




Bleibt der Routerzwang, oder bleibt er nicht? Bei der Frage, ob Internet-Dienstleister ihren Kunden weiter vorschreiben dürfen, mit welcher Technik sie ins Netz online, positioniert sich das Bundeswirtschaftsministerium gegen die ihm nachgeordnete Bundesnetzagentur. Die nämlich verfolgte offenbar - entgegen der politischen Vorgaben aus Berlin, Netz-Nutzern ab 2015 die freie Routerwahl gesetzlich zu garantieren - in der sogenannten Transparenzverordnung zuletzt überraschend eine gegensätzliche Linie. So fand sich in dem von der Behörde als „final“ bezeichneten Regelungsentwurf explizit die Option, dass der Internetdienstleister seine Kunden vor Vertragsabschluss darauf hinweisen müsse, wenn „das […] Zugangsgerät vom Kunden nicht ausgetauscht werden darf“.
Die sogenannte Transparenzverordnung soll unter anderem regeln, welche Informationen zum Internet-Vertrag Internetprovider ihren Kunden mitteilen müssen. In einer früheren Fassung des Dokuments fand sich noch die Vorgabe, der Onlineanbieter müsse explizit einen „Hinweis auf Austauschbarkeit des Netzabschlussgeräts mit frei am Markt verkäuflichen Geräten“ geben. In der aktuellen Version fehlt dieser entscheidende Satz dagegen.
Eine Kehrtwende in Bonn, die in Berlin - mindestens - Kopfschütteln ausgelöst hat: „Die Verordnung bedarf der Zustimmung des Wirtschaftsministers“, versuchte eine Sprecherin des Ministerium auf WirtschaftsWoche-Anfrage die Befürchtung auszuräumen, der Bonner Entwurf könne womöglich im Berliner Politikbetrieb unbemerkt durchrutschen. Ausdrücklich kündigte sie mit Blick auf das Ziel, Wahlfreiheit bei der Technik zu garantieren, eine genaue Prüfung an „inwieweit die vorgesehene Verordnungsregelung [...] missverständlich ist“. Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatsekretärin im Wirtschaftsministerium, betonte ebenfalls am Donnerstag nochmals, „ich setze mich dafür ein, den Internetnutzern freie Routerwahl zu ermöglichen“.
Damit unterstreicht Zypries die Position von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Der hatte jüngst noch mal bekräftigt, die Praxis von Internet-Anbietern unterbinden zu wollen, Kunden vorzuschreiben mit welchen Routern sie ins Netz gehen. „Wir werden eine entsprechende Regelung in das Telekommunikationsgesetz aufnehmen“, ließ er vor wenigen Wochen verschiedenen Geräteherstellern noch einmal mitteilen. Hintergrund ist, dass Unternehmen wie Telefónica, Vodafone oder Unitymedia ihren Kunden bisher zumeist vorkonfigurierte Router zur Verfügung stellen und sich weigern, die Zugangsdaten herauszugeben, mit denen die Kunden eigene Technik ans Netz anschließen könnten. Die vorgegebenen Zwangsrouter sind teils sehr einfach ausgestattet, haben schlechtere WLAN-Leistung oder gelten wegen mitunter veralteter Hard- oder Software als weniger gut gegen Sicherheitslücken geschützt.
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Warum Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur, nun beim Routerzwang auf Kollisionskurs mit seinem Vorgesetzten geht, ist unklar. Eine Anfrage an die Behörde zu den Gründen der Modifikation des Regelungsentwurfs blieb bisher unbeantwortet. Der entsprechende Passus jedenfalls, der das Techniktausch-Verbot nun doch zulassen würde, war in der ursprünglichen Version der Verordnung vom Februar dieses Jahres noch nicht enthalten. Er wurde offenbar erst nach der Anhörung von Branchenverbänden, in den unter anderem verschiedene Netzbetreiber organisiert sind, in die Neufassung der Regelung aufgenommen.
Am 19. September hatte die Netzagentur den behördenintern als „finialisiert“ bezeichneten Entwurf zur Abstimmung an die Bundesministerien geschickt. Laut ursprünglicher Planung in Bonn sollte die finale Prüfung rund einen Monat dauern. Nach den jüngsten Signalen aus Berlin könnte der Einigungsprozess nun doch noch ein paar Extraschleifen drehen, bis die Bonner wieder auf Linie sind. "Zwischen Bundeswirtschaftsministerium und Bundesnetzagentur besteht Einvernehmen über das Ziel einer freien Routerwahl“, versicherte die Ministeriumssprecherin auf WirtschaftsWoche-Anfrage. Vielleicht haben das Homanns Beamte ja bloß vergessen.