Contra Wir müssen die Internetgiganten nicht fürchten

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Marktmacht von Google und Amazon ist nicht zementiert

Die Europäische Kommission kann durch das Kartellrecht einen möglichen Missbrauch von Marktmacht durch Google beenden und Verstöße empfindlich sanktionieren, und die Kommission ist auch bereit einzuschreiten, wo es nötig ist. Dabei hat die Europäische Kommission allerdings immer den Endverbraucher vor Augen. Ziel kann es daher nicht sein, noch mehr kostengünstige Werbeplätze auf den Google-Seiten bereitzustellen, wie sich einige Betreiber von Shoppingportalen das wünschen, oder es Google zu untersagen, das Wetter, Aktienkurse oder Fußballergebnisse direkt anzuzeigen.

Das verdienen Google-Angestellte
Platz 15: DatenbankadministratorGoogles ganze Stärke kommt aus seiner Datenmacht. Diese Administratoren sind speziell dazu da, die Menge an Daten zu beherrschen. Gehalt: 100.327 Dollar (74.936 Euro)Quelle: businessinsider.com und glassdoor.com Quelle: dpa
Platz 14: Financial analystSelbst Google muss gelegentlich auf's Geld achten. Die Finanzanalysten kümmern sich darum, dass der Konzern jederzeit weiß, womit er wie viel verdient.Gehalt: 103.244 Dollar (77.137 Euro) Quelle: dpa
Platz 13: Business analystAls Organisatoren sind sie dafür verantwortlich, dass die Geschäfte von Google nicht ins Stocken geraten.Gehalt: 104.389 Dollar (78.001 Euro) Quelle: AP
Platz 12: User interface designerDas schlichte, benutzerfreundliche Design der Google-Software hat viele Fans. Diese Designer tragen dafür Verantwortung, dass das so bleibt.Gehalt: 105.474 Dollar (78.824 Euro) Quelle: dpa
Platz 11: Network engineerDie Netzwerk-Techniker sorgen dafür, dass es im Google-Intranet nicht hakt.Gehalt: 107.534 Dollar (80.362 Euro) Quelle: dpa
10. Platz: User experience researcherGoogle ist erfolgreich, weil es weiß, was seine Nutzer wollen. Diese Angestellte haben großen Anteil an dem Erfolg. Während sich die UI-Designer um das Aussehen der Produkte kümmern, sorgen die "experience researcher" dafür, dass sie sich für die Nutzer gut anfühlen.Gehalt: 112.536 Dollar (84.087 Euro) Quelle: dapd
Platz 9: Product marketing managerSie entwickeln die Marketingpläne für die Google-Produkte und legen Zielgruppen fest. Am Ende entscheiden sie, welches Produkt den Kunden wie präsentiert wird. Gehalt: 118.217 Dollar (88.329 Euro) Quelle: AP

Die Digitalisierung intensiviert mit oder ohne Google den Wettbewerb im Medienbereich enorm. Es wird noch wichtiger als in der Vergangenheit, besondere und möglichst exklusive Inhalte zu produzieren. Wem dies nicht gelingt, wird es schwer haben, im Wettbewerb zu bestehen.

Auch für Google gilt jedoch: Die starke Marktstellung ist keineswegs so zementiert wie es manchen scheint. Die wesentlichen Umsätze, mit denen Google seine Dienste finanziert, werden auf dem Online-Werbemarkt erzielt. Genau dort hat Google aber keineswegs ein Monopol und die starke Position wird immer wieder angegriffen – aktuell von Facebook und Amazon und in Zukunft vielleicht von heute noch kaum bekannten Anbietern. Das Internet ist ein gutes Beispiel für Schumpeterianischen Wettbewerb: Die neuen Unternehmen haben immer eine Zeitlang eine gewisse Marktmacht – bis wieder neue kommen und sie ablösen.

Amazon - Die Buchhandlung der Zukunft

Zum Stichwort Amazon - auch der Buchmarkt befindet sich in einem erheblichen Umbruch: Der stationäre Buchhandel wird zunehmend von Online-Buchhändlern wie Amazon zurückgedrängt und zugleich erfreuen sich E-Books wachsender Beliebtheit. Zahlreiche Buchverlage und Autoren versuchen sich nun auch in Deutschland gegen diesen Wandel zu stemmen, der vor allem durch Amazon symbolisiert wird. Die Schriftstellerin Julie Zeh hat die deutschen Verlage aufgefordert, sich gemeinsam zu organisieren – sprich ein Kartell zu bilden – und Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat sich explizit gegen marktwirtschaftliche Prinzipien auf dem Buchmarkt ausgesprochen. Der Wettbewerb ist zumindest im Buchhandel ja seit jeher durch die Buchpreisbindung recht stark eingeschränkt.

Die ZEIT ist der Ansicht, dass Amazon "der Welt die Regeln, nach denen Bücher gelesen, geschrieben und publiziert werden," diktiert. Das ist natürlich ziemlicher Quatsch. Amazons Anteil am Online-Buchhandel liegt zwar bei etwa 80 Prozent in Deutschland, am gesamten deutschen Buchmarkt jedoch nur bei etwa 25 Prozent. Damit ist Amazon sicher ein bedeutender Spieler, jedoch bei Weitem kein Monopolist.

Das Problem für den stationären Buchhandel besteht im Strukturwandel, den die Digitalisierung auslöst und der durch Amazon symbolisiert wird. Viele Kunden schätzen bei Amazon die bequemen Einkaufsmöglichkeiten verbunden mit den maßgeschneiderten Informationen und Empfehlungen, die Amazon seinen Nutzern liefern kann (da Amazon die Historie der persönlichen Einkäufe und die „ähnlicher“ Nutzer besser kennt als die typische stationäre Buchhandlung).

Sollten sich nun auch noch E-Books zunehmend durchsetzen, werden Verlage eigentlich weitgehend überflüssig. Ihre Intermediationsleistung ist dann kaum noch notwendig. Gerade das sogenannte Selfpublishing wird auch von Amazon groß gemacht. Manuskripte, für die sich Verlage bisher nicht haben erwärmen können, erreichen nun teilweise enorme Leserzahlen. Vom Verkaufspreis bekommen die Autoren 70 Prozent – davon können sie bei traditionellen Verlagen meist nur träumen.

Ein gesonderter Regulierungsbedarf, um den Strukturwandel im Buchhandel zu bremsen oder günstige Preise für E-Books zu verhindern, ist hier nicht erkennbar – es sei denn, man möchte gern Leute vom Lesen abhalten.

Professor Justus Haucap ist der Direktor des Düsseldorf Institute for Competition Economics (DICE), Vorsitzender des Forschungsbeirats des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen und Forschungsprofessor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. Zwischen 2006 und 2014 war er Mitglied der Monopolkommission.

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