Cloud-Geschäft bei SAP Rosa Wolken mit leichtem Grauschleier

Das Wagnis zeigt Wirkung: Der deutsche Software-Primus SAP setzt voll aufs Cloud Computing – und stellt dank boomender Geschäfte nun höhere Umsätze in Aussicht. Eine Entwicklung nervt die Anleger allerdings.

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Finanzchef Luka Mucic (rechts) konnte am Freitag gute Zahlen verkünden. Quelle: dpa

Düsseldorf Die Aussichten für SAP waren in den letzten Monaten wolkig – im doppelten Sinne. Der Softwarekonzern setzt einerseits auf das Cloud-Computing, also die Datenwolke mit ihrem radikal anderen Geschäftsmodell. Andererseits bringt er unter dem Namen S4/Hana eine überarbeitete Version seines wichtigsten Produktes auf den Markt, mit dem viele Firmen ihre Geschäfte steuern. Wie sich die Einführung auswirken würde, war anfangs unklar.

Nun herrscht mehr Klarheit: SAP traut sich im Geschäftsjahr 2017 deutlich mehr Umsatz zu. Der Konzern erhöhte am Freitag die Prognose um bis 1,5 Milliarden Euro auf 23 bis 23,5 Milliarden Euro. Gerade das Zukunftsgeschäft mit dem Cloud-Computing wächst stark. Die Strategie zahlt sich also aus. Sie hat allerdings ihren Preis: Das Ziel für den operativen Gewinn setzte SAP nicht hoch – die Gewinnmarge sinkt also. Die Aktionäre reagierten leicht enttäuscht. Die vorläufigen Quartalszahlen hatte der Konzern bereits vor einer Woche veröffentlicht.

Wachstum ist für die SAP-Spitze derzeit wichtiger als das, was unter dem Strich steht. „Um in unserer Industrie nachhaltig erfolgreich zu sein, müssen wir auf Innovationen setzen und investieren", sagte Finanzchef Luka Mucic im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Daran werden wir auch festhalten.“ Über längere Sicht könne die Kennzahl wieder auf das alte Niveau steigen, versicherte der Vorstand.

Die höhere Prognose für 2017 führt Mucic auf zwei Faktoren zurück. Zum seinen verlaufe die Integration von Concur „fantastisch“. SAP hatte den Spezialisten für Reisemanagement und Kostenabwicklung 2014 für umgerechnet rund 6,5 Milliarden Euro übernommen. Nun will SAP seinen eigenen Kunden die Lösungen des Dienstleisters verkaufen: „Wir können Concur die Türen öffnen.“ Auch umgekehrt soll die Tochter Produkte der Mutter vermarkten.

Zum anderen ist seit Anfang 2015 das Programmpaket S4/Hana auf dem Markt, mit dem Firmen ihre gesamten Abläufe steuern können. 2700 Kunden hat der Konzern in dieser Zeit gewinnen können – für so ein umfangreiches Produkt eine beachtliche Zahl. „S4/Hana hat einen tollen Umsatzbeitrag geliefert“, sagte Mucic, ohne die Zahl genau aufzuschlüsseln. „Trotz eines unsicheren wirtschaftlichen Umfeldes setzen Kunden auf Lösungen, die Effizienz bringen, häufig sogar genau deshalb.“


„Es macht keinen Sinn, auf die Bremse zu drücken“

Angesichts des starken Wachstums gebe es im Cloud-Geschäft jedoch einen hohen Investitionsbedarf, etwa für Rechenzentren und den Vertrieb. Der Umsatz werde – anders als beim Verkauf von Software-Lizenzen – nicht gleich verbucht, sondern über viele Quartale gestreckt. Das lohne sich langfristig aber: „Die Aufwendungen machen sich in der Cloud über die Zeit bezahlt.“ Je länger ein Kunde bei der Stange bleibe, desto mehr bleibt unterm Strich übrig. „Bei der Mechanik des Geschäftsmodells macht es keinen Sinn, derzeit auf die Bremse zu drücken“, lautet das Fazit des Finanzchefs.

Der Umbau des Unternehmens verlief nicht immer reibungslos, der Stellenabbau hatte in der Belegschaft für Unruhe gesorgt – auch weil das Management zwischenzeitlich über betriebsbedingte Kündigungen nachdachte. Der Konzern legte schließlich ein freiwilliges Abfindungsprogramm auf, das auch die Arbeitnehmer als fair ansehen. Weltweit 3000 Beschäftigte nahmen das Angebot an. Dabei soll es erstmal bleiben. „Wir haben nicht vor, ein neues Restrukturierungsprogramm aufzulegen“, sagte Mucic.

Die Stimmung in der Belegschaft hat sich in der Zwischenzeit wieder verbessert. Das lässt sich am sogenannten Engagement-Index ablesen, der innerhalb eines Jahres um zwei Prozentpunkte auf 81 Prozent stieg, den höchsten Wert seit 2010.

Trotz der erhöhten Prognose reagierten die Anleger am Freitag leicht enttäuscht. Die Aktie gab leicht nach und war der einzige Verlierer im Dax. Da das Plus binnen eines Jahres immer noch 30 Prozent beträgt, ist der Abschlag allerdings zu verschmerzen, zumal etliche Analysten das Papier weiter zum Kauf empfehlen.

Analysten überraschte die zurückhaltende Reaktion der Börse nicht. „Die Marge ist eine Größe, die bei einem Wachstumsunternehmen dazuzählt“, sagte Mirko Maier, Analyst von der LBBW, dem Handelsblatt. Gerade bei SAP habe die Ertragsstärke in der Vergangenheit immer eine große Rolle gespielt. Das Plus beim Umsatz hatten viele Anleger dagegen bereits erwartet.

Trotzdem kann der Experte das Vorgehen des Konzerns nachvollziehen. „Die Wachstumszahlen von Konkurrenten wie Salesforce und Oracle sind im Cloud-Bereich auf einem vergleichbaren Level, SAP muss Gas geben.“ Daher seien auch die milliardenschweren Übernahmen gerechtfertigt gewesen. „Spannend ist die Frage, inwieweit es gelingt, die eigenen Kernprodukte in die Cloud zu überführen.“ Dort stehe SAP noch am Anfang. Klar ist: Derzeit werden die Zukunftsmärkte verteilt – wer jetzt nicht investiert, hat dauerhaft wolkige Aussichten.

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