Auftritt in Bonn Ironie in Magenta – wie David Hasselhoff für die Telekom Mauern einreißt

David Hasselhoff ist nach Bonn gekommen, um ein neues Angebot der Telekom zu besingen. Ist das noch cool oder schon peinlich?

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David Hasselhoff wirbt für die Telekom Quelle: dpa

Bonn Da steht tatsächlich David Hasselhoff auf der Bühne. An der Grenze zwischen Bonn-Beuel und Bonn-Oberkassel. Hinten in dem Raum, am Starbucks am Eingang der Zentrale des Deutschlandgeschäfts der Deutschen Telekom vorbei, wo sonst auch Tagungen und Mitarbeiterfeiern stattfinden.

Da steht David Hasselhoff und singt „I've been looking for freedom“, seinen Erfolgssong aus dem Jahr 1989, den er schon beim Fall der Berliner Mauer gesungen hat und nun hier – zur Einführung eines neuen Tarifs der Telekom.

Der Telekommunikationsanbieter bietet ab heute an, unbegrenzt so viel surfen zu können, wie man will, ohne dass die Geschwindigkeitsdrossel anspringt. Freiheit eben. Freiheit = Freedom = David Hasselhoff. Diese simple Gleichung muss irgendein PR-Berater oder Marketinggenie in seinem Kopf gezogen haben. Und statt diesen Gedanken gleich wieder zu verwerfen, hat er bei Vorstellung sicher leicht gelächelt und fand sich ziemlich gut.

Aber ist es auch gut? Die Mitarbeiter der Telekom finden es offenbar sogar sehr gut. Viele sind gekommen, zu viele. Vor den Türen hat sich vor der Veranstaltung eine Traube Menschen gebildet, die nicht mehr in den Saal durften. 950 Personen. Mehr geht nicht.

Die, die reingekommen sind, feiern. Und weil es bei der Telekom in Bonn weder zugeht wie in Nordkorea, noch wie beim Party-Prinz-T-Mobile-US-CEO John Legere, ist gute Laune hier keinesfalls gesetzt. Zwar ist deutsche Zurückhaltung zu spüren, aber die Mitarbeiter feiern.

Vielleicht auch, weil es etwas skurril ist. Die meisten kennen die Bilder des zwischenzeitlich tief gefallenen Superstars, der neben Baywatch-Star Pamela Anders das Slow-Mo-Laufen am Strand zu nie gedachter Bekanntheit gebracht hat. Doch dann ist er schlimm dem Alkohol verfallen. Es wurde ein Video von ihm veröffentlicht, bei dem er sturztrunken und halb auf dem Boden liegend versucht einen Burger zu essen.

Derartige Bilder machten aus dem ohnehin schon manchmal belächelten Star bei vielen eine Lachnummer. Er hat Jahre gebraucht, um sein gesellschaftliches Ansehen wieder halbwegs zu reparieren.

Nun scheint der gefallene Serienheld gesellschaftsfähig genug, um für ironische Werbekampagnen eingesetzt zu werden. Hasselhoff wirbt für Hörgeräte, er wirbt für einen Online-Skiverleih und jetzt auch für die Telekom.

„Ich sollte dabei sein, wenn irgendwo Mauern eingerissen werden“

Auch in Bonn ist an diesem Tag nicht ganz klar, wie hoch der Anteil der Mitarbeiter ist, die Hasselhoff nicht als Fan, sondern aus einer kruden Faszination am Absturz sehen wollen.

Zum Schluss seines Songs ist „The Hoff“, wie er sich selber nennt, etwas außer Atem und scherzt, er sei auch nicht mehr der Jüngste. Aber – und dann kommt‘s – wenn jemand dabei sein solle, wenn irgendwo Mauern eingerissen werden, dann er. Die kalkulierte Hybris sorgt für Jubel im Publikum. So offensichtlich absurd ist der Vergleich zwischen der Öffnung der Berliner Mauer und einem neuen Handytarif.

Es ist gerade diese erzwungene Ironie dieser Werbeaktion, die etwas unangenehm berührt. Die Telekom winkt nicht mit Zaunpfählen, sondern gleich einem ganzen Wald. Zudem drängt sich der Gedanke auf, dass Hasselhoff offenbar nicht nur Geld braucht, sondern auch dringend die Publicity für seine anstehende Deutschlandtour.

Hasselhoff sinkt noch einen – ebenso so schwer verständlichen wie unbekannten – Song auf Deutsch, dann winkt er in die Menge und ist weg. Was sich einbrennt, ist ein Standbild des Sänger mit erhobenen Arm. Ganz in schwarz gekleidet, Rocker-Boots, grauhaarig, kräftig, aber nicht dick. Müde sieht er aus, die Kämpfe seines Lebens lassen sich auch mit Make-up kaum überdecken.

Hasselhoff hat viel Spott ertragen müssen und muss es noch. Sich nach seiner Alkoholsucht wieder an die Arbeit zu machen, war ganz sicher nicht einfach – aber er hat es getan. Auch wenn finanzieller Druck dahinter steht, es gibt viele, die das nicht schaffen. Und dass er trotz allem nun hier steht – das ist schon cool. Für ihn, nicht für die Telekom.

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