Careship Deutsches Start-up will Pflegekräfte vermitteln

Was bei Putzhilfen funktioniert, will Careship in der Altenpflege schaffen. Davon hat die Online-Plattform bereits namhafte Investoren überzeugt.

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Careship: Deutsches Start-up will das Helpling für Pflegekräfte werden Quelle: dpa

Düsseldorf Manchmal entstehen neue Ideen aus Notlagen. So war das bei Antonia und Nikolaus Albert, deren Großmutter 2014 zum Pflegefall wurde. Eine beginnende Demenz stellte die Familie vor nie dagewesene Herausforderungen, berichtet Antonia Albert: „Ich habe meine sonst sehr gut organisierten Eltern noch nie so überfordert gesehen: bei den tausend Fragen und dem verzweifelten Versuch, eine Betreuung zu finden.“

Das brachte sie und ihren Bruder auf eine Idee. Wenn sich Handwerker oder Reinigungskraft bequem online suchen lassen, warum sollte das nicht auch mit Betreuungsdiensten für Senioren funktionieren? 2015 gründeten die Geschwister ihr Start-up Careship, das sowohl über Leistungsansprüche informiert, aber auch Angehörige und Senioren mit den passenden Betreuern und Pflegekräften zusammenbringen will.

Die Digitalisierung hält langsam, aber beständig Einzug in den Bereich der Pflege. Smarte Wohnungseinrichtungen sorgen für Sturzprävention und helfen beim Alltag. In Pilotprojekten sollen Roboter bei der Betreuung von älteren Menschen helfen. Und Technologie verbessert nicht nur die herrschenden Zustände, sie kann auch zur lukrativen Einnahmequelle werden.

Denn der Geschäft mit der Pflege wächst: Während das Marktvolumen im Jahr 2010 mit der ambulanten Pflege bei rund 25 und der stationären Pflege bei 11 Milliarden Euro lag, sollen es bis zum Jahr 2030 knapp 43 beziehungsweise 23 Milliarden Euro werden. Der demographische Wandel sorgt aber nicht nur für einen Milliardenmarkt, sondern auch für gewaltige Herausforderungen: Laut der Marktanalyse „Wachstumsmotor Pflege“ der Unternehmensberatung Roland Berger kommen im Jahr 2050 auf einen Pflegebedürftigen nur acht Erwerbsfähige. Zum Vergleich: 2013 waren es noch 20 Menschen in der arbeitenden Bevölkerung.

Die Careship-Gründer sind überzeugt, hier eine Lösung gefunden haben, und wollen in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Daran glauben auch namhafte Investoren wie Spotify-Investor Creandum oder Ananda Ventures, ein führender europäischer Investor in Sozialunternehmen. Zusammen mit Alt-Investoren stecken sie frisches Kapital von sechs Millionen Euro in das Berliner Unternehmen.

Die Funktionsweise von Careship ähnelt ein wenig Plattformen wie Helpling oder Myhammer: Nach Eingabe von Daten und Anforderungen erhält der Suchende auf der Seite Angebote von passenden Betreuern oder Pflegekräften. Das reicht von der Haushaltshilfe bis zur Pflege. Die Plattform vermittelt nicht nur, sondern informiert auch über Leistungsansprüche. Man wolle allen Familien einfachen Zugang zur Organisation von individueller Pflege und Betreuung geben, heißt es bei Careship.

Birgit Wilkes ist Professorin für Telematik und Expertin für den Einsatz von Technologie in der Pflege. Sie findet die Idee einer digitalen Plattform gut, merkt aber an: „Bei diesem Thema muss die Bildung von Vertrauen im Mittelpunkt stehen und ganz klar verdeutlicht werden, welche Qualifikation der Anbieter mitbringt.“ Das müsse oberste Priorität haben. „Angehörige schauen sehr genau hin, wem sie da Vater oder Mutter anvertrauen.“

Auch Senioren seien in Zeiten von Enkeltricks und Co. kritisch. Zudem müsse deutlich gemacht werden, welche Expertise der Anbieter in diesem Bereich mitbringe, meint die Pflegeexpertin.

Bei der Ausbildung der Alltagshelfer verweist Albert auf den fünfschrittigen Bewerbungsprozess, den jeder Bewerber durchlaufen müsse: „Das reicht von dem Abliefern von allen notwendigen Dokumenten bis hin zu ausführlichen Einzelgesprächen.“ Damit nehme man es sehr genau, sagt die Gründerin: „Von unseren Bewerbern nehmen wir gerade einmal neun Prozent auf.“

Im Team arbeiteten dafür Fachexperten, wie zum Beispiel eine Psychologin, eine Gerontologin und eine examinierte Pflegefachkraft sowie eine Psychotherapeutin und Supervisorin, die das Auswahlverfahren überwachten, so Albert.

Derzeit verfüge man über einen wachsenden Kundenstamm in vierstelliger Höhe. Pro gebuchter Stunde erhält das Start-up 20 Prozent Provision. Antonio Albert ist aber wichtig, dass es Careship um nachhaltiges Wachstum gehe: „Wir müssen langsam wachsen, um immer die Qualität im Auge behalten zu können.“

An Geld für weiteres Wachstum mangelt es nicht. Im vergangenen Jahr erhielt das Start-up bereits vier Millionen Euro, zum Beispiel vom Twitter-Investor Spark Capital. Zu den Altinvestoren zählten aber auch Atlantic Labs und Axel Springer Plug and Play.

Fredrik Cassel, Partner bei Investor Creandum, glaubt: „Eine Digitalisierung der Organisation von Pflege steht uns unausweichlich bevor. Was uns an Careship besonders gefällt, ist, dass der Fokus nicht nur auf pflegebedürftigen Menschen liegt, sondern auch auf pflegenden Angehörigen, und wie diese besser unterstützt und entlastet werden können.“

Das Unternehmen ist bereits in Berlin, Hamburg, Frankfurt sowie Nordrhein-Westfalen aktiv. Weitere Städte und Regionen sollen folgen, sagt Albert: „Wir wollen Careship im Jahr 2018 für so viele Familien wie möglich zugänglich machen.” Für die Zukunft sei auch die Expansion über Deutschland hinaus geplant.

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