Deutsche Telekom Der wundersame Wiederaufstieg der Telekom

Seite 2/5

Aufbruch ja, Start-up nein

Was Höttges’ Führungsstil ausmacht, lässt sich vor allem bei der Zusammensetzung des Vorstandsteams ablesen: Bis auf den Wechsel im Personalressort arbeitet Höttges noch mit der gleichen Mannschaft zusammen wie sein Vorgänger Obermann. Selbst der neue Personalchef Christian Illek gehörte vor seinem Intermezzo als Deutschlandchef von Microsoft, zum engsten Vertrautenkreis von Höttges, als der noch Deutschlandchef der Telekom war. „Wir sind auf dem Weg zu einem ganz normalen Unternehmen“, sagt ein Manager aus der zweiten Führungsebene, der schon viele Höhen und Tiefen bei der Telekom erlebt hat. Und meint das wohlwollend. In der von Höttges verordneten Ruhe an der Personalfront lässt sich offenbar besser arbeiten.

Positiver Nebeneffekt dieser neuen Kontinuität: Die Telekom kommt nun ohne Datenskandale, Führungskrisen, Strategiewechsel und Gewinnwarnungen aus. Dazu gehört auch, dass Höttges eine Stellschraube aus der Zeit seines Vorgängers Obermann neu justiert hat: Er hat sich von der Idee verabschiedet, den Telekom-Mitarbeitern einen Pioniergeist einzuhauchen wie bei den Webriesen im kalifornischen Silicon Valley.

So innovativ ist die ehemalige Bundesbehörde nun mal nicht, hat Höttges erkannt: „Das gehört nicht zur DNA der Deutschen Telekom.“ Stattdessen arbeitet die Telekom jetzt stärker mit den „besten Technologieanbietern“ der Welt zusammen, um mit ihnen gemeinsam Lösungen, Produkte und Plattformen zu kreiern. Mehrere Dutzend Partnerschaften gibt es bereits – darunter etwa mit den Netzwerkausrüstern Cisco und Huawei und dem Streamingdienst Spotify. Bis 2018 soll daraus ein Riesenzoo mit über 500 verschiedenen Technologie- und Branchenpartnern entstehen. So, das hofft Höttges, bleiben die Bonner auf Augenhöhe mit den großen der Techwelt.

Aktienverlauf: Telekom AG

Mit freundlicher Unterstützung der Politik

Zur Wahrheit aber gehört auch: Neben Entschlusskraft und Glück profitiert Höttges von der politischen Großwetterlage, die eng mit dem Spannungsverhältnis aus Frosch- und Vogelperspektive zusammenhängt. Ohne Wohlwollen der Politik wäre das Comeback des Staatskonzerns kaum denkbar.

Lange Zeit, vor allem um die Jahrtausendwende, gab es zwischen allen Parteien im Bundestag einen Konsens: Möglichst intensiver Wettbewerb sei der beste Motor für Wachstum in der Telekombranche. Das war die Zeit, als in Deutschland Wettbewerber wie Arcor, später Vodafone, oder 1&1 für die Telekom entstanden und für deutsche Telefon- und Internetkunden die Preise sanken. Inzwischen schlägt das Pendel in die entgegengesetzte Richtung. Auch wenn die Bundesregierung das nicht offiziell zugibt: Weit oben auf der digitalen Agenda steht, aus der Telekom einen starken nationalen Champion zu machen.

Die Internet-Anschlüsse der deutschen Haushalte

Das Ziel von Höttges ist praktischerweise also identisch mit dem Ziel der Bundesregierung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) kämpfen seit den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Agenten Edward Snowden für eine stärkere „digitale Souveränität“ Deutschlands und wollen die Abhängigkeit von den Datenkraken in den USA schrittweise reduzieren. Die neben SAP letzte Digitalbastion in Deutschland, die Telekom, darf deshalb nicht in ausländische Hände fallen. Im Gegenteil: Sie muss wertvoller werden, damit sie bei einer möglichen Übernahmewelle nicht von amerikanischen Telekomgiganten wie AT&T oder América Móvil geschluckt wird.

Das Zehn-Punkte-Programm der Telekom zur Cyber-Sicherheit

Frühere Bundesregierungen beherzigten die Leitidee des ehemaligen Bundespostministers Christian Schwarz-Schilling: „Ein Elefant muss gepiekst werden, damit er sich bewegt.“ Die große Koalition orientiert sich an einer anderen Maxime: „Elefanten brauchen eine Schutzzone, damit sie nicht aussterben.“

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%