Beirat der Bundesnetzagentur Pro Telekom - mit ein paar kleinen Korrekturen

Mit seiner heutigen Entscheidung schlägt sich der politische Beirat auf die Seite der Deutschen Telekom. Doch einige Kritikpunkte der Telekom-Konkurrenten perlten auch an den Volksvertretern nicht ab.

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Gewinnt die Telekom am Ende? Quelle: dpa

Manches an diesem vernebelten Berliner Morgen erinnert an eine Ausschuss-Sitzung im Deutschen Bundestag. Noch bevor sich die jeweils 16 Vertreter von Bundestag und Bundesrat im Hauptstadtbüro der Bundesnetzagentur am Fehrbelliner Platz zu ihrer offiziellen Sitzung treffen, tagen erst einmal die Internet- und Telekom-Experten der SPD-Fraktion. Mit 14 Mitgliedern stellen die Sozialdemokraten die stärkste Gruppe im Beirat. Die drei anderen Parteien CDU/CSU (10), Bündnis90/Die Grünen (6) und die Linke (2) sind deutlich schwächer vertreten. Vorsitzender des Beirates ist deshalb der SPD-Bundestagsabgeordnete Klaus Barthel. Der Beirat ist ein vergleichsweise zahnloser Tiger. Es darf nur Ratschläge abgeben, besitzt aber kein Veto- oder Weisungsrecht bei wichtigen Beschlüssen der Bundesnetzagentur. Selten macht der Beirat deshalb Schlagzeilen. Doch dieses Mal wäre es fatal, wenn der Präsident der Bundesnetzagentur, Jochen Homann, und der Beschlusskammer-Vorsitzende, Ernst-Ferdinand Wilmsmann, die Stimmung der Parlamentarier ignorieren würden.

Es geht um eine Grundsatzentscheidung: Die Deutsche Telekom will das sogenannte Vectoring auch im Nahbereich ihrer Hauptverteiler einsetzen. Die Konkurrenten müssen deshalb ihre dort installierte Technik abreißen. Denn die neue Vectoring-Technik ist so störanfällig, dass sie nur ein Anbieter installieren darf. Durch dieses vergleichsweise kostengünstige Verfahren kann die Telekom auch für die Kunden, die im Umkreis von 500 Metern um die Hauptverteiler wohnen, Bandbreiten von 100 Megabit pro Sekunde und möglicherweise bald noch mehr aus ihren antiquierten Telefonleitungen herausquetschen. Die Telekom-Konkurrenten torpedieren diese Telekom-Pläne als ersten Schritt in Richtung einer "Re-Monopolisierung". Entsprechend hoch schlugen die Wellen vor der Beiratssitzung.

Die Internet-Anschlüsse der deutschen Haushalte

Schon im Vorfeld sickerte durch, dass sich die Bundestags- und Ländervertreter auf die Seite der Telekom schlagen und die Pläne nicht kippen werden. "Wir begrüßen Vectoring im Nahbereich", erklärte der Beiratsvorsitzende Barthel direkt nach der Sitzung. "Das ist ein kluger technischer Weg, um die Breitbandziele der Bundesregierung zu erreichen." Bis 2018 sollen alle 40 Millionen Haushalte in Deutschland einen Internet-Anschluss mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde bekommen. Insbesondere die Versorgungslücken in ländlichen Regionen will die Bundesregierung schließen. So steht es in der digitalen Agenda der Großen Koalition. Da brauche Deutschland schnelle Lösungen, meint die Mehrheit im Beirat.

Doch ob das der richtige Weg in die Gigabit-Gesellschaft ist, darüber gibt es in Berlin heftigen Streit. Das aufgemotzte Kupferkabel der Telekom bringt zwar kurzfristig Erfolge, schiebt aber den dringend benötigten Ausbau von Glasfaser-Verbindungen bis in die Gebäude erst einmal auf die lange Bank. Komplett wegdiskutieren konnte auch der Beirat diese Kritik nicht. Fünf Mitglieder aus dem Oppositions-Lager der "Grünen" und "Linken" stimmten am Ende gegen den Beschluss des Beirates.

Mit einigen Kritikpunkten fanden die Telekom-Konkurrenten allerdings auch in der Großen Koalition Gehör. So fordert der Beiratsvorsitzende Barthel die Bundesnetzagentur auf, die "Gefahren für den Wettbewerb zu minimieren". Konkret überprüfen soll die Bundesnetzagentur noch einmal die unterschiedlichen Ausbaufristen und Ausbaumöglichkeiten der Wettbewerber im Vergleich zur Deutschen Telekom. Außerdem sollten verbindliche Ausbauzusagen von Wettbewerbern über den bisher vorgesehenen Stichtag 23.11.2015 Berücksichtigung finden.

Noch einen zweiten Kritikpunkt der Wettbewerber nahm der Beirat  in seine Verbesserungsvorschläge auf. Den technischen Fortschritt bei der Weiterentwicklung der Turbo-Technik Vectoring soll die Bundesnetzagentur ganz genau beobachten. Denn vielleicht gibt es in ein paar Jahren ein wettbewerbsfreundliches Beschleunigungsverfahren für die alten Kupferkabel. "Die Bundesnetzagentur soll technische Ansätze, die eine Nutzung von Vectoring durch mehr als ein weiteres Unternehmen ermöglichen, laufend verfolgen und dem Beirat berichten", heißt es in dem Beschluss. Das ist keine verbindliche Rückkehr-Option, aber immerhin eine Ansage an Netzausrüster wie Nokia und Huawei, stärker in diese Richtung zu forschen. Erste Standardisierungen gibt es schon. Aber marktreif sind sie Stand heute noch nicht.

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