Daimler, Allianz, Deutsche Bank Der lange Weg zum Generalschlüssel fürs Web

Allianz, Daimler und andere deutsche Konzerne wollen einen Generalschlüssel für Online-Angebote schaffen. Doch dafür gibt es praktische und kartellrechtliche Hürden. Zudem sollten sich die Unternehmen beeilen.

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Deutsche Konzerne wollen eine gemeinsame Plattform für ihre Internetdienste schaffen.

Düsseldorf Die Idee klingt einfach: Internetnutzer sollen es leichter haben, sich bei den verschiedenen Diensten anzumelden. Statt jedes Mal ein neues Benutzerprofil anzulegen, soll es eine Art Generalschlüssel für alle Websites geben. Dazu haben mehrere deutsche Konzerne, darunter die Allianz, Daimler und die Deutsche Bank, eine Kooperation geschlossen und diese am Montag präsentiert.

Wie dieses Ziel erreicht werden soll, ist jedoch noch unklar. Bisher ist das Projekt eine Absichtserklärung, die laut Unternehmen auch der Zustimmung der zuständigen Wettbewerbsbehörden bedarf. Welche genau das sind, steht offenbar noch nicht fest. Eine offizielle Anfrage beim Bundeskartellamt gibt es noch nicht. Aber vielleicht ist die Behörde auch gar nicht zuständig. Falls der Generalschlüssel nicht nur in Deutschland, sondern auch im Rest Europas angeboten werden soll, müssten sich die EU-Wettbewerbsbehörden wohl damit befassen.

Ganz ohne behördliche Genehmigung wird es eher nicht gehen: „Wahrscheinlich wird eine Kartellbehörde der Kooperation zustimmen“, erklärt Dario Struwe, Kartellrechtler bei der Kanzlei FPS. „Einige der Teilnehmer sind riesige Konzerne, die Millionen Kunden haben. Die Behörden müssen in dem Fall dafür sorgen, dass der Markt offen bleibt.“

Allerdings haben die Konzerne mit ihrer Plattform so starke Konkurrenten, dass ihnen reichlich Spielraum bleibt. „Bei der Frage, ob eine Kooperation möglich ist, wird auch die Marktmacht der amerikanischen Anbieter wie Google oder Facebook betrachtet“, sagt Struwe. Da sei es wahrscheinlich, dass die Behörden einen großen Gegenspieler zu den Marktführern aus dem Silicon Valley zulassen.

2008 stellte Facebook seinen Generalschlüssel „Connect“ vor. Dieser hat seitdem offene Standards, auf die alle Unternehmen zugreifen können, zunehmend verdrängt. Auch zahlreiche andere Firmen bieten sich als Verwalter digitaler Identitäten an – unter anderem Google, Twitter, Microsoft, Linkedin und chinesische Konzerne. „Wir haben es im Moment mit einem Markt zu tun, der zur Ausbildung von monopolartigen Strukturen neigt“, erklärte Mirko Schiefelbein vom Thinktank Core, der die Plattform mitkonzipiert hat, dem Handelsblatt. Ziel sei es, „überhaupt einen Wettbewerb in Gang zu setzen.“

Anwalt Struwe schätzt deswegen die Chancen, dass die Kooperation durchgeht, sehr hoch ein. „Beim Online-Bezahlsystem Paypal konnte man sehen, wie schnell ein solches Angebot markbeherrschend ist“, sagt er. Deswegen hätten die Kartellbehörden auch den Zusammenschluss deutscher Banken für den konkurrierenden Dienst Paydirekt zugelassen.

Für das Bundeskartellamt ist es bei solchen Initiativen, die einen gemeinsamen Standard entwickeln wollen, generell wichtig, dass sie diskriminierungsfrei sind und keine Unternehmen außen vor bleiben, erklärt ein Sprecher. Allerdings könne sogar das gerechtfertigt sein, wenn es im Sinne des Verbrauchers sei. Größe an sich sei nicht verboten, solange andere nicht ausgeschlossen würden oder eigene Dienste bevorzugt werden.

Allerdings muss sich die Kooperation beeilen. Sie will beim Kunden auch mit den besonders starken europäischen Regeln zum Schutz ihrer Daten punkten. „Wir wollen, dass Nutzer die Kontrolle über ihre Daten behalten oder sie ihnen zurückgeben“, sagte Schiefelbein. Die amerikanischen Konkurrenten müssen es ihnen bald gleichtun. Ab Ende Mai 2018 gilt die EU-Datenschutzgrundverordnung, nach der sich Google, Facebook und Co. an hiesiges Recht halten müssen, auch wenn sie ihren Stammsitz in den USA haben.

Im Wettbewerb mit einer europäischen Konkurrenz könnte ihnen das sogar helfen, selbst wenn diese stark ist. „Wenn die amerikanischen Unternehmen ihren Datenschutzmalus los sind, gibt es kaum noch einen Grund für die europäischen Nutzer, von ihnen wegzugehen“, sagt Dario Struwe.

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