
Facebook-Chef Mark Zuckerberg hat nach einem schwierigen Start an die Börse inzwischen einen Lauf. Im Mittwochshandel in New York stieg das Papier auf bis zu 45,09 Dollar und schloss um 3 Prozent im Plus bei 45,04 Dollar. Damit ist Facebook momentan umgerechnet rund 83 Milliarden Euro wert. Die Wasserstandsmeldung katapultiert das weltgrößte Online-Netzwerk mit seinen 1,15 Milliarden Nutzern in die gleiche Liga wie Deutschlands größten Industriekonzern Siemens mit seinen insgesamt rund 400.000 Mitarbeitern.
Hintergrund des Comebacks von Facebook ist ein mittlerweile einträgliches Werbegeschäft auf Smartphones und Tablet-Computern. Während die mobilen Apps zum Börsengang noch kein Geld abwarfen, kamen zuletzt 41 Prozent der Werbeeinnahmen hierher. Video-Werbung wird als nächster Schritt gesehen, der einen Umsatzsprung bescheren könnte. Das hat den Anlegern das Vertrauen ins Unternehmen zurückgegeben.
Trotz der guten Zahlen steht die Facebook-Aktie weiter auf wackeligen Beinen. Zwar ist es Mark Zuckerberg im Gegensatz zu vielen anderen ursprünglich browserbasierten Unternehmen der Sprung in das mobile Geschäft gelungen. Doch um das Niveau zu halten, muss er zum einen darum kämpfen, dass die hohe Reichweite nicht verloren geht. Zum anderen bleibt Facebook bei steigenden Ausgaben nichts anderes übrig, als seine Anzeigenpreise zu erhöhen.
Zunächst ein Blick auf die Kosten, die das Soziale Netzwerk belasten: In den vergangenen Jahren musste Facebook immer mehr in Forschung, Entwicklung, Marketing und Personal investieren, um das Potenzial des Netzwerks zu nutzen. Die Margen sind unter dieser Entwicklung von 54 Prozent im ersten Quartal 2011 auf etwa 39 Prozent im Sommer 2013 gesunken.
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Auch der Umsatz pro Mitglied ist mit 1,35 US-Dollar zwar um 14 Cent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen, aber immer noch relativ gering. Zuckerbergs Sorgenkind ist Asien. Hier wächst der Markt zwar am schnellsten, doch sind die asiatischen Nutzer in der Werberechenmaschine mit 64 Cent weit wenig er wert als Nordamerikaner (3,50 Dollar) oder Europäer (1,60 Dollar).
Auch der vielversprechende Ausbau der Werbung auf die Plattform Instagram, auf der die Mitglieder seit kurzem auch Videos posten können, kostet zunächst einmal. Facebook muss hier als Instagram-Eigner in Vorleistung gehen. Die Videos sind zwar auf 15 Sekunden begrenzt. Aber sie kosten trotzdem zusätzlichen Speicherplatz und Bandbreite. Im ersten Quartal stiegen Facebooks Ausgaben gegenüber dem Vorjahr um rund sechzig Prozent, vor allem wegen zusätzlichem Personal und Datenzentren.
Neue Märkte





Fakt ist, dass Facebooks Kosten derzeit schneller wachsen als die Einnahmen des sozialen Netzwerks. Umso wichtiger ist es für Zuckerberg, die Mitgliederzahl hochzuhalten. Derzeit sind 1,1 Milliarden Menschen weltweit bei Facebook registriert. Das sind 200 Millionen mehr als im Frühjahr 2012. „Ich bin selber überrascht, dass die Mitgliederzahl immer noch steigt“, sagt der Unternehmenschef selbst. Grund dafür ist sicher auch der einfache Zugriff über Smartphones und Tablets. Mobil sind in Deutschland mehr als 13 Millionen Nutzer jeden Tag auf Facebook aktiv – das sind mehr Menschen als beispielsweise die Zahl der Zuschauer, die das diesjährige DFB Pokalfinale FC Bayern gegen den VfB Stuttgart live im TV verfolgt haben (12,6 Millionen).
Mark Zuckerberg weiß, dass das Netzwerk eigentlich langsam an seine Grenzen kommt, und er mittelfristig um die Reichweite wird kämpfen müssen, wenn er die Anleger weiter in Sicherheit wiegen will.
Deutlich wird das vor allem an den Maßnahmen, die das Unternehmen in den vergangenen Monaten unternommen hat. Zum einen ist da die Sorge junge Nutzer zu verlieren. Die Geschichte einer 13-Jähringen, die auf dem Portal Mashable davon erzählt hat, dass keiner ihrer Freunde bei Facebook ist, hat die Branche aufhorchen lassen. Gleichzeitig belegen etliche Statistiken, dass Facebook im Jahr 2013 einfach out ist. Offiziell spielt Facebook diese Sorge herunter. Konkurrenten wie Tumblr, Pinterest oder auch einfach WhatsApp seien kein Problem. „Wir sehen das Ganze nicht als Nullsummenspiel“, sagt Ebersman. Mit andern Worten: Der Markt für soziale Medien ist groß genug, damit nicht nur Facebook, sondern auch seine Konkurrenten wachsen können.
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Dass Facebook dann aber im April „Home“ vorgestellt hat, spricht eine andere Sprache. Mit der Software, die sich auf allen Android-Geräten einbinden lässt, legt sich der Facebook-Stream über die eigentliche Nutzeroberfläche. So soll der Zugriff schneller möglich sein. Der Smartphone-Hersteller HTC war bei der Veranstaltung mit im Boot – und stellte das HTC First vor, auf dem Home vorinstalliert ist. Das Gerät sollte gerade einmal 99 Dollar kosten und war somit klar an eine junge Zielgruppe gerichtet.
Doch Facebook Home enttäuschte die Hoffnungen von Chef Zuckerberg. Wenige Wochen nach der Präsentation war die App nur etwa eine Million Mal heruntergeladen worden. Und wer sie einmal heruntergeladen hatte, benutzte sich anschließend kaum. Fazit: Die Menschen wollen ihre individuell eingerichteten Apps – und eben nicht nur Facebook auf dem Smartphone.
Um junge Nutzer wieder stärker auf die eigene Plattform zu lenken, wird sich das Unternehmen mittelfristig also etwas einfallen lassen müssen. Gleichzeitig ist das Unternehmen bemüht, neue Märkte zu erobern. Dazu hat Zuckerberg sich mit Firmen wie Samsung, Nokia, Ericsson und Opera zusammengetan und die Organisation internet.org gegründet. Ziel der Allianz ist es, fünf Milliarden Menschen, die noch nicht online sind, ins Netz zu bringen. Dafür wolle die Organisation unter anderem zur Entwicklung günstigerer Smartphones und der Netzabdeckung beitragen. Uneigennützig ist geschieht das natürlich nicht. Alle Unternehmen profitieren davon, wenn mehr Menschen das Internet nutzen können.
Ein weißer Fleck auf der Facebook-Landkarte ist auch nach wie vor China. 1,4 Milliarden Menschen leben hier. Doch lediglich 500.000 nutzen Facebook. Für den ausbleibenden Erfolg ist vor allem das politische System verantwortlich. Die kommunistische Regierung zensiert das Internet stark – wodurch systemtreue Anbieter besser Chancen auf dem Markt haben. Mit 160 Millionen Mitgliedern ist das Facebook-Dublikat „Renren“ die größte Plattform in China.
Teurere Anzeigen





Zu allem Überfluss sorgt nun auch noch die NSA-Affäre für negative Schlagzeilen. Der Verdacht, dass die großen IT-Unternehmen Daten direkt an den amerikanischen Geheimdienst weitergegeben haben könnten, lastet schwer. Wie sehr sie die Nutzerzahlen am Ende wirklich beeinflusst, ist derzeit nicht bekannt.
Dennoch wehrt sich Facebook lautstark. Im Transparenzbericht wurde bereits beteuert, dass die Herausgabe der Nutzerdaten meist abgelehnt werde. Gleichzeitig wetterte Zuckerberg auf der Technologiekonferenz „Disrupt“ gegen die Internetspionage der des US-Geheimdienstes: „Ich denke, die Regierung hat es vergeigt“, sagte er in San Francisco. Dass Regierungsvertreter erklärt hätten, dass man ja keine Amerikaner ausspioniere, sei das für Facebook nicht hilfreich gewesen. „Das war echt übel“, sagte Zuckerberg. Schließlich sei es sein Job alle zu schützen, die Facebook nutzen.
Schützen muss er sie vor allem, damit sie bei der Stange bleiben. Das Netzwerk ist alles, was Facebook ausmacht. Schwindende Mitgliederzahlen wären für das Werbekonzept des Unternehmens – zwar nicht sofort – aber doch mittelfristig ein großes Problem.
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Und schon jetzt muss Facebook kämpfen. Jeder der genannten Baustellen kostet das Unternehmen Geld. Das Investitionsvolumen ist seit den Anfängen so stark gestiegen, dass dem sozialen Netzwerk nichts anderes übrig bleibt, als seine Nutzer besser zu monetarisieren. Und das auch, um die hohe Börsenbewertung zu rechtfertigen.
Der Weg dahin kann eigentlich nur in teureren Anzeigen liegen. Denn das Einspielen von Werbung im Newsfeed der Nutzer hat seine Grenzen. Die Tatsache, dass Facebook lange Jahre werbefrei blieb, war der einzige Grund, warum das Netzwerk überhaupt so stark wachsen konnte. Inzwischen ist es für viele Nutzer die Hauptinformationsquelle – und sie wollen auf ihre individuellen Netzwerke nicht mehr verzichten. Daher wird die Werbung akzeptiert.
Wie Facebook jedoch gegenüber den Anzeigenkunden eine Preiserhöhung begründen will, bleibt unklar. Denn der Einfluss der Werbung lässt sich nur sehr schwer messen. Außerdem steht Facebook in direkter Konkurrenz zu Google. Zwar behauptet Operativchefin Sheryl Sandberg gerne, dass Facebook Werbung nicht nur günstiger und effektiver als die Konkurrenz, sondern auch wesentlich einflussreicher sei. Doch Belege hat sie dafür bisher nicht erbringen können.
Mark Zuckerberg hat auf jeden Fall ein großes Interesse daran, dass die Reichweite, damit die Werbeeinnahmen und schließlich auch die Aktienwerte stabil bleiben. Er ist der größte Aktionär des Unternehmens. Der Finanzdienstleister Bloomberg schätzte das Gesamtvermögen zum Dienstag auf 21,3 Milliarden Dollar - fast eine Verdoppelung seit Jahresbeginn.