonds gegründet. Worauf achten Sie bei jungen Gründern, bevor Sie investieren?
Ich will niemanden unterstützen, der glaubt, ein Problem gefunden zu haben, das er dann lösen will. Das ist der klassische Ansatz aus dem Lehrbuch für Start-ups, wie er an Businesss Schools weltweit gelehrt wird. Mich interessieren vielmehr Menschen, die eine echte Mission haben. Die von einer Sache so überzeugt sind, so wie ich es von meiner war, und die unbedingt wollen, dass sie damit Erfolg haben. Da kann man dann immer noch schauen, ob der Business Plan vielleicht nicht ganz passt. Aber dafür haben wir 300 Mitarbeiter, die gerne als Mentoren bereitstehen.

Sie selbst waren ja Journalist. In Deutschland ist das nicht unbedingt ein Beruf, den man mit erfolgreichem Unternehmertum verbindet.
Auch viele Journalisten meiner Generation in den USA waren solche Antikapitalisten, dass sie nie daran gedacht hätten, ein Unternehmen zu gründen. Aber meiner Meinung nach sind Journalisten besser als alle anderen darauf vorbereitet, erfolgreiche Gründer zu werden. Als guter Journalist muss man furchtlos ehrlich mit den Dingen umgehen, die man nicht versteht. Man muss gut darin sein, Menschen zu finden, die einem diese Dinge erklären können. Hinzu kommt, dass gute Journalisten einfach unglaublich neugierig sind und sich viele Fragen stellen, wenn andere Gründer vielleicht bereits denken, sie hätten auf alles eine Antwort.

Jetzt waren Sie ein paar Tage in Berlin und haben sich die Start-up-Szene angeschaut. Was können Gründer in Berlin von Gründern in Ihrer Heimat New Jersey lernen?
Tech-Start-ups in Berlin sind viel weiter, wenn es um Vermögensbildung geht, als die Gründerszene, die wir gerade in Newark aufbauen, unserem Hauptsitz direkt neben New York City. Gründer in Deutschland müssen allerdings verstehen, dass sie zwar globale Firmen mit einem deutschen Hauptsitz werden können. Dass sie dafür aber den Schritt auf den deutlich größeren US-Markt wagen müssen. Einige deutsche Firmen haben das bereits versucht, aber längst nicht so viele wie etwa aus Israel. Ich möchte gerne helfen und deutsche Start-ups nach Newark holen. Unser Standort eignet sich perfekt dafür, in Amerika Fuß zu fassen.

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