Blackberry Zweiter Angriff auf das Merkel-Handy

Blackberry untergräbt mit dem Kauf des Düsseldorfer Verschlüsselungsspezialisten Secusmart deutsche Sicherheitsinteressen. Wann stoppt die Bundesregierung den Ausverkauf deutscher IT-Sicherheitsfirmen?

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Mit welchen Handys unsere Politiker telefonieren
Blackberry Z10Bundeskanzlerin Angela Merkel verfügt über Handy mit dem sie abhörsicher telefonieren und auch geheime Dokumente speichern kann. Dazu wird eine Speicherkarte in das Gerät geschoben, die einen Smart-Card-Chip zur Verschlüsselung enthält. Es ist durch aus möglich zwischen der privatem und der dienstlichen Nutzung zu unterscheiden - und dann auch Facebook, Twitter oder Instagram zu nutzen. Das Gerät mit Verschlüsslungskarte kostet 2500 Euro. Quelle: REUTERS
Blackberry Eigentlich sollte US-Präsident Barack Obama seinen Blackberry zu Beginn seiner ersten Amtszeit abgeben, weil Regierungsanwälte Sicherheitsbedenken wegen der Übermittlung von E-Mails außerhalb des Regierungsapparates hatten. Er setzte sich durch, räumte ein, süchtig nach diesem Gerät zu sein - und hat aber zumindest seinen Blackberry-Konsum eingeschränkt. Seine private E-Mailadresse haben jetzt nur noch enge Freunde und eine kleine Anzahl an hohen Beamten. Quelle: AP
HTC-Handys mit Spezial-SoftwareDas Bundesinnenministerium rät von "herkömmlichen" iPhones, iPads und Blackberrys ab: Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich und sein Stab nutzen deshalb HTC-Handys, die mit einer Software ausgestattet sind, die die Daten verschlüsselt. Außerdem können Daten nicht nach außen gelingen, weil die Beamten über das Regierungsnetz kommunizieren. Quelle: dpa
huGO-BildID: 29141758 Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) blickt zu Beginn der Sitzung des Vermittlungsausschusses am 12.12.2012 im Bundesrat in Berlin auf sein Mobiltelefon. Die Politiker berieten u.a. über das Steuerabkommen mit der Schweiz. Foto: Wolfgang Kumm/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa
iPhoneTrotz der Sicherheitsbedenken des Innenministeriums nutzt etwa Verteidigungsminister Thomas de Maziére ein iPhone und er ist nicht der einzige... Quelle: dpa
iPhone... auch Bundesumweltminister Peter Altmaier nutzt das Apple-Produkt. Er ist unter anderem ein eifriger Twitterer. Quelle: dpa

Im März, bei ihrem traditionellen Rundgang durch die Hallen der Computermesse Cebit, schien die Welt der Angela Merkel noch in Ordnung. Sehr gerne machte die Kanzlerin an Stand der Düsseldorfer IT-Sicherheitsfirma Secusmart halt. Dort schaute sie sich das nach ihr benannte „Merkel-Phone“ an und lächelte gemeinsam Secusmart-Chef Hans-Christian Quelle in die Kameras.

Die Visite hatte Symbolcharakter. Eine deutsche Firma baut ein supersicheres Smartphone, das allen Cyberattacken der Geheimdienste standhält. Kurz zuvor hatte der ehemalige NSA-Agent Edward Snowden enthüllt, das der US-Geheimdienst auch Merkels Privat-Handy abgehört hatte. Die Düsseldorfer Spezialfirma für supersichere Smartphones versprach der Kanzlerin, dass sich an ihren Verschlüsselungsalgorithmen auch die NSA die Zähne ausbeißen werden. Die Botschaft kam in Berlin gut an. Über 2000 Geräte hat die Bundesregierung inzwischen bestellt.

Ende einer Illusion

Seit gestern ist Deutschland um eine Illusion ärmer. Der kanadische Hersteller Blackberry schluckt Secusmart – und Deutschland verliert damit eines seiner wenigen Vorzeigeunternehmen in der nach wie vor mittelständisch geprägten IT-Sicherheitsszene. Die Übernahme könnte zum Präzedenzfall für die neue Bundesregierung werden. Als hätten sie den Verkauf von Secusmart vorausgeahnt, schrieben die Regierungsparteien CDU/CSU und SPD in ihren Koalitionsvertrag, dass sie einen „Ausverkauf von nationaler Expertise und Know-how in Sicherheits-Schlüsseltechnologien verhindern wollen“. Mehr noch: Zur Wahrung der technologischen Souveränität sollte auch der Einsatz national entwickelter IT-Sicherheitstechnologien stärker gefördert werden.

Was ist über die NSA-Spionage in Deutschland bekannt?

Wenn die Formulierungen mehr als ein unverbindliches Lippenbekenntnis sein sollen, dann muss die Bundesregierung nun einschreiten. Die gesetzliche Handhabe dazu besitzt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Nach dem Außenwirtschaftsgesetz kann der Minister den Verkauf einer Firma ins Ausland untersagen, wenn die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet sind.

Die entsprechenden Paragrafen gelten nicht für Rüstungsfirmen, sondern auch für Anbieter von Produkten mit IT-Sicherheitsfunktionen zur Verarbeitung staatlicher Verschlusssachen, wie es im Gesetz heißt. Bei Secusmart ist dies der Fall. Vier Wochen hat der Minister jetzt Zeit, den Verkauf von Secusmart zu prüfen.

Dass die von Secusmart entwickelten Verschlüsselungsverfahren künftig von einer kanadischen Firma kontrolliert werden, darf der Bundesregierung nicht tolerieren. Kanada gehört neben Großbritannien, Australien und Neuseeland zu den engsten Verbündeten der USA. Die Geheimdienste pflegen besonders enge Kontakte und tauschen Informationen aus Lauschoperationen besonders intensiv aus.

Hinzu kommt: Blackberry gilt selbst als Übernahmekandidat. Immer wieder kochen Gerüchte hoch, dass sich der US-Gigant Microsoft und die chinesische Lenovo Blackberry gerne einverleiben würden. Die beiden Staaten, deren Geheimdienste besonders eng mit heimischen Firmen zusammenarbeiten, hätten dann direkten Zugriff auf deutsche Verschlüsselungstechnik.

Einmal hat die Bundesregierung in diesem Jahr schon interveniert – allerdings auf dem kleinen Dienstweg. Als im Februar die eng mit den Polizei- und Sicherheitsbehörden kooperierende Rola Security Solutions mit Sitz in Oberhausen vor einem Verkauf ins Ausland stand, ordnete die Bundesregierung kurzerhand an, dass die Deutsche Telekom die Firma übernehmen müsse. Das Unternehmen passte in die Expansionsstrategie des neuen Telekom-Geschäftsbereichs  Cyber Security. Also schlug  T-Systems-Chef Reinhard Clemens kurzerhand zu.

Bei Secusmart zieht diese Option nicht. Die Telekom entwickelte mit „Simko 3“ ein eigenes abhörsicheres Smartphone, dass ebenfalls von der Bundesregierung eingesetzt wird. Das Gerät sei viel sicherer als die Secusmart-Lösung, heißt es bei der Telekom. Als weißer Ritter, der deutsche Sicherheitsinteressen schützt,  fällt die Telekom dieses Mal aus.

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