Boston Dynamics vor Verkauf? Risse in Googles Roboter-Paradies

Ärger im Roboterparadies: Offenbar steht die Google-Tochter Boston Dynamics vor dem Verkauf. Grund sollen hohe Kosten bei dem „Moonshot“-Projekt sein. Der Nimbus der Unbesiegbarkeit von Google wackelt.

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Das Video machte im Februar Furore: Es zeigt den Roboter Atlas, der durch den Wald läuft, hinfällt, Pakete schleppt und sich durch nichts aus der Ruhe bringen lässt. Veröffentlicht wurde es von der Alphabet-Gesellschaft Boston Dynamics. Doch Alphabet, früher Google, hielt sich mit Eigenlob ungewöhnlich zurück. Jetzt ahnt man, warum.

Der 2013 gekaufte Roboterhersteller aus Massachusetts ist im Reich von Sergey Brin und Larry Page offenbar in Ungnade gefallen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf Google-interne Quellen berichtet, steht das Unternehmen zum Verkauf, weil auf absehbare Zeit keine vermarktbaren Produkte zu erwarten seien.

Außerdem zeige sich die Edelschmiede aus Boston widerspenstig, was die Zusammenarbeit mit den anderen Roboter-Laboren in Japan und Kalifornien angehe. So steht es in internen Papieren, aus denen Bloomberg berichtet. Angeblich seien Toyota und Amazon als potenzielle Käufer im Gespräch. Alphabet und Toyota wollten zu dem Bericht keine Stellung nehmen, Amazon reagierte nicht auf Anfragen von Bloomberg.

Die zehn teuersten Google-Käufe

Warum das Video mit dem humanoiden Roboter mit Stille der Presseabteilung in der Alphabet-Zentrale gestraft wurde, gehe aus den Papieren ebenfalls hervor: Die PR-Truppe, sonst flink dabei, Erfolge zu vermelden, hatte keine Lust, den Konzern in die aufflammende Diskussion um Arbeitsplatzvernichtung durch Roboter zu verwickeln. Die damit zusammenhängenden Fragen wolle man ohnehin nicht beantworten. Google wird schon lange kritisch beobachtet, weil es an selbstfahrenden Autos arbeitet, die das Potenzial haben werden, die Berufe der Taxi- und Lieferfahrer praktisch auszulöschen.

Seit das frühere Google in die Holding-Firma Alphabet und unabhängige Holdinggesellschaften aufgeteilt wurde, herrscht ein rauer Wind bei den einst „Moonshot“ genannten Experimentalfirmen wie Boston Dynamics. Sie verbrennen am laufenden Meter Geld, das Goldgruben wie Google mit seinen Milliardengewinnen aufbringen sollen.

Die Stimmung ist gereizt, wie die von Bloomberg veröffentlichte Diskussion nahelegt. Als Unternehmen wie Nest oder Boston Dynamics noch Teile von Google waren, wurde das Geld einfach hin- und her transferiert – schließlich wollten es die Gründer so. Heute konkurrieren die Gesellschaften um Finanzspritzen.


Es droht die zweite große Google-Schlappe


Bei seiner Gründung wurde Alphabet gerne als das „Berkshire Hathaway“ der Technologieindustrie beschrieben. Doch das kann falscher nicht sein: Starinvestor Warren Buffet kauft unterbewertete Unternehmen, die Gewinne machen. Alphabet hat, außer Google, nur potenziell überbewertete Unternehmen, die Verluste machen. Das zeigt die aktuelle Diskussion.

Boston Dynamics war bislang der Stolz der Google-Gründer und ein Vorzeigeunternehmen für die Innovationskraft des Konzerns. Sollte sich der Rückzug aus der Robotik bewahrheiten, wäre es die zweite große Schlappe nach dem Aus der Datenbrille Google Glass, die angeblich völlig neu konstruiert werden soll.

Alle Augen werden sich jetzt auf Nest richten, den Hoffnungsträger in der Heimvernetzung. Wenn er nicht bald Erfolge vorweisen kann, ist der Nimbus der Unbesiegbarkeit von Google dahin.

In wenigen Wochen wird Google in San Francisco seine jährliche Hausmesse I/O abhalten, auf der regelmäßig neue „Moonshots“ vorgestellt wurden. Die spannende Frage ist, was es diesmal zu berichten gibt, oder ob sich Google-Chef Sundar Pichai nun einfach mal aufs Geldverdienen konzentrieren kann.

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